6 Gründe für Inhouse-SEM – Gastbeitrag von Gerald Schönbucher von Hitmeister

In unserer Reihe Gastbeiträge veröffentlichen wir heute einen Artikel von Gerald Schönbucher, Gründer und Geschäftsführer von Hitflip und Hitmeister. Sein Thema: “Warum SEM nicht ausgelagert werden sollte – 6 Gründe für Inhouse-SEM”. Über […]

In unserer Reihe Gastbeiträge veröffentlichen wir heute einen Artikel von Gerald Schönbucher, Gründer und Geschäftsführer von Hitflip und Hitmeister. Sein Thema: “Warum SEM nicht ausgelagert werden sollte – 6 Gründe für Inhouse-SEM”. Über Kommenatre und Anregungen freuen wir uns.

Warum SEM nicht ausgelagert werden sollte – 6 Gründe für Inhouse-SEM

Zahlreiche Unternehmen unterschiedlicher Größe haben ihr Search Engine Marketing (SEM) ausgelagert. Sie lassen es von mehr oder minder darauf spezialisierten Agenturen betreuen. Dafür mag es nachvollziehbare Gründe geben. So kann es sein, dass SEM im Unternehmen eine Black Box ist, die niemand richtig versteht. Oder es fehlen die personellen Ressourcen, um SEM operativ durchzuführen. Wir sind der Überzeugung, dass es mittel- bis langfristig grundsätzlich besser ist, SEM-Wissen im Unternehmen aufzubauen und in entsprechende personelle Ressourcen zu investieren, für kleine wie für große Unternehmen. Wir sehen dafür die sechs folgenden Gründe.

1. Keiner kennt das Produkt so gut wie man selbst
Niemand kennt das Produkt bzw. die Dienstleistung, die man über SEM bewirbt, so gut wie man selbst. Auch ein noch so intensiver Austausch mit der Agentur wird nicht dazu führen, dass die Agenturmitarbeiter ein gleich ausgeprägtes Produktverständnis haben. Entsprechend wird das Keyword Research weniger detailliert ausfallen und somit weniger ergiebig sein. Zwar ist es möglich, dass eine Agentur „Best Practices”, etwa bei der Anzeigengestaltung, auf den eigenen Account übertragen kann. Das wird aber meist nur dann funktionieren, wenn ein Wording bzw. eine Struktur branchenübergreifend funktioniert. Es ist eher schwer vorstellbar, dass z.B. zwei Wettbewerber von einer Agentur betreut werden und munter „Best Practice Sharing” stattfindet.

2. Koordinationskosten
Für viele SEM-Werbetreibende ist die Aktualität ihrer Kampagnen entscheidend. Um Aktualität – etwa der Preise, der Kampagnenslogans etc. – sicherzustellen, ist es nötig, sich mit der Agentur abzustimmen. Koordination ist immer mit Kosten verbunden. Die tauchen zwar, gerade wenn sie primär beim Werbetreibenden anfallen, nicht direkt in einer Rechnung auf, erhöhen aber insgesamt die Kosten des SEM-Marketingkanals. Selbst wenn die menschlichen Koordinationskosten etwa über eine technische Schnittstelle zur Agentur, die aktuelle Preise etc. übermittelt, gesenkt werden, muss diese Schnittstelle programmiert und gepflegt werden.

3. Anreizprobleme
Auch eine Reihe von Anreizproblemen spricht dafür, SEM Inhouse darzustellen. Es beginnt beim adäquaten Vergütungsmodell für die SEM-Agentur. Der Kickback von Google existiert nicht mehr. Ein anderes Vergütungsmodell ist also nötig. Egal ob eine einfache Provision vom SEM-Budget, ein Ziel-CPO, eine Umsatzbeteiligung oder eine Abrechnung nach Mannstunden gewählt wird, es kommt immer zu Interessenkonflikten.

Ein Beispiel: Angenommen, der Werbetreibende gibt einen Durchschnitts-Ziel-CPO von 10 EUR vor. Die Agentur erhält also für jede Order, die weniger als 10 EUR kostet, eine Vergütung. Ihr alleiniges Ziel wird es sein, die Anzahl der Orders zu maximieren. Dabei werden auch die Bestellungen gezählt, die für den Werbetreibenden einen geringeren Deckungsbeitrag als 10 EUR erzielen. Da diese Bestellungen tendenziell einfacher zu gewinnen sind, könnte es sogar dazu kommen, dass die Agentur darauf den Schwerpunkt legt. Lösbar wäre dieser Konflikt über eine rein erfolgsabhängige Vergütung der Agentur, indem z.B. nach dem erzielten Deckungsbeitrages je Order vergütet wird. Darauf lassen sich aber in der Regel die wenigsten SEM-Agenturen ein.

