Auf den Spuren von Zappos: Mirapodo, Shoepassion, Zalando und Co. bringen Schuhe ins Netz

Schuhe galten jahrelang nicht als das perfekte Produkt für den Online-Handel. Seitdem E-Commerce-Schwergewicht Amazon allerdings den bereits 1999 gestarteten Schuh-Shop Zappos (www.zappos.com) für über eine Milliarde US-Dollar geschluckt hat, interessieren sich plötzlich alle […]
Auf den Spuren von Zappos: Mirapodo, Shoepassion, Zalando und Co. bringen Schuhe ins Netz
Dienstag, 30. März 2010VonAlexander Hüsing

Schuhe galten jahrelang nicht als das perfekte Produkt für den Online-Handel. Seitdem E-Commerce-Schwergewicht Amazon allerdings den bereits 1999 gestarteten Schuh-Shop Zappos (www.zappos.com) für über eine Milliarde US-Dollar geschluckt hat, interessieren sich plötzlich alle für die Themen Internet und Schuhe. Zu den weiteren internationalen Schwergewichten in Sachen Schuhe gehören die französischen Start-ups Spartoo (www.spartoo.com) und Sarenza (www.sarenza.com), die im vergangenen Jahr 30 Millionen Euro bzw. 20 Millionen Euro Umsatz erwirtschafteten.

In Deutschland geht der Kampf um die Online-Schuhkäufer gerade erst richtig los: Um den lukrativen Kuchen balgen sich bereits etablierte Offline-Marken wie Görtz (www.goertz.de) mit über 220 Filialen in Deutschland, Österreich und Polen, Leiser (www.leiser.de) mit 70 Filialen in Deutschland und Deichmann (www.deichmann.de) mit über 1.000 Schuhgeschäften. Besonders Schwergewicht Deichmann scheint am Online-Handel allerdings kein sehr großes Interesse zu haben, der Online-Ableger wirkt äußerst spröde und die Shopping-Welt steht auch nur teilweise im Fokus. Europas größter Schuheinzelhändler investiert stattdessen weiter massiv in den Ausbau des Filialnetzes. Görtz und Leiser bieten dagegen auch im Netz ordentliche Shoppingwelten. Im September des vergangenen Jahres wurde der Online-Shop von Görtz vom Fachmagazin “Der Versandhausberater” sogar zum Online-Shop des Jahres gekürt. Der bekannte Baur Versand spaziert bereits mit dem Schuh-Shop I\’m walking (www.imwalking.de) durchs Netz.

Tengelmann unterstützt Zalando

Mit Feuereifer bearbeitet zudem Zalando (www.zalando.de) den Online-Schuhmarkt. Das Start-up, welches massiv im Fernsehen und Internet wirbt, wurde von Robert Gentz und David Schneider ins Leben gerufen. Finanziell angeschoben wurde Zalando von Rocket Internet, dem Inkubator der Samwerbrüder Alexander, Marc und Oliver und Holtzbrinck Ventures (beide auch an deutsche-startups.de beteiligt). Anfang dieses Jahres stieg zudem der Handelskonzern Tengelmann bei Zalando ein. Einen stattlichen zweistelligen Millionenbetrag soll sich Tengelmann den Einstieg nach Informationen von deutsche-startups.de kosten haben lassen. Kurz nach dem Einstieg vermutete die WirtschaftsWoche, dass der Handelskonzern Tengelmann (Kaiser’s, Kik, Obi) künftig verstärkt ins Internetgeschäft investieren will: “In der Branche wird nun spekuliert, dass Zalando nur der Anfang war. Dafür spricht, dass im Januar eigens eine brachliegende Beteiligungsgesellschaft namens Maja zu Tengelmann E-Commerce umfirmiert wurde und sich fortan um Beteiligungen \’insbesondere aus der Internet-Branche\’ kümmern soll”. Das Blatt lag damit goldrichtig! Inzwischen ist Tengelmann beim geschlossenen Shopping-Club brands4friends (www.brands4friends.de) eingestiegen und legte für einen knapp zehnprozentigen Anteil imposante 10 Millionen Euro auf den Tisch.

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Dank der enormen werblichen Investitionen in die Marke Zalando dominiert der 2008 gestartete Schuh-Shop momentan das Feld – ein Blick auf Google Trends zeigt dies deutlich. Das Google-Research-Tool Ad Planner zählte bei Zalando im Februar imposante 1 Million Unique User. Zum Vergleich: Bei Görtz sind es gerade einmal 320.000 Unique User. Der Marktforscher Nielsen wiederum zählte im Februar stattliche 1,5 Millionen Unique User bei zalando. Nach so kurzer Zeit im Markt, beachtliche Zahlen. Bei dem enormen Werbedruck aber sicherlich kein Wunder. Den Titel “schnellstwachsender Online-Shop Europas” darf Zalando ohne Zweifel führen. Andere Erfolgszahlen fehlen zu Zalando, denn über die Zahl der Bestellungen sagt die Zahl der Besucher leider nichts aus.

