Finanzmetropole und FinTech

Frankfurt = Ökosystem mit hoher Finanzkompetenz

Frankfurt ist die größte Stadt in der Region, und zählt mit den beiden weiteren bedeutenden Städten Mainz und Wiesbaden insgesamt 5,5 Millionen Einwohner. Durch eine Teilnahme an den vielen regelmäßigen Treffen kann jeder einen Einstieg in die Gründerszene finden.
Frankfurt = Ökosystem mit hoher Finanzkompetenz
Donnerstag, 24. September 2015VonTeam

Fragt man nach der Finanzmetropole Deutschlands, lautet Antwort unweigerlich: Frankfurt. Die Bankentürme der Mainmetropole verraten es – hier sitzt das Geld! Mit der Europäischen Zentralbank (EZB), der Europäischen Bankenaufsicht (SSM), der Europäischen Behörde für Versicherungsaufsicht (EIOPA), vieler nationaler und internationaler Banken und der Frankfurter Börse und der größten Central Counterparty weltweit, hat Frankfurt eine internationale Bedeutung. Bleibt dieser Eindruck auch bestehen, wenn daher auch nach dem FinTech-Hub Deutschlands gefragt wird? Woher kommen eigentlich die Innovationen der Finanzbranche in Deutschland? Schließlich ist für FinTech-Startups ein starkes Ökosystem mit hoher Finanzkompetenz vorhanden.

Frankfurt ist mehr als die Bankenstadt am Main

Start-ups? Die werden doch eigentlich den starken Standorten wie Berlin, München oder Hamburg zugeordnet. Finanzhochburg Frankfurt? Weit abgeschlagen. Ein Einblick in die Frankfurter Startup-Szene jedoch beweist, dass sich die Metropolregion nicht verstecken muss – siehe auch “20 Frankfurter Start-ups, die man kennen sollte” und “Für welche Gründer Frankfurt der bessere Standort ist“.

Frankfurt ist die größte Stadt in der Region, und zählt mit den beiden weiteren bedeutenden Städten Mainz und Wiesbaden (immerhin zwei Landeshauptstädte) insgesamt 5,5 Millionen Einwohner. Damit ist sie die drittgrößte Metropolregion in Deutschland hinter Rhein-Ruhr und Berlin! Standortvorteil auch: Frankfurt ist einer der wichtigsten Internetknotenpunkte Europas! Hinzu kommen gute Anbindungen mit Bahn und Auto und – nicht zu vergessen – der größte Flughafen auf dem europäischen Festland mit Destinationen in alle Himmelsrichtungen zusammen.

Innovation-Map gibt Einblicke

Die Innovation Map, herausgegeben durch den Unibator an der Goethe-Universität, hat es sich seit einigen Monaten zur Aufgabe gemacht, einen Überblick der Start-ups und des Ecosystems in der Region zu schaffen. Aktuell werden noch 120 Start-ups gelistet, 20 davon sind FinTech-Start-ups! Die Map benennt eine wesentliche Stärke für diese Region, die das Ansiedeln von FinTech-Unternehmen interessant macht: Es gibt sehr viele lokal ansässige Weltkonzerne und Mittelständler, die auf der Suche nach tragfähigen Geschäftsmodellen für die Zukunft sind und dabei erkannt haben, dass ohne Innovation die Basis ihres Geschäfts bedroht ist. Viele davon sind offen für Start-ups und zeigen hohes Engagement bei der Unterstützung junger Gründer.

Kapital ist vorhanden

Durch die bestehenden Unternehmen am Markt, altansässige Kapitalgeber, darunter Aurelia und Creathor Ventures sowie die in den letzten Jahren entstandenen Finanzierungspartner, beispielsweise der Main Incubator, CommerzVentures und Gründermaschine, gibt es für verschiedene Phasen der Unternehmensentwicklung mögliche Partner direkt vor der Haustür. Zudem befindet sich in Frankfurt der Sitz des größten BusinessAngels-Netzwerks in Deutschland (BusinessAngels FrankfurtRheinMain), welcher für Gründer auch regelmäßige Sprechstunden anbietet.

Zahlreiche regelmäßige Events

Über die letzten Monate und Jahre haben sich im Rhein-Main-Gebiet mehrere eigene Eventformate herausgebildet, die einen Austausch zu FinTech-Themen mit Gründern und Kapitalgebern in der Region ermöglichen. Dazu gehören Formate wie Excec I/O, Fin meets Tech, Between the Towers, FinTech Forum, FinTech-Meetup sowie das Aurelia VC-Meeting. Vermehrt sind aber auch Veranstaltungen international bekannter Formate in der Region anzutreffen: Product Hunt, Solve for X und Pitch-Termine des Startupbootcamps FinTech, um nur einige Beispiele zu nennen.

