Firas Swidan - geboren am 24. Dezember

Good Morning, Tel Aviv – Good Evening, Nazareth!

Geboren in Nazareth am 24. Dezember, besuchte Firas Swidan nach der Grundschule eine Schule für Hochbegabte in Jerusalem und bekam so schon im frühen Alter die Chance, unter sowohl arabischen als auch jüdischen Mitschülern unterschiedliche Kulturen kennenzulernen.
Good Morning, Tel Aviv – Good Evening, Nazareth!
Mittwoch, 1. Juli 2015VonAndrea Frahm

Nazareth ist vielen hierzulande in erster Linie als Geburtsstätte Jesu aus der Weihnachtsgeschichte bekannt. Nazareth ist aber mehr als das. Nazareth ist eine Stadt im Norden Israels mit überwiegend arabischen Einwohnern und einer wachsenden Anzahl an Accelerator-Firmen wie z.B. das Nazareth Business Incubator Center (NBIC), mit der Mission, arabisch-israelische Startup-Entrepreneure aus dem Norden des Landes zu fördern. Ein bahnbrechendes MVP-Businessmodell, das nicht nur auf einer guten Idee und einem ausgeklügelten Algorithmus basiert, ist Geneway vom Wissenschaftler-Wunderkind Firas Swidan.

Geboren in Nazareth am 24. Dezember (kein Witz), besuchte Swidan nach der Grundschule eine Schule für Hochbegabte in Jerusalem und bekam so schon im frühen Alter die Chance, unter sowohl arabischen als auch jüdischen Mitschülern unterschiedliche Kulturen kennenzulernen. Nach einem Stipendium (für Hochtalentierte) und einem BA-Abschluss (Summa Cum Laude) am israelischen Technion-Institut ging es weiter mit einem Studium der Hirnforschung an der Hebrew University und einem Studium der Bioinformatik in München, bevor Swidan zurück in Israel am Technion promovierte. Es folgten Zwischenstationen bei Intel in Amerika sowie bei diversen Start-ups in Neuseeland.

Zurück in Nazareth, gründete Swidan auf der Basis seiner jahrelangen Forschungsarbeiten Geneway, eine App, die mit Hilfe von epigenetischen Bluttests und Fragen zum Lifestyle personalisierte Empfehlungen zur Verbesserung der Gesundheit erstellt (optimierte Ernährung, Diäten, Fitness-Übungen, etc). Die Idee klingt simpel, hinter dem Algorithmus stecken allerdings Swidans langjährige fundierte Forschungsstudien.

Obwohl Israel vor Kurzem die Einführung eines neuen Support-Programms für arabische Gründer angekündigt hat, ist Nazareth noch weit entfernt von einem etablierten Startup-Ecosystem wie im Start-up-Paradies Tel Aviv. Der nächste Schritt für Swidan ist daher, Investoren in USA und Europa zu finden und Geneway weiter auszubauen. Mir verriet er in einem inspirierenden Gespräch, wie es zu der Business-Idee kam und welche Schritte als Nächstes anstehen.

ds-Swidan

Wie oder wann entstand die Business Idee für Geneway?
Die Idee entstand während meiner diversen beruflichen Stationen in Israel und im Ausland. Nach all meinen Forschungsarbeiten entdeckte ich in Amerika und Neuseeland die Start-up-Welt und dachte mir, dass ich mit meinen breitgefächerten Erfahrungen ein nachhaltiges und revolutionäres Geschäftsmodell entwickeln könnte. Ausschlaggebend waren die zum Teil schlechten Blutergebnisse meiner Mutter, sowie die von Freunden und Familienangehörigen und von mir selbst. Ich dachte mir, dass es nicht sein kann, dass ich mit all meinem erlangten Wissen nicht in der Lage bin, meiner Mutter mit ihren gesundheitlichen Problemen zu helfen. – Ich entschied mich also, in dem Bereich aktiv zu werden und entwickelte einen Plan zur Verbesserung des Stoffwechsels, der auf einfachen Fragen bzw. Zutaten basiert, wie z.B. “Was esse ich, wieviel davon esse ich, welche sportlichen Aktivitäten übe ich regelmäßig aus”, etc.

