15 Fragen an Anna-Lena Mibach

HappyCar – “Hatten immer das Ziel, uns abzugrenzen”

Jeden Freitag beantwortet ein Gründer oder eine Gründerin unseren standardisierten Fragebogen. Der Fragenkatalog lebt von der Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Fragen, die alle Gründerinnen und Gründer beantworten müssen – diesmal antwortet Anna Lena Mibach von Happycar.
HappyCar – “Hatten immer das Ziel, uns abzugrenzen”
Freitag, 5. August 2016VonChristina Cassala

Was bedeutet es Ihnen, Ihr eigener Chef zu sein?
Gerade wenn man von erster Stunde an in einem Unternehmen ist, bekommt man natürlich hautnah mit, wie sich alles entwickelt. Man kennt jeden Winkel – im übertragenen Sinne – und ist einfach Teil des Ganzen. Deshalb weiß man auch genau um die Stärken und Schwächen, kann als Chef genau daran arbeiten und die Dinge entsprechend vorantreiben. Das ist wahnsinnig motivierend. Außerdem ist es toll, sich sein eigenes Team aus Leuten zusammenzustellen, von denen man überzeugt ist. Ich weiß meistens sehr schnell, ob jemand passt oder nicht. Und ein gutes Team, bei dem alle an einem Strang ziehen, ist enorm wichtig, um ein Start-Up nach vorne zu bringen.

Bei welcher Gelegenheit kam Ihnen die Idee zu Ihrem Start-up?
Vor HappyCar war ich schon bei Solegro für das Business Development zuständig. Das ist ein Preisvergleich für Jugendreisen. Dort habe ich sehr gute Einblicke in das Geschäftsmodell Metasuche bekommen. Und der Markt für einen Mietwagenvergleich, gerade mit weltweitem Fokus, bietet sich absolut an. Deutsche oder Spanier oder Franzosen mieten sich ja nicht nur im eigenen Land einen Mietwagen, sondern vor allem im Ausland, weil dort der eigene Wagen nicht zur Verfügung steht. Dazu noch ein heimischer Service, auf den auch im Ausland zurückgegriffen werden kann, waren die ausschlaggebenden Überlegungen für die Ausrichtung von HappyCar.

Woher stammte das Kapital für Ihr Unternehmen?
HappyCar konnte von Anfang an auf die Unterstützung von mehreren Business Angels und VCs aus dem erweiterten Umfeld zählen. In unserer letzten Finanzierungsrunde im September 2015 sammelten wir insgesamt ein Invest in Höhe von 1,39 Millionen Euro ein. Unter anderem beteiligte sich dabei Swoodoo-Gründer Wolfgang Heigl.

Was waren bei der Gründung Ihres Start-ups die größten Stolpersteine?
Ein Unternehmen zu gründen, aus dem Nichts aufzubauen und dann damit erfolgreich zu werden, ist niemals einfach. Als Metasuchmaschine für Mietwagen gab es auf dem deutschen Markt bereits ziemlich große Konkurrenz. Doch wir hatten immer das klare Ziel vor Augen, uns abzugrenzen. Indem wir alle relevanten internationalen aber auch lokalen Mietwagenanbieter und –broker als Partner gewinnen und unseren Kunden einen richtig guten Service bieten. Außerhalb Deutschlands gibt es ein solches Angebot nicht, da decken wir eine extreme Marktlücke – denn der Bedarf an einem Vergleich der Preise und Konditionen für Mietwagen ist auch in Spanien, Frankreich, Italien oder den Niederlanden absolut gegeben.

Wir wollen für Reisende in allen HappyCar-Märkten weltweit einfach die besten Angebote für Mietwagen finden, helfen bei der Buchung und sind der Ansprechpartner, wenn es doch mal Probleme gibt. Heute sind wir bereits das größte europaweite Mietwagenportal und erreichen Kunden in Deutschland, den Niederlanden, Spanien, Frankreich, Italien und Polen.

Was würden Sie rückblickend in der Gründungsphase anders machen?
Klar kann man rückblickend immer sagen, dass man dieses oder jenes hätte besser machen können. Den Aufbau eines Inhouse IT-Teams hätten wir dann wahrscheinlich von Anfang an schneller vorangetrieben, was uns gerade am Anfang Zeit gespart hätte und wir dementsprechend früher hätten live gehen können. Aber probiert nicht jedes Unternehmen zu Beginn Dinge aus? Das ist aus meiner Sicht auch absolut notwendig, um danach zu wissen, welche Strategien funktionieren und welche nicht – und vor allem warum. Wenn man alles im Voraus wüsste, könnte man zwar gleich einen effizienteren, direkteren Weg einschlagen, würde Fehler aber vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt machen, an dem sie dann schmerzlicher sind.

Jedes Start-up muss bekannt werden. Welche Marketingspielart ist für Sie besonders wichtig?
Nachdem sich unser Geschäftsfeld eindeutig im E-Commerce bewegt und zudem die Zielgruppe sehr groß ist, lässt sich HappyCar Performance Marketing schön hochbringen und ist gleichzeitig sehr skalierbar. Langfristig wollen wir aber natürlich den organischen Traffic erhöhen. Insbesondere über eine höhere Medienpräsenz und den Ausbau der owned media Kanäle.

