Smoodoos streicht die Segel

Die Kuscheltiere tragen Trauer: Die noch junge Kinder-Community Smoodoos (www.smoodoos.de) steht vor dem Aus. Gründer Justus Schneider musste den Gang zum Amtsgericht antreten und einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen. Die vom […]
Smoodoos streicht die Segel
Dienstag, 9. Juni 2009VonAlexander Hüsing

Die Kuscheltiere tragen Trauer: Die noch junge Kinder-Community Smoodoos (www.smoodoos.de) steht vor dem Aus. Gründer Justus Schneider musste den Gang zum Amtsgericht antreten und einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen. Die vom Risikokapitalgeber Earlybird unterstützte Kinder-Community setzte auf eine geschickte Verknüpfung mit der realen Welt: In der Basisversion war Smoodoos kostenlos, unbegrenzten Zugang und die Möglichkeit seine Cyber-Heimat umfassend selbst zu gestalten gab\’s nur gegen Bezahlung. Die Freischaltung der Premiumversion erfolgte über verschiedene knuffige Stofftiere zum Preis von 24,95 Euro, welche Eltern bei Online-Händlern, im Einzelhandel oder im Smoodoos-Shop kaufen konnten.

Einige der kuscheligen Stofftiere
“Die Hauptursache für unsere finanziellen Schwierigkeiten war ein zu optimistischer Einkauf Mitte 2008”, sagt Schneider, der zuletzt als Marketingleiter bei Mercedes-Benz gearbeitet hat, gegenüber deutsche-startups.de. “Die Resonanz auf das Smoodoos-Konzept und insbesondere auch die Smoodoos-Charaktere auf der Internationalen Spielwarenmesse in Nürnberg im Februar des vergangenen Jahres war extrem positiv.” Die gute Entwicklung der Anmeldezahlen in der Testphase und die freudigen Reaktionen der jungen Nutzer führten schließlich zu einer allzu optimistische Erwartung an das Weihnachtsgeschäft. “Von den großen Mengen, die im ersten Halbjahr 2008 mit Verbänden wie Vedes oder auch anderen besprochen worden sind, blieb in der Realität des zweiten Halbjahres nicht mehr viel übrig”, berichtet Schneider leicht verbittert. Im Lager der Kinder-Community türmen sich jetzt Waren im Wert von 750.000 Euro. “Fehlende Liquidität, die uns dann in der Konsequenz in 2009 das Genick gebrochen hat.” Parallel zu diesem Rückschlag verliefen die Verhandlungen über eine weitere Finanzierunsgrunde, welche die Smoodoos-Mannschaft nicht zu ihrer Zufriedenheit zum Erfolg führen konnte. “Das uns angebotene Investment wäre sozusagen nur eine Brücke über den halben Fluss gewesen.”

80.000 angemeldete Kids

Große Probleme beim Kuscheltier-Konzept machte Smoodoos der Aufbau des Handels in Deutschland: Bei Online-Händlern wie MyToys und bei der Spielwarenkette Toys “R” us kamen die Tierchen gut an. Bei den vielen kleinen Spielwarenläden im Lande sah die Bilanz dagegen überwiegend finster aus: “Das innovative Konzept der Smoodoos hat dort nur sehr schwer Fuß fassen können”, zieht Schneider Bilanz. Einige, vor allem jüngere Händler hätten das Konzept sofort verstanden und auch gut verkauft. Bei andere Händlern schafften es die verschiedenen Smoodoos-Charaktere dagegen gar nicht erst in die Regale. “Die Diskrepanz zwischen der Online-Dynamik und der fehlenden Innovationsfreude im stationären Handel ist riesig. Einer der Gründe, warum die wenigsten dieser Betriebe nennenswerte Umsätze im Gamesbereich oder mit Konsolen machen. Man setzt lieber auf Bewährtes.” Die anvisierte Zielgruppe, Kinder im Alter zwischen 6 und 15 Jahren, zeigten sich erwartungsgemäß experimentierfreudiger. Knapp 80.000 junge Nutzer meldeten sich nach eigenen Angaben bei Smoodoos an – diese sorgten täglich für fast 3.000 Beiträge in Form von Texten, Bildern und Videos. Die durchschnittliche Verweildauer der Kids lag bei 19 Minuten. Schneider: “Knapp ein Viertel der angemeldeten User sind absolute Hardcore-Smoodoos-Fans, besitzen zu einem guten Teil alle 20 Smoodoos-Charaktere und sind jeden Tag auf Smoodoos.”

Stolz ist Gründer Schneider weiter auf das Sicherheitskonzept von Smoodoos: Freundschaftsanfragen funktionierten bei Smoodoos nur über eine gegenseitige Bestätigung der Indentität. Zudem mussten alle Mitglieder ab und zu Zufallsfragen aus dem Schulalltag beantworten: “Für mich als Vater war und ist der Schutz der Kinder vor Pädophilen eine der Hauptmotivationen gewesen, die Smoodoos ins Leben zu rufen. Das Sicherheitskonzept mit unterschiedlichen Freigaben und Fragen zum Schulalltag ist absolut aufgegangen.” Aktuell laufen – wie zu hören ist – Gespräche über die Zukunft von Smoodoos – unter anderem mit einem bekannten Spiele-Verlag aus Deutschland und einigen strategischen Partnern aus den USA. Noch ist Schneider optimistisch, dass Smoodoos noch einmal die Kurve kriegt: “Wenn nicht, dann haben viele gute Leute viel gute Arbeit und auch Geld in ein komplexes Projekt gesteckt, das es nicht durch diese schwierige Zeit geschafft hat.” Unabhängig davon möchte er anderen Gründern einen Tipp geben: “Gebt euch selber Zeit, rechnet mit Rückschlägen und versucht euch über mindestens zwei, besser drei Jahre zu finanzieren.”

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Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.