Zoff um Datenbank

Datendiebstahl: Emporis mahnt Building Radar ab

Das Münchner Start-up Building Radar positioniert sich als "preisgekrönte, benutzerfreundliche Suchmaschine für Bauprojekten". Das Hamburger Start-up Emporis mahnte das junge Unternehmen gerade wegen des Vorwurfs des illegalen Kopierens seiner Datenbank ab.
Datendiebstahl: Emporis mahnt Building Radar ab
Donnerstag, 19. November 2015VonAlexander Hüsing

Das Hamburger Start-up Emporis, ein Portfoliounternehmen von ICS, und das junge Münchner Start-up Building Radar liegen im heftigen Clinch. Nach Informationen von deutsche-startups.de mahnte Emporis Building Radar mit Unterstützung der Großkanzlei Hogan Lovells wegen des Vorwurfs des illegalen Kopierens seiner Datenbank ab. Dem Unternehmen zufolge wurden “im großem Stil und systematisch” circa 90 % der Gebäude-Datensätze der Emporis-Datenbank ohne Erlaubnis von Building Radar entwendet. Building Radar stand demnach anwaltlich zumindest bereits die teilweise Übernahme von 80.000 Datensätzen zu, versichert Emporis-Geschäftsführer Sven Schmidt.

Das Building Radar-Team will zum Sachverhalt nicht Stellung beziehen und verweist auf die laufende rechtliche Auseinandersetzung. Aus dem Umfeld des Start-ups ist nur zu hören, dass das Team den Eindruck habe, dass das etablierte Unternehmen Emporis Building Radar gezielt schaden wolle, so lange es noch klein genug sei. Emporis ging bereits 1996 an den Start. Das Unternehmen sammelt und analysiert Gebäudedaten. In der Datenbank der Firma sind gebäudebezogene Informationen aller Art versammelt. Die Datenbank ist somit das höchste und wichtigste Gut des Unternehmens. Die Daten stellte Emporis manuell in jahrelanger Kleinarbeit zusammen.

Ein gewisser Zwist zwischen Building Radar und Emporis schien vorhersehbar, so wie es halt ist, wenn ein neuer Konkurrent den Markt betritt, denn auch das junge Start-up sammelt Gebäudedaten, mit dem Ziel, diese an interessierte Kunden (Firmen aus den Segmenten Neubau oder Instandhaltung von Gebäuden) zu verkaufen. Man könnte somit das beliebte Bild von Kampf Davids gegen Goliaths bemühen. Das Bild ist aber falsch, den David hat keinen Crawler programmiert, um Goliath mit seinen eigenen Daten Konkurrenz zu machen.

Und der Zwist ist für Emporis-Macher Schmidt noch lange nicht vorbei: “Datenbankdiebstahl ist kein Kavaliersdelikt. Zum einen ist das ein Straftatbestand, mit dem sich die Staatsanwaltschaft beschäftigen wird, zum anderen werden wir zivilrechtlich gegen Building Radar sowie die Geschäftsführer Paul Indinger und Leopold Neuerburg vorgehen. Wir können nachweisen, dass fast unsere gesamte Datenbank von Building Radar übernommen wurde, weit mehr als die zugestandenen 80.000 Datensätze”. Den Emporis-Machern zufolge besteht fast die gesamte Datenbank von Building Radar aus Emporis-Datensätzen. Die anderen Datensätze seien von einer Berliner Firma entwendet worden. Dementsprechend müsse man von Vorsatz sprechen, sagt Schmidt knallhart. Die Fronten sind somit ziemlich verhärtet – letztendlich muss Schmidts sehr harte Aussage die Staatsanwaltschaft klären. Zumal Building Radar sich derzeit nicht zum Vorfall äußert. Es ist aber auf jeden Fall bemerkenswert, dass Schmidt derartige Aussagen öffentlich vertritt.

“Solche Daten kann man per Definition auch nicht per Satelliten-Technologie – wie von Building Radar auf der Homepage behauptet – erfassen”, ist sich Schmidt sicher. “Ich hätte mich als Investor oder Mitglied einer Jury mal gefragt: Woher hat Building Radar eigentlich die über eine Million Datensätze?” Damit spielt der Emporis-Macher auf die Investoren von Building Radar an – die Business Angels Sebastian Johnston und Florian Huber sowie das bekannte Unternehmen Viessmann (2,2 Milliarden Euro Umsatz im Jahr), aber auch den German Accelerator, der Building Radar ins Silicon Valley schickt. Gerade der gesponserte Trip in die USA scheint fragwürdig, da Building Radar offenbar bereits die Übernahme von 80.000 Datensätzen zugestanden hat.

Building Radar positioniert sich als “preisgekrönte, benutzerfreundliche Suchmaschine für Bauprojekte”. “Die Datenrecherche erfolgt mittels satellitengestützter Suchalgorithmen, Machine Learning und Data Mining”, sagte Mitgründer Neuerburg im Sommer im Gründerinterview mit deutsche-startups.de. Warum das Start-up dann aber zumindest teilweise Datenbankeinträge von Emporis in seine Plattform einbaute, bleibt bei dieser innovativen satellitengestützten Arbeit offen. Wenn das Building Radar-System denn tatsächlich so funktioniert wie beschrieben.

Gespräche zwischen Emporis und Building Radar gab es übrigens keine. Emporis setzt einzig auf die Anwaltsschiene. “Wir haben in Deutschland klare Gesetze betreffend diese Thematik und ein funktionierendes Rechtssystem – es kann nicht sein, dass man es mal so versucht, und glaubt, sich einfach so einigen zu können, wenn man erwischt wird”, sagt Schmidt trocken. Das hört sich nach viel Ärger für Building Radar und die Geschäftsführer an. Building Radar wurde von Emporis aber auch bereits wegen anderer Dinge abgemahnt – etwa wegen Fehlern im Google+-Impressum und falschen Testimonials. Insgesamt klingt die ganze Nummer, besonders die Datenbankgeschichte, ein bisschen wie bei Lieferheld. Das Start-up bediente sich einst bei Pizza.de, wurde erwischt und betraft – siehe “Lieferheld ganz unheldenhaft: Strafbefehl gegen Führungsteam erlassen“.

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Foto: Two professionl boxers are fighting on the grand arena from Shutterstock

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.