Entscheidend dabei ist dann ebenfalls eine gut funktionierende Webseite ebenso wie ein absolut zufriedenstellender Service. Gerade im Bereich der UX entwickelt sich derzeit alles sehr schnell, jeden Tag gibt es neue Erkenntnisse und Meinungen. Einiges davon gepaart mit unseren eigenen Erfahrungen und Testergebnissen setzen wir derzeit um. Bald kann also ein kleines Update unserer Webseite erwartet werden.

Welche Person hat Sie bei der Gründung besonders unterstützt?
An dieser Stelle nur eine Person zu nennen wäre viel zu kurz gegriffen und unfair. Jetzt fühle ich mich wie eine Oscar-Gewinnerin oder Buchautorin, die immer eine extrem lange und dann ja schon gekürzte Liste wiedergeben. Spaß beiseite, von Beginn an hatten wir bei HappyCar tolle Unterstützung von einzelnen Personen, Investoren aber auch Unternehmen aus unserem Netzwerk.

Welchen Tipp geben Sie anderen Gründern mit auf den Weg?
Auch wenn es mal stressig wird, sollte man nicht an der Qualität der Arbeit und des Produkts sparen. Manchmal ist sinnvoll, etwas mehr Zeit in die Ausarbeitung zu stecken, statt mit einem unfertigen Produkt an den Start zu gehen. Und sich nicht aus der Ruhe bringen lassen, wenn etwas nicht so funktioniert, wie es auf dem Papier ausgearbeitet wurde.

Als Gründer muss man flexibel bleiben. Gerade aber nicht nur am Anfang sind außerdem gute Mitarbeiter wahres Gold wert. Ein guter Draht zwischen allen ist extrem wichtig, denn gerade in einem Start-up müssen alle bereit sein, mit anzupacken und über ihren Aufgabenbereich hinausschauen und denken. Dabei darf der Spaß nicht zu kurz kommen.

Sie treffen den Bundeswirtschaftsminister – was würden Sie sich für den Gründungsstandort Deutschland von ihm wünschen?

Auch wenn die Bedingungen in Deutschland schon ganz gut sind: Wir müssen aufpassen den Anschluss nicht zu verlieren. Gerade im IT- und Digitalisierungs-Bereich besteht noch Nachholbedarf. Besonders erfreulich ist aber der Mentalitätsshift in Bezug auf die Attraktivität von Start-Ups als Arbeitgeber an Stelle großer, etablierter Unternehmen.

Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up gegründet hätten?
Darüber habe ich mir ehrlich gesagt noch nie Gedanken gemacht und kann es mir gar nicht wirklich anders vorstellen.

Bei welchem deutschen Start-up würden Sie gerne mal Mäuschen spielen?
Am ehesten vermutlich bei der Konkurrenz, um zu sehen, was sie anders machen und wo wir uns noch etwas abschauen könnten – oder aber eins der Food Start-ups, um sich mal einen Tag durchprobieren zu können.

Sie dürften eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reisen Sie?
Eine schwierige Frage! Ich denke, dass man aus der Vergangenheit viel lernen kann, allerdings würde mich doch auch die Zukunft sehr interessieren. Ich denke, einfach mal kurz 50 Jahre vorspulen, um zu sehen, wie sich alles weiterentwickelt – das wäre definitiv sehr spannend.

Sie haben eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machen Sie mit dem ganzen Geld?
Einen Teil des Geldes würde ich sicherlich ins Unternehmen investieren. Den Rest des Geldes würde ich in ein Programm zur Förderung von Gründerinnen stecken, da trauen sich immer noch viel zu wenige Frauen.

Wie verbringen Sie einen schönen Sonntag?
Ich mache gerade berufsbegleitend einen MBA. Das heißt, an den Wochenenden versuche ich vor allem meinen Lernplänen gerecht zu werden. Deshalb finde ich gerade allein die Aussicht auf einen sonnigen Sonntag, an dem ich keine Dinge absolut dringend abarbeiten muss, in den Alsterkanälen Kayak fahren und danach mit Freunden Grillen könnte, sehr verlockend.

Mit wem würden Sie sich gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
Mit der Queen. Zum Tea.

Im Fokus: Weitere Fragebögen in unserem großen Themenschwerpunkt 15 Fragen an

Zur Person:
Anna Lena Mibach ist seit Beginn bei HappyCar und verantwortet als Chief Operations Manager die Bereiche Business Development, Operations und Produktmanagement. Nach ihrem International Business Studium sammelte Anna Lena Mibach operative Erfahrungen im Bereich Business Development bei der Solegro GmbH, bevor sie 2012 für den E-Commerce- Bereich zu HappyCar wechselte.

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Christina Cassala

Christina Cassala, Redakteurin bei deutsche-startups.de, war schon zu ihren besten Uni- Zeiten in den 90er Jahren journalistisch tätig. Gleich nach dem Volontariat arbeitete sie bei einem Branchenfachverlag in Hamburg, ehe sie 2007 zu deutsche-startups.de stieß und seither die Entwicklungen der Start-up Szene in Deutschland mit großer Neugierde beobachtet.