FinTechs aus Frankfurt/RheinMain

Weitgehend unter dem Radar der deutschen Gründerszene haben sich in Frankfurt/RheinMain einige Schätze heraus entwickelt. Besonders eindrucksvoll erscheint hier das aktuelle Beispiel von “360T Trading Network”, einem FinTech aus Frankfurt. Die Devisenhandelsplattform wurde von niemand geringerem als der Deutschen Börse für eine Summe von 725 Millionen Euro übernommen.

Ein weiteres Beispiel, dass in Frankfurt weitere spannende Start-ups aus dem FinTech-Bereich entstanden sind, ist auch die Forderungsplattform Debitos. Sie ist die erste und größte Börse dieser Art, über die Unternehmen offene Forderungen veräußern können. Unter anderem RI Digital Ventures und Paua Ventures GmbH sowie mehrere Business Angels sind in dem 2010 gegründeten Unternehmen investiert. Bisher wurden schon knapp eine Milliarde Euro an Forderungen und Krediten über die Debitos verkauft.

Das erste Investment der in Frankfurt gestarteten Commerzbank-Inkubations-Tochter Main Incubator ist das in Frankfurt und Mountain View (Kalifornien) ansässige Unternehmen Traxpay. Traxpays Software-Lösung ermöglicht es Unternehmen zu jeder Zeit, auf alle transaktionsrelevanten Daten zuzugreifen. Das Gesamtinvestitionsvolumen ihrer Series B-Finanzierung im September 2014 betrug 15 Mio. US-Dollar. Neben diesen Beispielen gibt es zahlreiche weitere hochinteressante FinTechs aus der RheinMain Region, wie Vaamo, savfie, United Signals und bettervest.

Eine der größten Herausforderungen: Hohes Kostenniveau

Frankfurter Universitäten und Hochschulen bringen Nachwuchs an Informatikern, Game Designern, Grafikern, Finanzexperten und vielen anderen Spezialisten hervor. Allerdings: die Konkurrenz ist durch die bestehenden Unternehmen und die zahlreichen Agenturen und Dienstleister sehr hoch. Ein Informatik-Absolvent wird mit Kusshand für hohe fünfstellige Jahreseinkommen eingestellt, ja häufig sogar schon vom Campus weg geworben, bevor der Abschluss in der Tasche ist.

Insbesondere FinTech-Unternehmen sollten die Bedeutung der richtigen Ausbildung und Fachkompetenz nicht unterschätzen. Daher: In Frankfurt finden sich die Programmierer und Fachleute mit dem richtigen Know-how. Von der Programmierung von Schnittstellen zum internationalen Zahlungsdienst SWIFT, über das Backtesting von High-Frequency-Trading-Stragien, bis hin zum erfahrenen Fondsbuchhalter sind alle Profile in Frankfurt zu finden. Insbesondere Fachkompetenz, Know-how des regulatorischen Umfelds und der Steuern ist in der Finanzbranche von immenser Bedeutung und Frankfurt hat hier mit weitem Abstand den größten Pool an Talenten.

Als junges Unternehmen fällt es mitunter nicht leicht, bei den hier üblichen Gehältern die nötige technische Kompetenz ins Haus zu holen. Weiterhin liegen die Mieten im Rhein-Main-Gebiet und in den umliegenden Gebieten verhältnismäßig hoch. Hier kann eine Ansiedlung im Umland sinnvoll sein, das dank der guten Infrastruktur die Anreise ins Finanzzentrum auch nicht länger werden lässt, als ein Trip von Kiez zu Kiez in Berlin.

Einstieg in die Gründerszene

Durch eine einfache Teilnahme an den vielen regelmäßigen Treffen kann jeder einen Einstieg in die Gründerszene finden. Insbesondere Meetup hat sich hier zu einem sehr wichtigen Tool entwickelt, über das sich z. B. der Frankfurter Gründerstammtisch und das FinTech-Meetup organisieren. Das nächste Event, findet übrigens vom 25. bis 27. September statt. Beim Startup Weekend Rhein-Main werden innerhalb von 54 Stunden Geschäftsideen mit Hilfe von Mentoren aus der Finanzbranche entwickelt.

Zu den Personen
Jörn Menninger ist Mitgründer und Moderator im Startup-Podcast startupradio.de und startuprad.io. Paul Herwarth von Bittenfeld ist Chief Product Officer der Social Intranet-Lösung Linchpin sowie Gründer und Betreiber von Rhein-Main-Startups.com.

Foto: frankfurt from Shutterstock