Risikomanagement für E-Commerce-Unternehmen – Gastbeitrag von Henning Kruthaup
Betrüger und nicht zahlungsfähige Personen sind jeden Tag im Internet unterwegs. Wenn Sie einen eigenen Online-Shop betreiben, so werden Sie auch mit diesen Personen schon einmal in Kontakt getreten sein – oder sie werden es noch. Wenn Sie hochwertige Waren verkaufen, welche sich beispielsweise leicht bei eBay oder anderen Plattformen wieder verkaufen lassen, haben Sie höchstwahrscheinlich mehr mit solchen Kunden zu tun, als Unternehmen wie Spreadshirt, die individualisierte Ware herstellen.
Betrüger und nicht zahlungsfähige Personen verursachen einen enormen Schaden für Ihr Unternehmen. Um Ihr eigenes Unternehmen zu schützen, gerade wenn Sie unsichere Zahlarten wie Kauf auf Rechnung, Lastschrift oder Kreditkarte anbieten, müssen Sie sich über Risikomanagement Gedanken machen. Wer wenige Aspekte berücksichtigt, man sein Risiko gezielt minimieren.
Das Ziel von Risikomanagement im Online-Handel
• Minimierung von Zahlungsausfällen
• Minimierung von internem Aufwand wegen Zahlungsausfällen/Betrügern
Effektives Risikomanagement vor dem Kauf
Bevor Sie einem Kunden eine Zahlungsart anbieten wie zum Beispiel den Kauf auf Rechnung, Kreditkarte oder Lastschrift, sollte man 3 wichtige Kernaspekte des Risikomanagements beachten:
• Identität
Sie müssen sicherstellen, dass die Person, die versucht in Ihrem Online-Shop zu bestellen, auch die ist für die sie sich ausgibt.
o Ist die Person eine reale Person und nicht Donald Duck in Entenhausen?
o Existiert die Postleitzahl?
o Passt die Postleitzahl zu dem angegebenen Ort?
o Existiert die Straße und die Hausnummer in dem angegebenen Ort?
o Ist die Person unter der Adresse bekannt?
• Bonität
Sie müssen sicherstellen, bevor Sie einem Kunden eine sichere Zahlungsmethode anbieten, dass die Person auch zahlungsfähig ist.
o Ist die Person bereits Bestandskunde bei Ihnen und hatte die Person schon vorher Zahlungsschwierigkeiten?
o Hat die Person bereits eine eidesstattliche Erklärung abgegeben?
o Hat die Person bereits Zahlungsschwierigkeiten in anderen Unternehmen und ist bei Inkasso-Dienstleistern bekannt?
• Betrug
Betrug werden Sie nie richtig verhindern können. Wenn z.B. jemand auf Ihren Namen bestellt und den Postboten vor Ihrer Haustür abfängt, so wird es schwierig die Person zu bekommen. Trotzdem sollten Sie einige Maßnahmen ergreifen und Ihr Unternehmen gegen Betrüger absichern.
o Weißt die Bestellung Betrugsmerkmale auf?
Diese können von Online-Shop zu Online-Shop variieren. Beispielsweise kommt es manchmal vor, dass erst eine Person 2 Sachen für 10 Euro bestellt und dann 10 gleiche Notebooks. In diesem Fall sollte man dem Kunden wohl nur Vorkasse anbieten.
o Kommt die IP-Adresse des Bestellers aus China oder dem Iran? Dies ist eher unwahrscheinlich, sofern Rechnungs- und Lieferadresse Berlin ist. Seien Sie skeptisch.
Bei Thema Identität, Bonität und Betrug gibt es verschiedene Dienstleister (Auskunfteien) mit denen man als Online-Shop zusammenarbeiten kann.
Ein kleiner Auszug
• Schufa
• Deltavista
• Arvato Infoscore
• Bürgel
• Creditreform Consumer
Alle Anbieter helfen Ihnen gerne beim Thema Risikomanagement. In vielen Fällen lohnt es sich auch einzelne Anbieter zu kombinieren, da die einzelnen Anbieter jeweils eine unterschiedliche Datenbasis haben.
Viele der genannten Auskunfteien bieten Kunden einen Test an, um Bestandskunden-Daten einmal gegen deren Pool laufen zu lassen. So kann man sehen was einem eine Zusammenarbeit bringen würde.
