“Unsere größte Konkurrenz ist der Papier-Flyer” – Fabian Siegel von Lieferheld.de im Interview

Seit Jahresbeginn tobt der Wettkampf der Lieferdienste. Die Kontrahenten überschlagen sich beim Verkünden von Millionenfinanzierungen und spannenden Neuigkeiten. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Fabian Siegel, Mitgründer und Geschäftsführer von Lieferheld.de (www.lieferheld.de) über Heldengeheimnisse, […]

Seit Jahresbeginn tobt der Wettkampf der Lieferdienste. Die Kontrahenten überschlagen sich beim Verkünden von Millionenfinanzierungen und spannenden Neuigkeiten. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Fabian Siegel, Mitgründer und Geschäftsführer von Lieferheld.de (www.lieferheld.de) über Heldengeheimnisse, einstweiligen Verfügungen und die gerade gestartete TV-Kampagne, die testweise auf einigen Spartenkanälen läuft.

Wann haben Sie zuletzt eine Pizza über das Internet bestellt?
Zuletzt habe ich Sushi bestellt. Ist etwas gesünder, was ja wichtig ist wenn man berufsbedingt dauernd Essen bestellt.

Wie wollen Sie es schaffen, dass die Menschen in Deutschland ihr Sushi und andere Leckereien künftig über Lieferheld.de bestellen?
Als ich mich zum ersten Mal mit dem Thema Online Essen Bestellen auseinander gesetzt habe, sind mir zwei Dinge aufgefallen: Zum einen bestellt die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland Essen, zum anderen wissen die meisten davon noch gar nicht, dass man das auch Online machen kann. Unsere Aufgabe ist es daher in Deutschland das Thema ‚Online Essen Bestellen’ bekannt zu machen. Dies wollen wir mittels einer alle Medien umspannenden Kampagne erreichen und mit einem Helden-Charakter der einprägsam ist und Spaß macht.

Zu dieser umspannenden Kampagne gehört Werbung in Printmagazinen. Warum ausgerechnet Printanzeigen?
Die Wirksamkeit von Printanzeigen wird von Online-Diensten häufig unterschätzt. Wir sind mit dem Kanal momentan sehr zufrieden. Wir erschließen uns dadurch neue Zielgruppen, die man Online sonst sehr schlecht erreichen kann.

Wie lässt sich der Erfolg von Printwerbung messen?
Das ist nicht ganz trivial, aber einige Dinge haben sich in der Vergangenheit bewährt. Bei Lieferheld arbeiten wir zum Beispiel mit Gutscheinen oder wir schauen uns an in welche Regionen wir schalten und vergleichen dann Kundendaten aus diesen Regionen mit historischen Daten. Mit etwas Fingerspitzengefühl kann man da schon einiges sehen.

Und wann kommt TV-Werbung?
Wir testen bereits auf einigen Spartenkanälen TV-Werbung und werden die Kampagne bald auch auf reichweitenstärkere Sender ausweiten.

Im Zuge der letzten Finanzierungsrunde war davon die Rede, dass insgesamt 20 Millionen Euro in Werbung für Lieferheld.de fließen sollen. Wohin und in welchem Zeitraum soll dieses Geld in Werbung fließen?
Wir werden in den nächsten 24 Monaten oben genanntes Budget in den deutschen Markt investieren. Dabei kann jetzt noch nicht abschließend gesagt werden, welcher Channel-Mix für Lieferheld optimal sein wird. Wir werden testen und die Kanäle, die gut funktionieren, skalieren.

Der Konkurrenzkampf im Segment Essensvermittler ist derzeit groß: Was unterscheidet Lieferheld.de von anderen Anbietern wie Pizza.de, Lieferando oder Foodle?
Unsere größte Konkurrenz ist der Papier-Flyer und das Telefon, mit dem die meisten Deutschen immer noch Essen bestellen. Wir möchten hier zeigen, dass Essen bestellen online wesentlich schneller, einfacher und zuverlässiger ist. Wir werden das Thema ‚Online Essen Bestellen’ sympathisch und vor allem emotionalisiert aufbereiten. Hier glauben wir uns zu unterscheiden – am Schluss entscheidet jedoch der Endkunde wem er vertraut.

Aber was macht Lieferheld.de anders als die vielen Mitbewerber?
Aus Endkundensicht funktioniert unsere Plattform – abgesehen von der visuellen Gestaltung wo wir uns meiner Meinung nach stark abheben – ähnlich wie andere Plattformen. Wir machen hinter den Kulissen jedoch vieles anders als unsere Wettbewerber, was uns zum Beispiel zum schnellst wachsende Unternehmen in unserem Bereich macht. So haben wir beispielsweise in den letzten sechs Monaten mehr als 2.000 Restaurants unter Vertrag genommen und sind nun in mehr als 100 großen Städten aktiv. In wiefern sich unsere Prozesse unterscheiden bleibt dabei jedoch unser kleines Heldengeheimnis.

