Ein Start-up im Wandel

Wie aus mixxt tixxt wurde – und was jetzt noch anders ist

tixxt ist das neue mixxt. "Wir sind unglaublich froh, dass wir das gesamte System neu aufgesetzt haben und nichts unantastbar war", sagt Gründer Oliver Ueberholz. Nun will er mit seinem kleinen Unternehmen zum "größten europäischen Social Software-Anbieter" aufsteigen.
Wie aus mixxt tixxt wurde – und was jetzt noch anders ist
Dienstag, 27. Januar 2015VonAlexander Hüsing

Den Community-Baukasten mixxt hatten viele vermutlich lange nicht mehr auf dem Schirm. Wir auch nicht! Abgesehen von einer kleinen Finanzierungsrunde im Frühjahr des vergangenen Jahres, bei der die buw Unternehmensgruppe und die KfW in das Unternehmen investierten. Für Gründer Oliver Ueberholz stand mixxt zuletzt – rund acht Jahre nach dem Start – “für effektive und vernetzte Zusammenarbeit und Kommunikation”. Schon seit längerer Zeit positionierte sich das Unternehmen deswegen nicht mehr als Community-Baukasten, sondern als Anbieter von “Social Intranets und Extranets der nächsten Generation”.

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Die Mehrzahl der Communities bei mixxt, es sind rund 180.000, diene der Zusammenarbeit in Gruppen, im Unternehmen, in Institutionen, staatlichen Einrichtungen und in Bildungseinrichtungen, sagt Ueberholz weiter. “Oft wurden externe Zielgruppen hinzugezogen, wie Partner, Kunden, Dienstleister, Franchisenehmer. Die Grenzen zwischen intern und extern verschwimmen zusehends, weshalb wir eben nicht nur Intranets oder nur Extranets/Communities anbieten, sondern auch Mischformen”, berichtet er weiter. mixxt wandelte sich deswegen kürzlich erneut. “Aus all diesen Anwendungen sowie aus den tausenden Supportanfragen, Nutzergesprächen, Befragungen und vielen Tests haben wir eine Menge über virtuelle Online-Gesellschaften im Berufsleben gelernt”.

Diese Erfahrungen steckt das kleine Unternehmen nun in sein Produkt tixxt, das vor wenigen Wochen an den Start ging. Langfristig soll das neue Produkt, “die alten mixxt Small Communities ersetzen”. Beim neuen Ableger setzt Ueberholz auch auf ein konsequentes Pricing. Bei frühen Kunden habe man sehr nah an und manchmal auch unter unseren Kosten kalkuliert. Der Software as a Service-Ansatz von tixxt ermögliche nun “eine nachhaltige Weiterentwicklung des Produktes”. Je nach Anwendungsfall kostet tixxt zwischen 4 und 80 Euro pro Monat. Auch Enterprise-Anwendungen sind möglich – kosten aber deutlich mehr. tixxt bringt sich dabei bei Kunden als Mischung aus Social Intranet, Social Extranet, Community, Projektplattform, Wissensmanagement, Vertriebsplattform, Innovationsplattform und Event-Community ins Spiel.

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Im Grunde ist tixxt fast ein kompletter Neuanfang für das 2007 gegründete Unternehmen – worauf Ueberholz sehr stolz ist: “Wir sind unglaublich froh, dass wir das gesamte System neu aufgesetzt haben und nichts unantastbar war. Ich habe das Gefühl, dass nur ganz wenige Unternehmen den Mut dazu haben, bei einem Produkt neu anzufangen. Ganz im Gegenteil: Viele, teilweise marktführende Lösungen lassen noch Programmcode von vor über 10 Jahren bei Kunden laufen, was hochgradig gefährlich und ineffizient ist. Solche schlechten Entscheidungen sind zwar auf den ersten Blick weniger kontrovers, kosten aber im Nachhinein allen Beteiligten noch mehr als sie sparen”.

In den kommenden Monaten will Ueberholz mit tixxt zum “größten europäischen Social Software-Anbieter” aufsteigen. Das Produkt selbst will er um Service- und Support-Communities erweitern. “Denn die Entwicklung von Facebook hat uns gezeigt: Das Unternehmen presst zunehmend Geld aus seinen Werbekunden und Unternehmen lernen allmählich, dass es nicht sinnvoll ist, alle Eier in ein fremdes Nest zu legen. Deshalb werden Fan-, Service- und Support-Communities als zentralisierte Anlaufstelle im Web immer beliebter. Wir werden zusätzlich zu den Intranets und Extranets auch Service- und Supportplattformen anbieten, die aber auch für das B2B-Geschäft nutzbar sein werden”.

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Auch die Internationalisierung innerhalb von Europa ist zudem ein Thema für ihn. Und dies alles weiter aus Bonn heraus. “Mir begegnet oft Überraschung, wenn Gesprächspartner herausfinden, dass wir in Bonn sitzen. ‘Ach, in Bonn gibt es solche Software-as-a-Service-Unternehmen?’ werde ich immer häufiger gefragt. Meine Antwort dazu lautet: Ja. Und hier gibt es wenig Ablenkung. Dabei sitzen in Bonn zahlreiche sehr innovative Cloud-, Software-as-a-Service und klassische Softwareunternehmen. Den Hype um Berlin herum nimmt Ueberholz mit gemischten Gefühlen auf. Einerseits sei es spannend und gut, dass sich dort ein so lebendiges Start-up-Ökosystem aufbaue. “Es freut mich als Europäer auch, dass wir hier in Berlin und in London einige kleine Gegenpole gegen das oft sehr selbstzentrierte Silicon Valley aufbauen. Andererseits habe ich aber auch das Gefühl, dass Startups automatisch hipper sind und mehr Medienpräsenz erhalten, nur weil sie in Berlin gegründet wurden”. Dass es auch abseits von Berlin geht, beweist Ueberholz aber schon seit Jahren.

Ueberholz über seine größten Fehler

* Freemium ist kein Geschäftsmodell
“Freemium ist kein Geschäftsmodell, sondern ein Distributionsmodell. Wir haben zu viele Leistungen in der kostenlosen Version verschenkt, was die bezahlten Pakete nicht attraktiv genug gemacht hat. Dies führte zu hohen Kosten im Support und wenig Margen um in die Weiterentwicklung des Kernproduktes zu stecken, was dann auch wieder für alle Nutzer Mehrwerte schaffen würde”.

* Zu später Fokus auf B2B als Umsatztreiber
“Aufgrund der Anpassungsfähigkeit des Produktes und den strengen Sicherheitsmaßnahmen konvertierte ein kleiner, aber dennoch besonders wichtiger Teil der Communities nicht von einer kostenlosen Version zu 9 Euro oder 19 Euro pro Monat, sondern zu drei- und vierstelligen Beträgen pro Monat. Diese “Power-Kunden”, die in Online-Games als ‘Whales’ bekannt sind, sind bei uns Unternehmenskunden. Wir haben uns zu spät konsequent auf diese Unternehmenszielgruppe konzentriert”.

Foto: Timeline concept from Shutterstock

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.