Online-Werbemarkt: Viele Zahlen, eine Botschaft

Ob Konjunkturhoch oder Wirtschaftskrise – die Umsätze mit Werbung im Internet steigen. Experten gehen davon aus, dass Online im Vergleich zu anderen Werbegattungen sogar gestärkt aus der jetzigen Krise hervorgehen wird. Die Zahlen […]
Online-Werbemarkt: Viele Zahlen, eine Botschaft
Montag, 14. Dezember 2009VonKarsten Zunke

Ob Konjunkturhoch oder Wirtschaftskrise – die Umsätze mit Werbung im Internet steigen. Experten gehen davon aus, dass Online im Vergleich zu anderen Werbegattungen sogar gestärkt aus der jetzigen Krise hervorgehen wird. Die Zahlen sprechen für sich: Nach Schätzung des Online-Vermarkterkreises (OVK) wird in diesem Jahr das Bruttowerbevolumen erstmals die Grenze von vier Milliarden Euro überschreiten – trotz Krise. Im ersten Halbjahr 2009 waren es vor allem der Dienstleistungssektor, die Sparte Handel und Versand sowie Telekommunikationsfirmen, die am meisten in Online-Werbung investiert haben.

Online-Werbung wird von Fachleuten in drei Segmente unterteilt: die Suchwortvermarktung, Affiliate-Marketing und klassische Online-Werbung. Zu letzterer zählen alle Display-Ads – wie Banner, Skyscraper oder Rectangles, aber auch inhaltliche Integrationen wie Sponsoring, Microsites oder multimediale Inhalte. Alle drei Werbe-Segmente wachsen seit Jahren kontinuierlich. Vor fünf Jahren mickerte der Markt laut OVK-Statistik bei nur 550 Millionen Euro, im Boomjahr 2007 betrug der Online-Werbeumsatz hierzulande immerhin schon rund 2,9 Milliarden Euro.

Gefangen im Zahlen-Wirrwarr

Für Verwirrung sorgen allerdings immer wieder unterschiedliche Zahlen, die im Markt kursieren. Umsatz-Zahlen zur Online-Werbung in Deutschland werden von Nielsen Media Research, dem OVK und dem Bundesverband für Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) veröffentlicht.

Die Nielsen Online Werbestatistik ist eine Kooperation von Nielsen Media mit 24 Vermarktern klassischer Online-Werbung. Sie basiert auf den monatlichen Meldungen der Kooperationspartner. Nielsen erhebt Bruttoumsätze. Der Vorteil: Ein Brutto-Verfahren ermöglicht direkte Vergleiche mit dem Werbedruck in anderen Mediengattungen innerhalb der Nielsen Werbestatistik. Nachteil: Die tatsächlichen Umsätze können sehr viel niedriger sein, denn zweistellige Rabatte sind im Online-Geschäft weit verbreitet. Außerdem deckt die Nielsen-Statistik nur circa 75 % des Marktes für klassische Online-Werbung ab.

Größere Version gefällig? Auf die Grafik klicken (Grafik: BVDW).

Auch der OVK berechnete das Bruttowerbevolumen. Grundlage dafür ist eben diese Online Werbestatistik von Nielsen Media Research. Um den gesamten Online-Werbemarkt abzubilden, rechnet der OVK die von Nielsen ermittelten Zahlen auf 100 % hoch und ergänzt sie mit dem Werbevolumen der Segmente Search und Affiliate.

Um Umsatzzahlen für Suchwortvermarktung und Affiliate-Netzwerke zu erheben, kooperiert die Dachorganisation des OVK, der Bundesverbandes Digitale Wirtschaft (BVDW), mit den jeweils führenden Anbietern. Besonderheit: Die Suchwortvermarktung wird vereinfacht als „netto gleich brutto“ betrachtet, da Vergütungen erfolgsabhängig berechnet werden. Bei den Affiliate-Netzwerken wird der Bruttoumsatz inklusive der Publisher-Provisionen, Netzwerkgebühren und Agenturrabatte angegeben.

Wie viel Netto vom Brutto?

Der Bitkom verfolgt einen anderen Ansatz: Er beschränkt sich auf die klassische Online-Werbung. Suchwort- und Affiliate-Marketing bleiben außen vor. Thomson Media Control spidert dazu die reichweitenstärksten Seiten hierzulande mehrmals täglich und erkennt die dort geschalteten Banner. Die Anzeigen werden klassifiziert und die Anzahl ihrer Einblendungen ermittelt. Über einen Tausender-Kontaktpreis (TKP) werden dann die Netto-Umsatzzahlen errechnet. Thomson zieht dazu von den Listenpreisen unter anderem geschätzte Rabatte und Agenturprovisionen ab. Da nicht alle Websites in der Beobachtung sind, werden die Umsatzzahlen ebenfalls auf den Gesamtmarkt hochgerechnet.

Diese verschiedenen Erhebungsmethoden führen letztlich zu unterschiedlichen Zahlen. So hatte der Bitkom für das Gesamtjahr 2008 den deutschen Markt für klassische Online-Werbung mit 1,3 Milliarden Euro beziffert (Netto), der OVK meldete für dieses Segment ein Werbevolumen von rund 1,9 Milliarden Euro (Brutto).

Weiter auf Wachstumskurs

Aber eines scheint sicher: Online-Werbung wird weiter wachsen. Laut dem aktuellen (N)onliner Atlas 2009 der Initiative D21 nutzen knapp 70 % der Deutschen mittlerweile das Internet. Bei den unter 50-Jährigen liegt der Anteil der Internetnutzer sogar über 80 % . Tendenz weiter steigend. Werbegelder werden daher zunehmend ins Online-Marketing umgeshiftet.

Und selbst wenn die Krise anhält, spricht vieles für das Werbemedium Internet. Denn dank ausgefeilter Tracking- und Analysemethoden können Werbungtreibende im Web exakt nachvollziehen, welche Wirkung ihre Werbung erzielt. Controlling der eigenen Investitionen ist für Marketer in Krisenzeiten wichtiger denn je.

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Größere Version gefällig? Auf die Grafik klicken (Grafik: BVDW).

Erste Werbungtreibende testen bereits, ob Online sogar die Führungsrolle im Media-Mix übernehmen kann. So haben Procter & Gamble, die Agentur pilot und führende Online-Vermarkter in diesem Jahr die “Gattungsstudie Online” auf den Weg gebracht. Die angestrebten Ergebnisse sollen weit über reine Wirkungsstudien hinausgehen: So wird neben klassischen Abfragen zu Nutzungszeiten beispielsweise auch die Stimmungslage der User erfasst.

Der OVK rechnet bei der Online-Werbung für das Krisenjahr 2009 – sowohl für die klassische als auch insgesamt – mit einem Wachstum von 10 %. Im nächsten Jahr wird sich nach Ansicht des OVK der Trend vor allem weiter in Richtung imageorientierter Online-Werbung entwickeln. Bewegtbildwerbung und großflächige Werbeformen könnten dann besonders deutlich zulegen. Ein Ende der Erfolgsstory ist bisher nicht in Sicht.