Hier ist der Kunde nicht König

Number26 wirft Kunden raus und versagt bei Krisen-PR

Gute Krisen-PR geht anders! Number26 verärgert mit Kündigungen mal eben einige Hundert Kunden und - was noch viel schlimmer ist - verunsichert damit auch andere Kunden. Number26 vergisst dabei einen wichtigen Punkt: Der Kunde ist immer König. So agiert das Start-up fast wie eine normale Bank.
Number26 wirft Kunden raus und versagt bei Krisen-PR
Donnerstag, 2. Juni 2016VonAlexander Hüsing

Das Hype-Start-up Number26 zieht sich den Unmut unzähliger User zu. Ohne Angabe von Gründen kündigte das junge Unternehmen in den vergangenen Tagen Hunderten Kunden das Konto. Zu den Gründen schwieg die FinTech-Firma zunächst vehement. Dann kam eine plumpe sowie wortreiche aber trotzdem wortkarge “Stellungnahme zu aktuellen Kontokündigungen”. Darin war dann dies zu lesen: “Wir sind eine der am stärksten wachsenden Girokontoanbieter in Europa. Jeder Kontoanbieter hat im Rahmen der gesetzlichen Voraussetzungen die Möglichkeit Kunden zu kündigen. Auch wir müssen von Zeit zu Zeit Kontoverbindungen auflösen”.

Die betroffenen Kunden wird es dabei am wenigsten interessieren, dass Number26 “eine der am stärksten wachsenden Girokontoanbieter” ist. Keine Ahnung, warum ein Unternehmen der Presse und seinen Kunden erst einmal berichten muss, wie groß und mächtig es ist. Der Kunde ist König und Unternehmen sollten deswegen immer Demut zeigen. Die Mitteilung von Number26 ist aber noch nicht zu Ende! “Die aktuellen ordentlichen Kündigungen betreffen wenige Hundert Konten. Im Verhältnis zu unserem Wachstum ist die Anzahl der Kontokündigungen unwesentlich”. Mag sein, die betroffenen Kunden werden es aber nicht gerne sehen, dass sich das Unternehmen nicht für sie interessiert.

Erst jetzt kommt eine Entschuldigung von Number26: “Grundsätzlich bedauern wir jede ausgesprochene Kündigung”. Wie geschrieben: Der Kunde ist König udn Demut ist dabei ein guter Weg. Der nächste Satz verdeutlicht dann aber wieder das komplette Versagen des Start-ups in Sachen Krisen-PR: “Jede Kündigung hat einen Grund. Die individuellen Gründe können wir allerdings aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht kommentieren”. Als Unternehmen könnte man aber hingehen und versuchen, diese Gründe allgemein zu erklären. Etwa mit hohen kosten für Kunden, die das Konto zu oft nutzen. Kündigungen ohne Begründung auszusprechen ist einfach ein ganz schlechter Stil.

In einem Artikel der Süddeutschen Zeitung heißt es zum Thema: “Branchenexperten halten für denkbar, dass Number26 gezielt solche Kunden aussortiert, die besonders hohe Kosten verursachen, etwa weil sie häufig Geld abheben. Vorstellbar sei aber auch, dass sich das Fintech im Gegenteil von jenen Kunden trennt, die das Konto überhaupt nicht nutzen – dagegen spricht allerdings der Aufschrei in den sozialen Netzwerken”. Stimmt. Die Zahl der Kunden, die den Schritt nicht nachvollziehen können ist hoch. Dies werden kaum User sein, die Number26 nicht nutzen.

Ein Nutzer schreibt auf der Facebook-Seite von Number26 etwa: “Habt ihr eigentlich ‘nen Knall? Schon Ende letzten Jahres erhielt ich eine Mail, in der ich um die Reduzierung meiner Bargeldabhebungen gebeten wurde. Heute dann die Kontokündigung per E-Mail. Ihr fahrt gerade das gesamte Projekt vor die Wand. Unfassbar!”. Ein anderer Nutzer beschriebt das ganze Dilemma, in dem sich Number26 nun befindet: “Bitter, wie mit den Kunden hier umgegangen wird. Habe zwar keine Kündigung erhalten, aber nun trau ich mich auch nicht mehr Geld abzuheben! Sorry, so wird es auf ewig ein Spielkonto bleiben, aber für ein Gehaltskonto, nehme ich dann doch ein erwachsenes Unternehmen!”

Auch dieser Kommentar geht in eine ähnliche Richtung: “Schade Number26 mit der Gefahr einer Überraschungskündigung ‘weil wir es können’ will ich nicht leben. Muss euch dann leider verlassen. Fand die APP mega, aber so ist es leider”. Firmengründer Valentin Stalf kann die ganze Aufregung gar nicht verstehen – via Twitter verteidigte er die Kündigungen. Diese seien auch nicht abrupt erfolgt, jeder könne sein Konto noch zwei Monate nutzen. Auf jeden Fall sollte das Number26-Team mal an seiner Außenkommunikation arbeiten. Vielleicht sucht das Start-up deswegen derzeit auch einen Head of Public Relations.

Passend zum Thema: “Number26 und ‘Angels, die historische Opportunity’ sahen

Hausbesuch bei Number26

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ds-Haus- und Hoffotograf Andreas Lukoschek durfte sich Angang 2016 einmal bei Number26 umsehen – er fand unter anderem einen gelungene Finanz-Teppich. Einige Eindrücke gibt es in unserer kleinen, aber feinen Fotogalerie.

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Foto: Dark clouds before a thunder-storm from Shutterstock

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.