Wir haben das Ganze dann an meiner Mutter getestet, die zum damaligen Zeitpunkt fünf verschiedene Medikamente einnahm, u.a. gegen Diabetes, hohen Blutdruck und Gastritis. Was soll ich sagen, ihr gesundheitlicher Zustand und auch die Blutergebnisse verbesserten sich signifikant, und nach nur sechs Monaten gab es keine Indikation mehr dafür, die Medikamente einnehmen zu müssen. Sie wurden abgesetzt.

Das klingt in der Tat wie ein Wunder, ist aber doch schwer nachvollziehbar. Wie genau können wir uns das vorstellen? Welche Blutwerte werden abgefragt?
Es basiert auf einem umfangreicheren Bluttest; ein kleines Blutbild reicht nicht aus. Es werden z.B. Hormonwerte geprüft, um ein evtl. vorhandenes Ungleichgewicht im Körper festzustellen und zu lokalisieren. Das Ganze wird abgerundet mit den bereits erwähnten speziellen Fragen zu den individuellen Lebensgewohnheiten. Es geht um epigenetische Ungleichgewichte und Veränderungen im Körper. Ungleichgewicht erzeugt Krankheiten. Genau da setzt Geneway an. Nicht mit Zauberkräutern, sondern mit einfach umsetzbaren Empfehlungen.

Die Idee, dies als Geschäftsmodell zu etablieren, entstand letztendlich dadurch, dass ich diese Tests mit mehr und mehr Freunden, Bekannten und Kollegen durchführte, und dass die erzielten Ergebnisse so vielversprechend ausfielen. Ich denke, dass Menschen – gerade im Hinblick auf die heutige Zeit, in der jeder mehr und mehr überlastet scheint – von dieser Idee profitieren können und dass es ihnen durch eine einfache Anpassung ihrer Lebensgewohnheiten gesundheitlich besser gehen kann, sowohl physisch als auch psychisch.

Gibt es ein Beispiel aus dem Kreis der Testpersonen, auf das du besonders stolz bist?
Ja, das gibt es! Ein über 80-Jähriger Mann mit Diabetes, der nach unserem Test und den ermittelten Empfehlungen sein Insulin absetzen konnte! Er wurde dabei natürlich überwacht von seinem Hausarzt. Aber die Tatsache, dass unser Körper sogar im hohen Alter in der Lage ist, sich zu reprogrammieren, ist fantastisch. Stell dir vor, was jüngere Menschen erreichen können und wieviel besser es ihnen gehen kann.

Du bist vielgereist, hast im Ausland studiert und gearbeitet – war es immer klar für dich, nach Nazareth zurückzukehren? Und wird das Geneway HQ dort auch zukünftig zu finden sein? Wohin geht die Reise?
Das ist eine sehr tiefgründige Frage. Es war immer wichtig für mich, ich selbst zu bleiben, trotz all der Möglichkeiten, die sich mir geboten haben. Dies von Freunden und Familie, die mich seit meiner Kindheit kennen und nach wie vor in Nazareth leben, bestätigt zu bekommen, ist eine sehr bereichernde Erfahrung. Ich bin jetzt in einem Alter, in dem ich zufrieden bin mit dem, was ich erreicht habe. Ich könnte ohne Probleme ins Silicon Valley gehen oder nach Deutschland, um Geneway dort weiter auszubauen. Die Firma liegt mir persönlich sehr am Herzen, denn ich weiß, dass wir mit den Resultaten einer simplen Idee die Lebensqualität eines jeden einzelnen Menschen verbessern können. An der Umsetzung der App arbeiten wir daher mit Hochdruck.

In diesem Sinne, was sind deine persönlichen Tipps für junge Gründer?
Neben den Standard-Tipps wie Leidenschaft, Talent und Enthusiasmus, kann ich einen eher untypischen Rat hinzufügen: Gesundheit und Wohlbefinden sind meiner Meinung nach extrem wichtig, denn ein Business zu gründen und zu leiten, erfordert viel Energie und Einsatz. Und das geht nur mit einem optimal ausbalancierten Stoffwechsel.

Weitere Artikel über die Start-up-Szene in Israel in unserer Reihe “Good Morning, Tel Aviv“.

Foto: Basilica of the Annunciation, Nazareth from Shutterstock