Geschichten aus dem Valley: Venture Capital im Silicon Valley und in Deutschland

Seitdem ich mich zu den Bewohnern des Silicon Valleys, diesem schönen Flecken Erde zähle, bekomme ich von potenziellen und gestandenen Gründern immer wieder eine Frage gestellt: Wie kann man im Silicon Valley am […]

Seitdem ich mich zu den Bewohnern des Silicon Valleys, diesem schönen Flecken Erde zähle, bekomme ich von potenziellen und gestandenen Gründern immer wieder eine Frage gestellt: Wie kann man im Silicon Valley am besten Geld raisen, bzw. wie unterscheidet sich eigentlich das Fundraising in den USA vom Rest der Welt? Zunächst einmal: Venture Capital in den USA und vor allem an der Sand Hill Road im Silicon Valley funktioniert schon etwas anders als in Europa. Geld für ein Start-up zu bekommen ist aber auch hier nicht einfach. Allerdings scheint es in den USA wirklich Appetit auf riskante, neue Ideen zu geben – dies ist in Europa eher selten der Fall.

Venture Capital im Silicon Valley zeichnet sich aus durch:

* Hohe Bewertungen auch schon in Series A (siehe unter anderem Pubmatic, Widgetbucks, Rubicon Project)

* Viele gute Teams – oft mit erstklassigen Erfahrungen (Google, Yahoo, etc.)

* VCs mit gutem Fundraising sammeln von institutionellen Investoren durchaus 200 bis 500 Millionen Dollar für einen Fund ein

* VCs haben Interesse einige wenige große \’bets\’ zu machen – auch im Early-Stage-Bereich

* Gesunder Early-Stage-Markt mit zahlreichen Investoren, aber sehr hohen Erwartungen an einen Exit

* Viele VCs bringen erstklassige Kontakte mit

* Sehr gutes Netzwerk im Silicon Valley zwischen Investoren verschiedener Stufen (Angels, VCs, Banken)

* IPOs sind selten aber Trade Sales mit sehr hohen Bewertungen möglich (Postini an Google)

* Viele Partner zeichnen sich durch exzellentes Branchenwissen und hohe Risikobereitschaft aus

* Neue Ideen mit hohem Marktpotenzial sind wichtiger als Rendite in den ersten 3 bis 4 Jahren

* Venture Capital misst sich an einer Renditeerwartung von circa 15 %

* Wachstum steht bei den Investoren vor Profitabilität

* Präferenz für Serial Entrepreneurs. Vorherige Pleiten sind dabei eher positiv als negativ

In Deutschland und Europa (außer UK) beobachte ich dagegen eher diese Eigenschaften:

* Deutlich geringere Bewertungen beim Investieren. Aber auch realistischere Erwartungen für einen Exit

* Investoren haben Probleme beim Fundraising. 20 bis 50 Millionen Euro sind schon ein Erfolg

* Institutionelle Investoren in VC-Funds sind nicht vorhanden

* Geringer Risikoappetit. \’Safe bets\’ sind wichtiger als einige wenige potenzielle Portfoliostars

* Rendite über 10 % ist oft als Erfolg zu werten

* Markt ist oft durch staatliche Subventionen beeinflusst und getrieben

* IPO möglich, Trade Sales oft mit geringerer Bewertung

* Präferenz für Branchenexperten als Gründer

* Profitabilität oft vor Wachstum, da VCs oft keine Anschlussrunde machen können und andere Investoren fehlen

* Außerhalb Londons ist die Szene sehr verstreut, es gibt kein Konzentrationseffekt

* Viele VCs haben sich komplett aus dem Early-Stage-Markt verabschiedet (z.B. 3i)

Natürlich gibt es zu jeder Regel Ausnahmen, es geht vielmehr um die grobe Ausrichtung. Ist es aber summa summarum einfacher in den USA Geld einzusammeln? Für große Ideen, die viel Geld brauchen und riskant sind, sind die USA der einzige Markt. Für politisch korrekte Ideen (Solartechnik, Wassertechnik, etc.) und weniger riskante Ideen sind Deutschland und Europa wesentlich besser.

Was habt Ihr für Erfahrungen gemacht?

Zur Person
Torsten Jacobi hat sich nach eigenen Aussagen bereits vor Jahren den “Entrepreneurship Bug” gefangen. Auf seiner Gründungsliste stehen newtron, der Blogservice 21Publish, das Blog-Netzwerk Creative Weblogging und die Meta-Reisesuchmaschine kinkaa. Daneben investiert er auch in fremde Ideen und sucht Leute für neue Konzepte. Wenn es seine Zeit zulässt, bloggt er unter www.tjacobi.com über Dinge, die ihn beschäftigen und interessieren.

Artikel zum Thema
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Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.