Gründerinnen. “Ich bin perfektionistisch veranlagt” – Alexandra Podeanu von saftfabrik

Die deutsche Online-Gründerszene ist ein Männerverein. Auf Kongressen, Tagungen und sonstigen Branchenhöhepunkten sind Frauen die große Ausnahme. Aber es gibt sie! Jeden Mittwoch stellt deutsche-startups.de in der Reihe “Gründerinnen” eine interessante, wichtige oder […]
Gründerinnen. “Ich bin perfektionistisch veranlagt” –  Alexandra Podeanu von saftfabrik
Mittwoch, 2. Dezember 2009VonYvonne Ortmann

Die deutsche Online-Gründerszene ist ein Männerverein. Auf Kongressen, Tagungen und sonstigen Branchenhöhepunkten sind Frauen die große Ausnahme. Aber es gibt sie! Jeden Mittwoch stellt deutsche-startups.de in der Reihe “Gründerinnen” eine interessante, wichtige oder erfolgreiche Web-Unternehmerin vor.

Das Bauchgefühl war ihr von Anfang an wichtig: Die begeisterte Saft-Trinkerin Alexandra Podeanu hat das Mixparadies saftfabrik (www.saftfabrik.de) gegründet und bei ihren Entscheidungen oftmals aus dem Bauch heraus gehandelt. “Was nicht heißt, dass ich nicht auch viel geplant und recherchiert hätte – ich bin ziemlich perfektionistisch veranlagt”, verrät die Berliner Unternehmerin. Diese Kombi war ihr seit jeher ein guter Berater. Die Entscheidung, nicht Psychologie sondern BWL zu studieren, hatte hingegen rationale Gründe: “Ich wusste, ich will in die Wirtschaft.” Nach dem Studium mit Schwerpunkt E-Commerce landete Podeanu zunächst bei Air Berlin, dann bei zanox und schließlich bei Spreadshirt, wo sie als Produktmanagerin arbeitete. Dann kam die Idee zu Saftfabrik: “Eine Kurzschlussentscheidung”. Das erste, was stand, war der Name. Podeanu ist überzeugt davon, dass erfolgreiche Gründungen aus den eigenen Bedürfnissen heraus entstehen. Ihre bisherige Erfahrung lautet: “Schauen was kommt, die Sache weiter verfolgen und vollen Einsatz zeigen. Der Rest kommt dann schon. Bloß nicht sitzen bleiben und verbissen auf die richtige Idee warten.” Nachdem die Idee stand, holte sie sich Mitgründerin Ana Druga und Programmierer Thomas Förster mit ins Boot. Im Januar 2008 ging es offiziell los.

Das Konzept von saftfabrik heißt Customized Food: Aus rund 30 Zutaten können Kunden ihren individuellen Saft mixen oder fertige Mischungen wählen. Eine halbe Literflasche “Beach Baby” kostet 5,50 Euro, innerhalb Berlins werden die Vitaminbomben sogar geliefert. Ansonsten kommen Versandkosten ab 3,90 Euro hinzu. Längst ist der Endkunde nicht mehr der einzige Geschäftspartner von saftfabrik: “Zweidrittel unseres Geschäftes läuft Business to Business.” Die Saftproduzentin beliefert nämlich auch gastronomische Betriebe und Firmen, die den Saftflaschen auf Wunsch hin ein Co-Branding verpassen können. Begeistert ist Podeanu vor allem davon, dass ihre Säfte schmecken wie die Zuhause: keine Konservierungsstoffe, keine Pastorisierung. Eine Tatsache, die den entscheidenden Unterschied zu verschiedenen Mitbewerbern ausmacht. Demnächst sollen entsprechend der Nachfrage auch Bio-Säfte und eine Kindersaftlinie den Saftmarkt bereichern.

“Frauen und Männer haben unterschiedliche Streitkulturen”

Der Schritt, inmitten der Krisen-Hochphase zu gründen, war schwierig aber nach anfänglicher Bauchentscheidung gut durchdacht. “Uns war klar, dass wir mit unserer Budgetplanung sehr vorsichtig vorgehen müssen. Wir haben uns für den Anfang keinen millionenschweren Investor ins Boot geholt.” Statt dessen halfen drei Business Angels mit verhältnismäßig kleineren Beträgen bei der Realisierung. Heute kann saftfabrik auf mittlerweile 1.200 Bestellungen von Endkunden zurückblicken, 50 Veranstaltungen hat das Team beliefert sowie 15 regelmäßige “Offline-Kunden”. Darauf ist sie stolz, denn ihr Vorhaben wurde zunächst von vielen Seiten belächelt. Im Nachhinein findet sie das nicht schlimm: “Wenn man als Frau unterschätzt wird, kann man durch Kompetenz überzeugen!” Gerne hätte sie noch etwas weibliche Verstärkung innerhalb der Entrepreneurszene. Sie kennt zwar einige Gründerinnen, diese sind aber fast ausnahmslos “One-Man-Unternehmen”, zum Beispiel selbständige Designerinnen. Podeanu ist jedoch überzeugt, dass sich das Verhältnis durch die Veränderungen im Gesellschaftsbewusstsein weiter ändern wird. Ihre Sorge ist eine andere: “Ich hoffe sehr, dass das Verhältnis nicht kippt!” Denn eine Ausgeglichenheit wäre doch sehr erstrebenswert. “Frauen und Männer haben unterschiedliche Streitkulturen und Herangehensweisen, um Probleme zu lösen. Darin sollten wir uns ergänzen.”

Zur Person
Alexandra Podeanu, Jahrgang 1978, studierte BWL an der Universität in Frankfurt am Main und an der Humboldt Universität in Berlin. Ihre Diplomarbeit beschäftigte sich mit dem Thema “Brand Strategy for Web Services Business Models”. Nach dem Studium arbeitete sie unter anderem bei Air Berlin, Zanox und Spreadshirt. Ende 2008 kam Podeanu auf die Idee, frische Säfte herzustellen und diese über das Internet zu verkaufen. Anfang 2009 öffnete die Berliner Saftfabrik ihre Tore.

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Yvonne Ortmann

Seit Mai 2009 schreibt Yvonne für deutsche-startups.de Gründerportraits, Start-up-Geschichten und mehr – ihre besondere Begeisterung gilt Geschäftsideen mit gesellschaftlich-sozialer Relevanz. Sie tummelt sich auch im Ausland – immer auf der Suche nach spannenden Gründerpersönlichkeiten und Geschäftsideen.