“2010 wollen wir ein sechsstelliges EBIT ausweisen” – Felix Haas von amiando im Interview

Der Einladungs- und Ticketdienst amiando (www.amiando.de) erblickte Ende 2006 das Licht der Web-Welt. Zeit für eine ausführliche Zwischenbilanz. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Vorstandschef und Mitgründer Felix Haas über Millionenumsätze, Kundenorientierung und Microsoft […]

Der Einladungs- und Ticketdienst amiando (www.amiando.de) erblickte Ende 2006 das Licht der Web-Welt. Zeit für eine ausführliche Zwischenbilanz. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Vorstandschef und Mitgründer Felix Haas über Millionenumsätze, Kundenorientierung und Microsoft Excel.

Die ganze Welt redet von der Finanz- und Wirtschaftskrise. Viele Firmen verzichten deswegen auf Partys und Events. Wie sehr leidet amiando unter der aktuellen Wirtschaftslage?
Im Gegenteil, amiando profitiert vom steigenden Kostendruck in der Eventbranche: Alle relevanten Kennzahlen wie Umsatz und Ticketverkäufe wachsen seit zwei Jahren durchschnittlich um über 40 % pro Quartal. Im vergangenen Quartal haben wir sogar ein Wachstum um 65 % im Vergleich zum Vorquartal verzeichnet. Im Vergleich zu klassischen Softwareanbietern für Event-Management und –Ticketing ist amiando als Software-as-a-Service wesentlich kostengünstiger und einfacher zugänglich. Wir sehen bei langjährigen Stammkunden einen leichten durchschnittlichen Verkaufsrückgang von circa 5 % pro Event, aber dies wird durch unser starkes Kundenwachstum mehr als überkompensiert. Von daher gehe ich davon aus, dass wir auch in den kommenden Quartalen gleich stark wachsen werden.

Beim Start Ende 2006 war amiando ein Party-Organisationstool. Heute ist amiando ein Einladungs- und Ticketdienst samt Vermarktungstool. Wo soll die Reise hingehen?
Genau diese Agilität ist eine große Stärke von amiando. Wir haben mit einem Tool für private Einladungen angefangen und sind heute klar als Software as a Service-Anbieter für professionelles Eventmanagement positioniert. Wir haben eine sehr starke Kultur des schnellen Ausprobierens und Evaluierens. Wenn erste Kundenkontakte entsprechend positives Feedback zeigen, beschäftigen wir uns näher mit Erweiterungen. Wenn Ideen oder Experimente wenig Traction zeigen, beenden wir diese auch wieder. Solange wir diese Kundenorientierung nicht aus den Augen verlieren mache ich mir keine Sorgen über die nächsten Schritte. Unseren B2B-Fokus werden wir auf jeden Fall auf absehbare Zeit weiter behalten und dort weiter wachsen.

Unter dem Namen amiando Featured Events bieten Sie seit wenigen Monaten Tickets zu ausgewählten Events zu Sonderkonditionen an. Die Auswahl ist meist überschaubar. Kommt der Service nicht an?
Doch, aber die Anzahl der Events im “Featured Events”-Bereich ist absichtlich auf circa zehn beschränkt um einen gewissen Exklusivitäts-Anspruch aufrecht zu erhalten. Eventveranstalter können ihre Events für Aufnahme in die amiando Featured Events vorschlagen und das Content-Team kümmert sich um Auswahl und Gestaltung des Bereichs. Grundvoraussetzung ist auch hier der Mehrwert für unsere Nutzer – deswegen müssen Event Tickets im amiando Featured Events Bereich mit mindestens 15 % Discount angeboten werden.

Ende des vergangenen Jahres startete amiando eine Ticketing API, mit der Social Networks Eventfunktionen in ihr Angebot einbinden können. Findet das System Abnehmer?
Mit der amiando Community Ticketing API können Internetportale und Communitys mit minimalem Aufwand ein professionelles Ticketing-Feature für Ihre Nutzer bereit stellen. Das System wird inzwischen von diversen Plattformen eingesetzt, beispielsweise Virtual Nights, Nachtagenten, Antenne Bayern und Dozentenscout.

Wie steht es in finanzieller Sicht um amiando, lohnt sich das Geschäft bereits?
amiando knackt dieses Jahr erstmalig die zweistellige Millionengrenze im Ticketumsatz und die einstellige Millionengrenze im Ticketing-Innenumsatz. Auch haben wir mit amiandoEvents seit Anfang des Jahres ein zweites Produkt für professionelle, aber kostenfreie Eventeinladungen. Damit werden inzwischen zehntausende Anmeldungen zu Galas, Presseveranstaltungen oder Invitation-Only-Events abgewickelt. Wir verdienen pro angemeldeten Teilnehmer durchschnittlich 2,90 Euro. Eine schöne Charakteristik unseres Geschäftsmodells ist übrigens die Nachhaltigkeit: Über 90 % der in 2007 akquirierten Kunden sind heute immer noch aktiv. Wir müssen unseren Umsatz also nicht Jahr für Jahr wieder erneuern, sondern können uns dank langfristiger und sehr stabiler Kundenbeziehungen auf das Wachstum konzentrieren. Außerdem sind wir mit unserem transaktionalem Business Modell völlig unabhängig vom momentan sicher nicht einfachen Werbemarkt.

Wann schreibt amiando schwarze Zahlen?
Obwohl wir viel in Marketing und Wachstum investieren, wollen wir zum Jahresende hin profitabel werden. In 2010 wollen wir erstmals ein schönes sechsstelliges EBIT ausweisen.

