Start-ups auf Mallorca

Mallorca: “Viele Gründer sind Auswanderer”

Von der einstigen Putzfraueninsel hin zu einer der beliebtesten Urlaubsziele der Deutschen - Mallorca hat in den letzten 30 Jahren eine enorme Wandlung hingelegt. Derzeit entwickelt sich auf der Insel eine aufstrebende Start-up Szene. Zur besseren Vernetzung der Startups gründete Wieland Lindenthal Mallorca Startups.
Mallorca: “Viele Gründer sind Auswanderer”
Donnerstag, 4. August 2016VonChristina Cassala

Der Deutschen liebste Insel ist und bleibt seit Jahren Mallorca. Neben Traumstränden und dem meist immer guten Wetter entwickelt sich auf der Insel derzeit eine aufstrebende Start-up Szene. Gründ hierfür sind die internationalen Kontakte, regelmäßige Flugverbindungen nach ganz Europa, beste Kontakte zur Tourismusindustrie, einen Technologiepark im Norden Palmas (Parcbit) und zahlreiche gut ausgebaute Coworking Spaces. Schlussendlich dürfte auch die vermutlich gute Work-Life Balance dazu beitragen. Wieland Lindenthal von Mallorca Startups spricht im Interview mit deutsche-startups.de über Chancen, Auswanderer und Tourismus.

Seit wann gibt es Mallorca Startups?
Die Webseite MallorcaStartups.com habe ich letztes Jahr im Frühling, ich glaube März, registriert und aufgesetzt. Das war der Start.

Vor welchem Hintergrund wurde es gegründet?
Für unser Startup jobMapp, einem Marktplatz für lokale Dienstleistungen, waren wir gerade auf Investorensuche. Ich fragte mich, wie die vielen potentiellen Investoren, die auf der Insel residieren, überhaupt auf uns aufmerksam werden können. Ich stellte mir also vor, ich wäre reich, auf der Insel und gelangweilt. Also tippte ich „Mallorca Startups“ in Google und fand eigentlich nichts Relevantes. Die Domain war zu meiner Überraschung noch frei. 30 Minuten später hatte ich die Domain registriert und einen Tumblr-Account dahinter geschaltet. Mir war klar, dass die Seite auf Englisch sein muss, denn Spanisch ist nicht für alle Residenten selbstverständlich. Bei unserer Arbeit an jobMapp haben wir viele Kontakte gemacht und immer wieder festgestellt, dass die vielen Initiativen noch nicht richtig zusammengebracht und kommuniziert werden. Daher haben wir dieses Jahr unsere Community-Arbeit intensiviert. Und das Echo, dass wir dazu erhalten, ist großartig.

Was genau sind eure Aufgaben?
In erster Linie geht es darum, Aufmerksamkeit für das hiesige Start-up-Ökosystem zu erzeugen. Da ist viel nachzuholen. Und dann geht es auch schon gleich los, wirklich Chancen für einfachsten Austausch und Kollaborationen auf der Insel zu identifizieren. Dazu veranstalten wir unter anderem Events, bei denen es neben Präsentationen auch reichlich Zeit fürs Kennenlernen gibt. Gerade was die Arbeit mit der Presse anbelangt, haben wir gemerkt, dass wir gemeinsam mehr erreich können.

Wie viele Gründer gibt es auf Mallorca?
Wir kennen ja natürlich nur diejenigen kennen, die sich bereits engagieren. Das sind so zwischen 20 und 30 Start-ups. Ich glaube jedoch, dass weit mehr sein dürften. Denn viele kommen auf die Insel um an einem schönen Ort zu arbeiten und rechnen gar nicht damit, dass es noch mehr Start-ups hier gibt. Viele Gründer sind Auswanderer. Die meisten Teams sind fast immer bunt. Denn das Recruiting erfolgt meist international. Da Mallorca als wunderschöne Insel natürlich auch für Arbeitnehmer attraktiv ist. Viele nehmen dafür auch in Kauf, dass sie weniger verdienen, als beispielsweise in Berlin.