Achten Sie nicht pauschal auf den Preis pro Anfrage. Vergleichen Sie die einzelnen Anbieter, da es je nach Online-Shop große Unterschiede gibt. Manche Auskunfteien sind besser bei einer jüngeren weiblichen Zielgruppe, andere besser bei Männern.
Effektives Risikomanagement nach dem Kauf
• Verschicken Sie regelmäßige Zahlungserinnerungen
Ein muss für jeden Online-Shop! Manche Ihrer Kunden vergessen einfach zu bezahlen. Eine freundliche Erinnerung kann manchmal schon helfen die Ausfallrate zu minimieren.
• Verschicken Sie Mahnungen
Wenn Zahlungsziele erreicht sind, verschicken Sie Mahnungen an den Kunden. Beachten Sie dabei, dass die Mahnung ordentlich ausgestellt wird.
Kleiner Tipp: Lassen Sie sich hier bei Ihren internen Newsletter-Experten beraten. Diese können Ihnen helfen Zustellungsrate, Öffnungsrate, etc. zu optimieren!
Wenn nichts hilft, übergeben Sie den Fall an ein Inkasso-Unternehmen
Irgendwann helfen keine Anschreiben und keine Mahnungen mehr. In diesem Fall sollten Sie Ihre Kunden an ein Inkasso-Unternehmen übergeben.
Auch hier gibt es viele verschiedene Anbieter wie zum Beispiel die Mediafinanz, Real Inkasso, EOS Inkasso und viele andere Anbieter.
Vergleichen Sie diese, da es meist von der Zielgruppe abhängig ist welcher Anbieter Ihnen hilft am meisten Geld einzutreiben. Im Zweifel empfiehlt Sie ebenfalls ein A/B Test mit zwei verschiedenen Inkasso-Dienstleistern, vor allem wenn Sie ein hohes Volumen haben.
Einige Sachen, die Sie bei der Auswahl von Inkasso-Dienstleistern beachten sollten:
• Welche Kosten entstehen bei dem Inkasso-Dienstleister?
Zahlen Sie erst beim Erfolgsfall oder bei jedem Fall den Sie an das Inkasso-Unternehmen übergeben?
• Welche Inkassogebühren werden dem Kunden aufgeschlagen?
Bei einem Inkassofall über 10 Euro möchte man vielleicht nicht, dass der Inkasso-Dienstleister eine Inkassogebühr über 45 Euro beim Kunden veranschlagt.
• Wer steht in der Verrechnungsreihenfolge an erster Stelle?
Wer bekommt zuerst das Geld bei einer Teilzahlung an den Inkasso-Dienstleister? Der Inkasso-Dienstleister oder Sie?
• Welche Erfolgsquoten hat der Inkasso-Dienstleister in Ihrem Sektor und welche Erfahrungen?
• Wann lohnt sich ein gerichtliches Mahnverfahren?
Bei einem Inkassofall über 10 Euro lohnt es sich höchstwahrscheinlich nicht den Fall bis ins gerichtliche Inkasso zu treiben, da dort wiederum erst einmal Auslagen gemacht werden müssen, welche man höchstwahrscheinlich nicht wieder sieht.
• Wie sieht die Übergabe der Daten an das Inkasso-Unternehmen aus? Excel-Sheets, API, …?
Viele Menschen beschäftigen sich jahrelang mit dem Thema Risikomanagement für E-Commerce-Unternehmen. Sollten Sie einen Online-Shop betreiben und das noch nicht gemacht haben, dann lohnt es sich in jedem Fall ein wenig Zeit zu investieren. Denn früher oder später müssen Sie sich darüber Gedanken machen.
Zur Person
Henning Kruthaup gründete sein erstes Unternehmen mit 14 und studierte BWL und VWL an der Missouri State University in Springfield, USA. Nach seinem Studium arbeite er unter anderem als Produkt Manager für Spreadshirt und den Internet-Inkubator Rocket Internet. 2009 gründete Kruthaup den Gutscheindienst MeinGutscheincode.de (www.meingutscheincode.de), welchen er seit März dieses Jahres hauptberuflich betreibt.