Die Problematik setzt sich beim Thema Ressourcenallokation fort. Auch die personellen Ressourcen der Agentur, obwohl im Pitch gerne mal anders dargestellt, sind begrenzt. Die Agentur setzt ihre Leute idealerweise dort ein, wo der Grenzertrag am höchsten ist, wo also je Mannstunde der größte Umsatz erzielt werden kann. Kleinere Kunden mit begrenzten Budgets bleiben dabei oft zurück. Und selbst wenn das Kundenbudget größer ist, hat die Agentur keinen Anreiz, sich mit den im SEM oft wichtigen Details wie etwa einer Keywordrecherche für den Longtail oder Splittesting aufzuhalten. Die Grenzkosten für die Agentur wären größer als der Grenzertrag. Letztlich wird die Agentur ja immer nur einen Teil der gesamten Wertschöpfung realisieren, die Personalkosten sind aber oft ähnlich hoch wie beim Werbetreibenden.

Schließlich hat die Agentur, vorausgesetzt sie möchte wachsen, immer den Anreiz, mit mehr als einem Kunden aus einer Branche zusammenzuarbeiten. Sie kann so auch einen Teil ihrer Arbeiten (Accountstrukturierung, Keywordrecherche, Anzeigentests etc.) mehrfach nutzen. Seriöse Agenturen werden zwar Exklusivität bieten und nur einen Kunden je Branche betreuen. Damit stellt sich aber die Frage nach deren Branchenkompetenz.

4. Keine Skalenvorteile
Oft sind Skalenvorteile die Motivation, Geschäftsprozesse auszulagern. Die Überlegung ist, dass der Outsourcingpartner die Geschäftsprozesse effizienter und damit zu geringeren Kosten durchführen kann. Mit Ausnahme eines automatisierten Bid Managements und evtl. einer automatischen Anzeigenerstellung über eine API existieren nach unserer Einschätzung aber wenig Prozesse, die große Skalenvorteile bieten.

5. Integration anderer Abteilungen
Erfolgreiches professionelles SEM erfordert das Zusammenspiel mehrerer Abteilungen eines Unternehmens. Die SEO-Kollegen können etwa Hinweise für gut konvertierende Keywords geben. Die Technik muss spätestens bei der Nutzung der Search Engine-APIs durch das SEM eingebunden werden. Und das Produktmanagement gibt nicht nur Hinweise für neue Kampagnen, sondern arbeitet bei allen Tests und insbesondere On Site-Konversionsoptimierung mit dem SEM-Team zusammen. Ist eine Agentur als dritte Partei jeweils mit einzubinden, führt dies nicht nur zu zusätzlichen Kosten, sondern es verlangsamt auch die Prozesse.

6. SEM als strategischer Wettbewerbsvorteil
Wenn SEM richtig betrieben wird, kann es zum strategischen Wettbewerbsvorteil eines Unternehmens werden. Die richtigen Keywords auf den richtigen Positionen (und das müssen nicht immer die Positionen 1-3 sein), kombiniert mit den richtigen Anzeigentexten und Landing Pages können zu dauerhaft höheren Konversionsraten und niedrigeren Kundenakquisitionskosten führen. Um nachhaltig erfolgreicher als seine Mitbewerber zu sein, ist es entscheidend, dass man die dafür relevanten Prozesse beherrscht. Dies sollte man nicht Agenturen überlassen, die teilweise nicht einmal Einblick in die Strukturierung des SEM-Accounts geben und ihre Keywordlisten selten mit ihren Kunden teilen. Dafür ist SEM zu bedeutsam.

Fazit
SEM sollte aus einer Reihe von Gründen nicht ausgelagert, sondern Inhouse gemacht werden. SEM an Agenturen zu vergeben, ist allenfalls Einsteigern zu empfehlen.

Zur Person
Gerald Schönbucher, geboren 1978, studierte nach einer Ausbildung bei der Deutschen Bank Betriebswirtschaftslehre an der WHU-Otto Beisheim School of Management in Vallendar, an der Stephen M. Ross School of Business in Ann Arbor (USA) und an der Université Sorbonne in Paris (Frankreich). Nach seinem Studium gründete er zusammen mit Andre Alpar und Jan Miczaika die Tauschplattform Hitflip (www.hitflip.de) und später den Marktplatz Hitmeister (www.hitmeister.de). Praktische Erfahrungen sammelte er zuvor bei BMW, Unilever UK, Jamba und KPMG Corporate Restructuring.

Artikel zum Thema
* Zehn Fragen an Gerald Schönbucher von Hitflip

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.