Welche Business-Ideen gibt es auf der Insel?
Natürlich haben super viele Firmen irgendwie mit Toursimus zu tun. TUI, Iberostar, Barcelo, Riu, AirEuropa sind internationale Größen, in deren Umfeld sich viel entwickelt, darunter HundredRooms, HotelBeds und Trivago. Auch ist Mallorca eines der wichtigsten internationalen Zentren für Yacht-Maintenance. Also auch rund um Nautic tummeln sich einige Firmen. Es gibt aber auch andere internationale Player hier, die nichts mit Tourismus zu tun haben, wie beispielsweise Habitissimo. Das ist das „MyHammer“ in Spanien, Italien und Latein-Amerika. Ezebee hingegen eine internationale Social-Shopping-Platform. Auch mit unserem Start-up „jobMapp“, einem Markplatz für lokale Dienstleister rund ums Haus, haben wir ziemlich schnell den Sprung über den Atlantik gewagt. Mexico City ist bereits vor Madrid und Barcelona unser wichtigster Markt.

Wie gut ist die Vernetzung innerhalb der Szene?
Die Vernetzung war sehr schlecht. Das Gute ist, dass sich eigentlich alle vernetzen wollen. Wir haben mit MallorcaStarups einen Nerv getroffen. Man muss bedenken, dass Spanien generell in nahezu allen Bereichen international hinterher hinkt. Daher erwarten es viele gar nicht, dass direkt bei ihnen so viel los ist. Unsere Kommunikationsarbeit ändert das spürbar. Immer wieder merken wir, wie überrascht sogar die lokalen Medien sind, was für ein Tummelplatz pragmatischer Querdenker diese Insel ist.

Welche Coworking Spaces oder Acceleratoren/Inkubatoren gibt es auf Mallorca?
Als ich vor etwa sechs Jahren auf die Insel kam hatte ich großes Glück. Ich war, soweit mir bekannt ist, der erste Co-worker im ersten Co-working hier in Palma. Seitdem sind viele Spaces hinzugekommen. Auch hat sich sogar die Stadt selbst einen Coworking-Space zugelegt, in welchem man als in Spanien registriertes, junges Unternehmen ziemlich günstig unterkommen kann. Inkubatoren gibt es leider noch nicht so viele. ParcBit, ein Gründerpark direkt neben der Universität gelegen, bietet einen solchen an. Die Anmeldung ist ziemlich einfach.Ich persönlich erwarte, dass sich in der nächsten Zeit noch einiges in dem Bereich entwickeln wird. Auf unseren Events poppt das Thema bereits immer wieder hoch.

Wie gut beurteilst du die Finanzierungssituation auf der Insel?
In Mallorca reiht sich nicht ein VC-Büro neben das andere. Ganz anders sieht es jedoch in Bezug auf Business-Angels aus. Die Dichte an wohlhabenden Menschen ist sehr hoch. Mit etwas Networking kommt man schon in die entsprechenden Kreise. Bei jobMapp habe ich unseren BA über einen Kontakt beim Schwimm-Training gefunden. Da waren wir sehr überrascht, wie leicht das ging. Seit neuestem gibt es mit InnoBAN auch auf der Insel eine Initiative, die BAs zusammenführen möchte. Mit ihnen arbeiten wir eng zusammen.

Welche Vorteile bietet Mallorca für ein Gründungsvorhaben?
Sonne, Meer und Berge – warum soll man nicht dort leben, wo andere Urlaub machen, wenn das Business ohnehin digital ist? Auf dem Arbeitsmarkt ist Mallorca als Standort attraktiv, da viele Menschen an einem sonnigen Ort möchten. Gleichzeitig sind die Gehälter moderat. Natürlich ist hier im Bereich Tourismus sehr viel los. Es ist der perfekte Ort, um seine Produkte zu testen, sowohl B2C als auch B2B. Genauso verhält es sich im Nautic-Bereich. Darüber hinaus ist Mallorca unglaublich gut angebunden. Es gibt täglich Flüge in alle Teile Europas. In einige deutsche Städte sogar mehrere am Tag. Ich bin heute schneller aus Mallorca bei meiner Mutter in Schleswig, als früher aus Berlin.

Und welche Nachteile gibt es?
Wenn sich ein Business in Richtung Series A bewegt, wird es hier lokal noch etwas schwierig. Da fliegt man dann für „Vorsingen“ recht häufig nach Barcelonal, Madrid, London oder Berlin. Aber gut, hier sind wir noch am Anfang.

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Foto: Cathedral of Palma de Majorca from Shutterstock

Christina Cassala

Christina Cassala, Redakteurin bei deutsche-startups.de, war schon zu ihren besten Uni- Zeiten in den 90er Jahren journalistisch tätig. Gleich nach dem Volontariat arbeitete sie bei einem Branchenfachverlag in Hamburg, ehe sie 2007 zu deutsche-startups.de stieß und seither die Entwicklungen der Start-up Szene in Deutschland mit großer Neugierde beobachtet.