Wie viele Menschen sorgen für den reibungslosen Ablauf bei amiando?
Aktuell sind wir circa 28 amiandos und amiandas. Alle sechs Gründer sind übrigens noch an Bord – und das in den gleichen Positionen seit Gründung. Im Sommer 2008 haben wir unser Management mit Urs Häusler, dem früheren Geschäftsführer von TicketOnline Schweiz, noch um einen Senior Manager aus der Ticketindustrie ergänzen können.

Neben der deutschen amiando-Version existieren auch Ableger in englischer, spanischer und französischer Sprache. Wie sieht die Bilanz der Auslandsaktivitäten bisher aus?
Über 55% des Umsatzes erzielen wir inzwischen außerhalb von Deutschland. Seit September 2007 sind wir in vier Sprachen in Europa unterwegs.

Welches ist neben Deutschland der wichtigste Markt?
Großbritannien, Frankreich, Spanien und die Schweiz halten sich hier ziemlich die Waage. Wir expandieren quasi simultan in mehreren Ländern in Europa.

Organisieren Sie das Auslandsgeschäft aus dem Hauptquartier in München oder mit Personal vor Ort?
Fast alle amiandos und amiandas sind im Hauptquartier in München tätig. Für jede offizielle amiando-Sprache gibt es mindestens einen Muttersprachler bei amiando. Das funktioniert sehr gut und warum sollten wir also zusätzliche Kosten mit mehreren Büros auf uns nehmen? Die Länderbetreuer sind regelmäßig in ihren Ländern unterwegs und treffen vor Ort die wichtigsten Kunden und Partner. Darüber hinaus unterhalten wir sehr enge Beziehungen mit einer Vielzahl von Multiplikatoren im europäischen Ausland. Eine Ausnahme ist die Schweiz, wo wir mit Marc einen Gründer direkt vor Ort in Zürich haben.

Ist eine weitere Auslandsexpansion geplant?
Wir schauen uns natürlich weitere Märkte an und können uns gut vorstellen ab 2010 in weitere Länder zu expandieren. Mit zwei Jahren Erfahrung mit multilingualem Kundenservice, Vertrieb und Produktentwicklung haben wir dafür inzwischen das passende Fundament. Das sehe ich übrigens auch als ein klaren USP von amiando gegenüber Wettbewerbern an – niemand anders in unserer Branche kann derart routiniert all die fragmentieren Länder mit all ihren Zahlungsmethoden und regionalen Eigenheiten behandeln. Diesen Vorsprung wollen wir natürlich nutzen und entsprechend behutsam aber bestimmt weiter expandieren.

Facebook baut gerade eine Art Event-Komponente. Ist das eine Gefahr für amiando?
Für unsere ursprüngliche Idee der Einladungsplattform für private Events wäre die Facebook-Event-Funktion – welche übrigens bereits seit Jahren online ist – sicher nicht besonders vorteilhaft gewesen. Für unser Geschäftsmodell mit professionellen Eventveranstaltern bieten sich im Gegenteil viele Vorteile: Seit dem persönlichen Besuch von Mark Zuckerberg im Oktober 2008 bieten wir als einer der ersten Partner in Europa eine Integration mit Facebook Connect an. Ticketkäufer können ihre Käufe direkt an ihre Facebook-Freunde weiterempfehlen und generieren somit zusätzlichen Umsatz. Ich sehe dies als sehr komplementär an: Social Networks haben die Reichweite und wir haben Zehntausende von B2B-Kunden und bieten diesen eine Online Software welche perfekt auf ihre Anforderungen zugeschnitten ist.

Wen sehen Sie als Ihre größten Konkurrenten?
Unser größter Konkurrent ist und bleibt Microsoft Excel. Unglaublich, aber es gibt immer noch Veranstalter mit Tausenden von Gästen, welche per Hand die Überweisungen prüfen und Rechnungen verschicken. Wenn sie dann auf amiando umsteigen, offenbart sich ihnen erst wie viel überflüssige Arbeit und Aufwand sie sparen können.

Das Gründerteam von amiando besteht aus sechs Mann. War diese hohe Anzahl im Nachhinein die richtige Entscheidung?
Dank der unterschiedlichen Charaktere und der Aufteilung der Verantwortung auf mehrere Schultern ergänzen wir uns perfekt. Eine meiner Aufgaben ist es, für eine gewisse Balance und Ausgeglichenheit im Team zu sorgen. Nur so kann ein so großes Team harmonisch und vertrauensvoll zusammenarbeiten. Auch wenn diese permanente Moderation natürlich nicht immer ganz einfach ist, hat es bei uns wirklich gut geklappt und wir ergänzen uns als A-Team perfekt.

Wo steht amiando in einem Jahr?
Ich gehe davon aus, dass amiando den Umsatz auch in 2010 verdreifachen und ein schönes EBIT ausweisen wird. Wahrscheinlich haben wir bis dann auch unsere erste Auslandsdependance aufgemacht.

Was ist die langfristige Perspektive – ein Verkauf an CTS Eventim?
Natürlich kann ein Verkauf zu irgendeinem Zeitpunkt ein mögliches Thema werden, aber zur richtigen Zeit und mit dem richtigen Partner. Wir glauben, dass wir mit unserem Geschäftsmodell erst ganz am Anfang der Möglichkeiten stehen und dabei sind, einen eigenen Markt neu aufbauen.

Zur Person
Felix Haas gründete bereits während der Schulzeit sein erstes Unternehmen und vermarktete damit Entertainment-Websites. Der Elektrotechniker studierte in München, Zürich und Stanford und verbrachte zudem über zwei Jahre im Silicon Valley – unter anderem für Projekte bei BMW und Google. In dieser Zeit machte er auch seinen Pilotenschein. Im Jahr 2006 gründete Felix Haas gemeinsam mit Dennis von Ferenzcy, Armin Bauer, Sebastian Bärhold, Marc P. Bernegger und Markus Eichinger die Eventorganisationsplattform amiando.

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Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.