Gastbeitrag von Eric Weber

Accelerator – Diese 8 Punkte sollten Gründer beachten

Es enstehen immer mehr Accelerator-Programme. Das ist gut für Gründer, denn sie haben die Qual der Wahl. Doch bei der Auswahl des richtigen Programms sollten Gründer viele Dinge beachten. Wie in einer guten Ehe gilt: Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich nicht was Bessres findet.
Accelerator – Diese 8 Punkte sollten Gründer beachten
Montag, 8. Juni 2015VonTeam

Nach den erfolgreichen Beispielen einiger US-Accelerator-Programme entwickeln sich seit einiger Zeit auch weltweit immer mehr dieser Gründerplattformen. So zählte Forbes unter Berufung auf eine wissenschaftliche Studie vor kurzem über 1.600 Inkubatoren und Acceleratoren weltweit. Ihr Einfluss auf den Startup-Erfolg wird jedoch kritisch gesehen. f6s zählt etwas genauer und kommt auf über 5.300 Programme (wobei vieles doppelt gezählt wird). Auch in Europa und insbesondere Deutschland entstehen immer mehr Acceleratoren. Jüngste Beispiele sind etwa die BMW Garage, der Metro Accelerator oder SpinLab – The HHL Accelerator in Leipzig. Das ist gut für Gründer, denn sie haben die Qual der Wahl. Doch bei der Auswahl des richtigen Programms sollten Gründer viele Dinge beachten.

1. Wie weit ist unser Startup und wie lange dauert das Programm?
Ein Accelerator beschleunigt meist maßgeblich die Markteinführung über Kontakte zu etablierten Unternehmen, Medienreichweite sowie Investorengewinnung durch seine Netzwerke. Er hilft bei der Verfeinerung des Geschäftsmodells aber in der Regel nicht bei der Ideengenerierung als solche. Daher stellt sich die Frage, ob Geschäftsmodell, Produkt und Team weit genug sind, um innerhalb der Laufzeit des Accelerators überhaupt an Markt und Investoren denken zu können. Tendenziell gilt: je kürzer das Programm, desto klarer und fortgeschrittener sollte die Startup-Entwicklung sein, damit ihr die neuen Kontakte bestmöglich nutzen könnt. Anders ausgedrückt: Für die Programmierung eines Prototypen im stillen Kellerlein ist ein Accelerator nicht gedacht.

2. Ist ein Accelerator oder doch lieber ein Inkubator oder ein Company Builder das richtige für uns?
Da die Grenzen zwischen beiden Angeboten fließend sind, gibt es keine korrekte Antwort auf diese Frage. Tendenziell ist ein Accelerator ein relativ kurzes Programm mit einem kleinen oder gar keinen Investment. Ein Inkubator ist tendenziell auf einen längeren Zeitraum ausgelegt und kann größere Summen investieren (oder auch gar nicht). Hier ist die Welt bunt, sodass die Auswahl des passenden Programms etwas erschwert wird. Versucht niemals vom Namen/Label eines Programms auf den Inhalt zu schließen, sondern beschäftigt euch mit den Inhalten.

3. Was passiert im Programm?
Erkundigt euch genau über alle Leistungen, die ein Programm bietet und nicht nur über die Angebote , die es verspricht. So kann ein Mentorenprogramm alles von einmaligen Veranstaltungen mit wenigen Mentoren bis hin zu ständigen Ansprechpartnern und regelmäßigen Workshops bedeuten. Ein tolles Investorennetzwerk kann sich zum einmaligen Demo Day zeigen oder aber regelmäßig mit Gründern interagieren. Hier gibt es sicher keine optimale Lösung, da jedes Gründerteam sicherlich andere Vorstellungen vom Idealmaß hat. Bestenfalls sprecht ihr vorher mit Gründern, die aktuell im Accelerator arbeiten, oder mit Alumni. Zudem gibt es Acceleratoren, die sich auf bestimmte Themengebiete spezialisiert oder abwechselnde Themenrunden haben. Häufig ist die Auslegung eines solchen Themas aber relativ breit gefasst. Sollte eure Idee da gut hineinpassen, ist es empfehlenswert sich genauer mit dem Programm zu beschäftigen. Der Grund: Die Netzwerke in diese Branche und die Synergieeffekte innerhalb der Startups und Alumni können aufgrund der Spezialisierung vielversprechend sein.