Einige Branchenteilnehmer bezweifeln zudem den dauerhaften Erfolg des E-Commerce-Anbieters. Besonders im Hinblick auf den zu erwartenden hohen Konkurrenzkampf mit etablierten Händlern, die teilweise jahrelange Geschäftsbeziehungen zu den Schuhproduzenten unterhalten. In einem Jahr dürfte sich zeigen, ob die hohen Marketingausgaben dauerhaft zu zahlenden Kunden geführt haben. Für Johannes Altmann von Shoplupe.de hat Zalando bisher sehr viel gut gemacht: “Hier wurde einfach konsequent umgesetzt, was ein Shopbetreiber eh schon wissen müsste. Natürlich ist ein Neustart zumindest technisch einfacher, als das vorhandene System umzubiegen – aber am Ende zählt nun einmal nur der Erfolg”. Und während sich andere nur um Schuhe kümmern, expandiert Zalando längst in andere Bereiche und bietet auch Bekleidung und günstige Outlet-Waren an. Brandneu ist die ZalandoLounge (www.zalando-lounge.de), ein geschlossener Shoppingclub im Stil von brands4friends. Angekündigt werden “exklusive Marken aus Fashion und Lifestyle – bis zu 80 % reduziert”. Spannend ist die Erweiterung des Sortiments auch, weil sich die beteiligten Investoren damit selbst Konkurrenz machen. Zum Samwer-Stall gehören schließlich auch Angebote wie 7Trends (www.7trends.de) und mybrands (www.mybrands.de).

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Mit mirapodo (www.mirapodo.de) droht Zalando und den diversen anderen Schuh-Shops nun gehörige Konkurrenz. Der Handelsriese Otto will den Markt mit seinem neuesten Baby aufrollen. Das Berliner Team um Geschäftsführerin Stephanie Caspar besteht aus rund 30 Mitarbeitern. Mit über 150 Marken und einem Sortiment von mehr als 5.000 unterschiedlichen Schuhen zählt sich der Nachzügler schon zum Start zu den größten Online-Schuhshops Deutschlands. Anfang Febraur dürften etliche Beta-Tester mirapodo auf Herz und Nieren prüfen. Dank eines Gutscheins in Höhe von 25 Euro hagelte es bei mirapodo schon vor dem offiziellen Startschuss tausende Bestellungen, von über 7.500 in einer Woche ist die Rede. In der vergangenen Woche folgte die offizielle mirapodo-Launchparty. Die Kosten für die glamouröse Feier mit reichlich Stars und Sternchen dürften bei anderen Start-ups reichen, um den Laden ein Jahr zu finanzieren. Otto hat dem mirapodo-Team reichlich Geld in die Hand gedrückt – von einem hohen zweistelligen Millionenbetrag ist in der Branche die Rede.

Shoepassion setzt auf eine eigene Schuhmarke

Ein Branchenkenner glaubt, dass Otto gute Chancen hat, sich im Markt durchzusetzen und verweist unter anderem auf die “langjährigen Partnerschaften mit Lieferanten”. Auch wenn andere Branchenteilnehmer versucht hätten, sich mit langfristigen und exklusiven Deals gegenüber Otto zu behaupten. Am Ende des Tages müsste man die georderten Schuhe halt auch verkaufen. Potenzial im Schuhsegment Gas zu geben sieht der E-Commerce-Experte ohnehin. Zwar zählen Bücher, Eintrittkarten und CDs weiter zu den beliebtesten Produkten im Netz. Nach einer Erhebung der Arbeitsgemeinschaft Online Forschung (AGOF) haben aber immerhin 18,6 % der deutschen Onliner im dritten Quartal des vergangenen Jahres Schuhe über das Internet gekauft. Bei den 14- bis 19-Jährigen sind es sogar schon 26,3 %. Die meisten davon sind Frauen. Männlichen Schuhkäufer hingegen wollen Henry Bökemeier und Tim Keding mit Shoepassion (www.shoepassion.com) bedienen. “Wir konzentrieren uns einzig und alleine auf die vernachlässigte Nische der hochwertigeren Herrenschuhe”, sagt Gründer Keding. Zudem setzen die Berliner auf eine eigene Schuhmarke, in diesem Fall rahmengenähte und von Hand gefertigten Volllederschuhe. “Die letzten Wochen der Softlaunch-Phase bestätigen uns, dass der Markt auf jeden Fall da ist”, berichtet Keding. Der Vertrieb einer Eigenmarke bietet einen entscheidenen Vorteil: Das Angebot ist unverwechselbar und die Marge ist deutlich besser als bei anderen Schuhen. Vielleicht wäre dies auch ein Konzept für die anderen Schuh-Shops. Ein Millionengeschäft ist dies aber sicherlich nicht.

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Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.