Wertkette


Wertkette

1. Begriff: Eine Wertkette bildet die strategisch relevanten und sich gegenseitig bedingenden Tätigkeiten eines Unternehmens ab. Ziel dieser Aktivitäten ist die Schaffung eines marktfähigen Produktes mit einem Mehrwert. Die Betrachtung eines Unternehmens als Wertkette dient der Identifizierung von Rationalisierungsquellen und Differenzierungsmöglichkeiten zur Erreichung eines Wettbewerbsvorteils im Markt.

2. Unterscheidung von anderen, ähnlichen Begriffen: Der Begriff der Wertkette ist vom Begriff des Wertsystems zu unterscheiden, welches eine aus den Wertketten einzelner Unternehmen (z.B. Lieferanten, Produzent, Vertriebskanäle, etc.) bestehende Einheit ist, die durch ein gemeinsames Wertschöpfungsziel verbunden sind.

3. Ziel: Zweck der Betrachtung der Wertkette ist die Identifizierung der Wettbewerbsvorteile eines Unternehmens gegenüber seinen Konkurrenten durch Analyse des Beitrags jeder sogenannten Wertaktivität zum Mehrwert des Endproduktes.

4. Geschichte des Begriffs: Der Begriff wurde von Michael E. Porter in seiner Monographie zu Wettbewerbsvorteilen (1980) geprägt.

5. Darstellung des zugrunde liegenden Modells: Ein Unternehmen wird als eine Serie von Aktivitäten betrachtet, die bestimmte Werte erzeugen. Gemäß Porter hat jede dieser Wertaktivitäten das Potenzial, die Grundlage für einen Wettbewerbsvorteil basierend auf Differenzierung oder Kostenführerschaft darzustellen und diesen Wettbewerbsvorteil zu verteidigen. Die Wertkette jedes Unternehmens besteht aus neun Grundtypen von Aktivitäten. Diese werden untergliedert in fünf primäre und vier unterstützende Wertaktivitäten. Die primären Aktivitäten beschreiben den direkten Wertschöpfungsprozess und bestehen aus (1) Eingangslogistik, (2) Fertigungsoperationen, (3) Ausgangslogistik, Marketing und (4) Vertrieb sowie (5) Kundendienst. Die unterstützenden Aktivitäten tragen durch Aufrechterhaltung der primären Aktivitäten indirekt zur physischen Erstellung der Produkte und Leistungen durch das Unternehmen bei. Porter identifizierte folgende vier Gruppen von unterstützenden Aktivitäten: (6) Unternehmensinfrastruktur, Personalmanagement (7), Technologieentwicklung (8) und Beschaffung (9). Diese unterstützenden Aktivitäten werden oft mit Gemeinkosten assoziiert, oft ziehen Unternehmen jedoch auch Wettbewerbsvorteile aus einer überlegenen Abwicklung dieser Aktivitäten.

6. Maßnahmen bzw. Instrumente: Zur Identifizierung der Wettbewerbsvorteile eines Unternehmens werden sowohl die primären als auch die unterstützenden Aktivitäten im Hinblick auf ihren Beitrag zur Wertschöpfung des Unternehmens analysiert. Ziel dieser Aktivitäten ist es, einen Wert zu schaffen, der die Kosten der Bereitstellung des Produktes bzw. des Services übersteigt und somit einen Gewinn zu erzielen. Diese primären Aktivitäten können folgendermaßen beschrieben werden: (1) Die Eingangslogistik umfasst die Annahme der Waren von den Zulieferern, ihre Zwischenlagerung sowie den Transport zur Produktionsstätte. (2) Als Fertigungsoperationen bezeichnet man Aktivitäten, die den jeweiligen Input in Output transformieren. Beispiele für die Produktion bzw. Herstellung eines Endproduktes können sowohl die Bedienung in einem Restaurant, die Verpackung von Büchern/CDs/DVDs durch einen Online-Einzelhändler, sowie die Endabstimmung eines Motors sein. (3) Unter Ausgangslogistik versteht man die Distribution des Endproduktes zu Groß- und Einzelhändlern sowie zum Endkunden. (4) Die Marketing- und Vertriebsaktivität besteht zum einen aus der optimalen Ausrichtung der Marketing-Mix-Variablen, um den Kunden zum Kauf des Produktes zu bewegen und um seine Bedürfnisse zu befriedigen. Zum anderen gehören verkaufsvor- und -nachbereitende Aktivitäten wie Marktforschung und Vertriebsverwaltung zu dieser primären Aktivität. (5) Der Kundendienst umfasst alle Aktivitäten, die den Wert des Produktes für den Kunden erhalten bzw. erhöhen, wie z.B. Installationen, Reparaturen, Reklamationsbearbeitung und Trainingsmaßnahmen. Im Gegensatz dazu wurden die unterstützenden Aktivitäten sehr weit definiert und hängen im Detail von den jeweiligen Industriespezifikationen ab. (6) Zur Unternehmensinfrastruktur gehören Planungs-, Führungs- und Kontrollmechanismen wie die strategische Planung, Managementinformationssysteme, das Qualitätsmanagement, die Finanzierung und das Rechnungswesen. (7) Das Personalmanagement beschäftigt sich mit der Auswahl und Rekrutierung, dem Training und der Entwicklung sowie der Entlohung der Mitarbeiter. (8) Die Technologieentwicklung besteht aus Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten, wobei durch innovative Entwicklungen Kosten gesenkt und Wettbewerbsvorteile geschaffen und erhalten werden sollen. Dazu zählen u.a. neue Produk-tionstechnologien, Internetaktivitäten sowie das Kundenbeziehungsmanagement. (9) Die Beschaffung umfasst sowohl den Einkauf jeglicher Güter und Dienstleistungen, als auch die Beschaffung marktrelevanter Informationen.

7. Probleme: Der Wertkettenansatz weist vor allem ein gewisses Umsetzungsproblem auf. Dieses Werkzeug wird von Managern und Unternehmern oft nicht konsequent genug zur Identifizierung von Wettbewerbsvorteilen herangezogen.

8. Folgerungen und Ergebnisse: Die Wertkette ist ein praktisches Instrument zur Analyse von Wettbewerbsvorteilen eines Unternehmens sowie zur integrierten Unternehmensplanung. Dabei ist es wichtig zu berücksichtigen, dass Unternehmen der gleichen Branche zwar ähnliche Wertketten haben, sich jedoch häufig infolge unterschiedlicher historischer Sachverhalte, Strategien, geographischer Bedingungen und Implementierungserfolge unterscheiden. Auch in diesen Unterschieden liegen die Quellen von Wettbewerbsvorteilen.

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