4. Wer ist involviert?
Eine entscheidende Frage ist der Kreis der beteiligten Personen im Team des Accelerators und im Kreis der Mentoren. Welche Firmen sind Partner des Programms? Versprechen diese Leute oder deren Netzwerk einen sinnvollen Input für eure Idee? Prüft auf der Website, ob mehrere Mentoren für euch interessant sind. Nutzt Linkedin und Xing, um das Netzwerk des Accelerator-Teams zu überprüfen. Aber Achtung: Der Grat zwischen Namedropping und echt motivierten Unterstützern ist schmal.

5. Wieviel Geld wird benötigt? Was sind wir wert?
Viele Programme investieren relativ kleine Geldsummen und erwerben dafür Anteile an den Startups. Hier ergibt sich automatisch die Frage der Unternehmensbewertung. Gebt ihr 5 % Anteil am Unternehmen ab und erhaltet dafür 25.000 Euro plus Zugang zum Accelerator-Programm, entspricht dies einer Bewertung von 500.000 Euro plus den kalkulatorischen Gegenwert der Leistungen während des Programms. Dies ist ein aktuell am Markt häufig verfügbarer Deal, der sicher fair für viele Startups ist, aber für andere unpassend sein könnte. Dies kommt insbesondere auf den erreichten Stand eures Startups an. Die zweite Frage ist, ob diese Summe überhaupt ausreicht, um euch signifikant nach vorn zu bringen. Sollte das nicht der Fall sein, könnte unter Umständen ein klassisches VC-Investment attraktiver sein. Gibt es ein Investment, solltet ihr unbedingt die Term Sheets sorgfältig prüfen (lassen), die nicht immer attraktiv für Investoren in späteren Runden sind. Evaluiert in der gegenwärtigen Situation auch Alternativen wie KfW-Startgeld, um kleine Geldbeträge zu akquirieren, die vielleicht ausreichend sind, um die Entwicklung voranzutreiben und das Startup zu bootstrappen bis Anteile möglichst teuer zu verkaufen sind.

6. Was folgt nach dem Accelerator-Programm?
Macht euch vorher ein Bild, was nach dem Programm passiert. Drei oder sechs Monate sind eine sehr kurze Zeit. Gibt es eine Möglichkeit, Räume in der Nachbarschaft zu nutzen? Stehen Leistungen über die Laufzeit hinaus zu Verfügung? Kann es ein Follow-Up-Investment aus demselben Fond geben? Kritisch hinterfragen sollte man dabei auch die Quote von in Aussicht gestellten Follow-Up-Investments zur tatsächlichen Zahl an Deals mit Alumni-Startups des Accelerators.

7. Wo ist das Programm?
Verbunden mit der Frage wieviel Geld notwendig ist, ist sicher auch die Frage des Standorts und die Lebenshaltungs- sowie Reisekosten. Während im Silicon Valley vielleicht gerade die Reisekosten gedeckt sind, benötigt man anderenorts viel weniger Geld. Wenn möglich schaut euch den Accelerator vor Ort an oder sucht Bilder und Videos im Internet. Gefällt euch die Arbeitsatmosphäre? Man sollte auch einbeziehen, ob man langfristig in der Stadt bleiben will oder bald wieder umzieht.

8. Gibt es eine Übersicht?
Klar. Seed-DB – List of Seed Accelerator programs, Accelerators – Needs – AngelList, List of Accelerators for Startups | F6S oder Accelerat.io – Startup accelerator rankings and reviews findet ihr weitergehende Infos.

Fazit: Wie in einer guten Ehe gilt: Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich nicht was Bessres findet.

Passend zum Thema: “Deutschland, deine Brutkästen – ein großer Überblick

Zur Person
Eric Weber ist Geschäftsführer des SpinLab – The HHL Accelerator.

Foto: Accelerate word on a speedometer for gaining speed in a race or competition where the quickest competitor wins the game from Shutterstock