Noch einmal zur Wettbewerbssituation: Gerade Marktführer Pizza.de verteilt oft Unterlassungserklärungen. Meist geht es dabei um übernommene Inhalte wie Speisekarten und Logos. Auch Lieferheld geriet schon in den Fokus von Pizza.de. Ist diese Angelegenheit inzwischen geklärt?
Pizza.de war in der Tat der Meinung, wir hätten in der Vergangenheit Inhalte von Ihnen übernommen. In dem Zusammenhang gab es auch im Januar dieses Jahres einen Antrag auf Erlassen einer Einstweiligen Verfügung. Dieser Antrag wurde jedoch bereits im Januar von Pizza.de zurückgezogen nachdem wir damals erklärt hatten, dass alle zu dem Zeitpunkt auf Lieferheld abrufbare Inhalte von uns selbst erfasst worden waren. Ich hätte mich gefreut, wenn Jochen Grote von Pizza.de im Vorfeld direkt auf mich zugekommen wäre um die Angelegenheit zu klären, anstelle direkt die Anwälte loszuschicken. Man sollte – auch wenn man im Wettbewerb steht – ein faires und gutes Verhältnis zueinander pflegen. Interessanterweise ist Pizza.de der einzige Wettbewerber, mit dem wir uns bisher noch nicht austauschen konnten.

Wie schwer ist es denn, die Imbissbudenbesitzer im Lande zur Teilnahme bei Lieferheld.de zu bewegen, immerhin klopfen ständig neue Wettberber an deren Tür?
Die Lieferdienste in Deutschland kennen das Thema Online Essen Bestellen und suchen sich ihre Partner, mit denen sie zusammenarbeiten wollen, gut aus. Da hilft es eines der größten und schnellst wachsenden Unternehmen am Platz zu sein. Darüber hinaus finden die Lieferservice es Klasse, dass neben der reibungslosen Abwicklung der einzelnen Bestellungen wir sie auch an anderer Stelle – zum Beispiel im Einkauf – unterstützen.

Wie sieht diese Unterstützung aus?
Es ist noch zu früh hier ins Detail zu gehen und man kann hier noch sehr viel machen. Generell kündige ich ungerne Dinge an, bevor wir es geschafft haben sie zur Marktreife zu entwickeln.

Und welche Rolle spielt bei der abgesprochenen Unterstützung die kürzlich vorgestellte Lieferheld-Box, mit der Restaurants und Lieferdienste ihren Bestellungen entgegennehmen und verwalten können?
Wir erwarten uns sehr viel von dieser Innovation. Restaurants können nun auch bei Online-Bestellungen dem Kunden bestätigen wann er mit der Lieferung des Essens rechnen kann. Darüber hinaus ist die Lieferheld-Expressbox zuverlässiger und günstiger pro Order, das heißt die Restaurants sparen auch noch Geld. Das wir die Ersten sind die eine solche Innovation in den Markt bringen zeigt glaube ich auch, dass wir nicht ein sogenanntes Copycat sind, sondern ein eigenes Modell mit einer eigenen Strategie in den Markt bringen werden.

Ihr Ziel ist es, die „deutsche Marktführerschaft“ zu erreichen. Wo stehen Sie bei diesem Vorhaben momentan?
Wir sind momentan voll im Plan.

Das heißt?
Dass unsere aktuellen Zahlen genau den Zahlen entsprechen, die wir letzten Herbst geplant hatten.

Wann schreibt Lieferheld.de schwarze Zahlen?
Das ist eine Frage der Strategie. Momentan investieren wir intensiv in den Markt. Solange wir dies weiterverfolgen wird es noch etwas dauern bis wir schwarze Zahlen schreiben. Deshalb war es wichtig für uns Investoren an Bord zu haben, die unsere Strategie unterstützen können – auch mit weiteren Finanzierungsrunden.

Und wie viele Menschen sorgen momentan für den reibungslosen Ablauf bei Lieferheld.de?
Lieferheld beschäftigt momentan 80 Mitarbeiter.

Bisher gehören Tengelmann, Holtzbrinck Ventures und Team Europe Ventures zu den Investoren von Lieferheld. Nach welchen Kriterien haben Sie ihre Geldgeber ausgesucht?
Wir haben Geldgeber gesucht, die in Bezug auf potentielle Marktgröße, Entwicklungsgeschwindigkeit und Kapitalbedarf die gleiche Einschätzung haben wie wir. Jeder der Investoren die wir an Bord genommen haben ist in der Lage bei den nächsten Kapitalrunden mitzugehen, um das Geschäft so dynamisch wie bisher auszubauen. Am Schluss war jedoch die Geschwindigkeit von Meeting zu Termsheet entscheidend, da die Runden bisher stets kompetitiv waren.

Wo steht Lieferheld.de in einem Jahr?
In einem Jahr möchte Lieferheld in den Köpfen der Deutschen angekommen sein. Wir möchten gerne, dass man dann Essen Bestellen direkt mit unserem Helden verbindet und dass für viele Menschen die Vorteile von www.lieferheld.de – große Auswahl, kein lästiges Telefonieren, Online-Zahlung und zuverlässige Bestellung – gar nicht mehr wegzudenken sind.

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Zur Person
Fabian Siegel, studierte VWL in Bonn. Nach dem abgeschlossenen Studium war Siegel als Mitgründer von ClickandBuy für Produkt, Technik und das internationale Lizenzgeschaeft des Bezahlanbieters zuständig. 2002 ging er für ClickandBuy nach New York. Dort gründete er im Dezember 2007 Strateer, ein Start-up im Consumer Finance-Bereich. Ab 2009 war er als COO bei kikin.com für das operative Geschäft und strategische Partnerschaften zuständig, bevor er im Herbst 2010 nach Berlin umsiedelte und bei Lieferheld an Bord ging.

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.