Gastbeitrag von Marcel Reckel

N-Commerce ist mehr als nur ein weiterer Strategieansatz

Eine strikte Trennung der Kanäle schadet langfristig sowohl dem Kunden als auch dem Unternehmen. Im modernen Dienstleistungsmanagement kommt es zu einer Verschmelzung der Online- und Offline-Welten. Die klassische Aufhebung der strikt nach Kanal bewerteten Maßnahmen und Umsätze sind nicht länger relevant.
N-Commerce ist mehr als nur ein weiterer Strategieansatz
Donnerstag, 15. September 2016VonTeam

Multichannel-Konzepte finden sich im B2C-Verkauf immer häufiger. Erfolgreiche stationäre Marken und Händler eröffnen Online-Shops um ihren Kunden 24/7 Produkte präsentieren und verkaufen zu können. Umgekehrt gilt das auch – denn gleichzeitig eröffnen erfolgreiche Online-Händler Läden, um ihre Produkte besser präsentieren zu können. Häufig ist es dem Kunden hierbei jedoch noch nicht möglich, bei Transaktionen unkompliziert den Kanal zu wechseln. Dies ist für die Kunden umso unverständlicher, da die Unternehmen ein einheitliches „Branding Gesamterlebnis“ nach außen pflegen, praktisch möglicherweise aber an internen und somit selbstgeschaffenen Abwicklungsgrenzen scheitern.

Für den Kunden darf der Wechsel des Kanals nicht spürbar sein

N-Commerce oder No-line-Commerce bezeichnet die maximale Vernetzung der Vertriebskanäle und Kaufprozesse eines Unternehmens und ist die Weiterentwicklung des Omnichannels. Aus Kundensicht sollen hierbei die Grenzen zwischen der Online- und Offline-Welt verschwinden und ein unbemerkter einfacher Wechsel sollte für Kunden ermöglicht werden.

Diese neue Dienstleistungsentwicklungsstufe ermöglicht es dem Kunden beispielsweise während der Anprobe, sofort zu sehen, ob das gewünschte Produkt in anderen Größen oder Farben verfügbar wäre und er kann zwischen den Optionen wählen, den Kauf im Laden zu tätigen oder aber nach Hause liefern zu lassen. Ebenso können online gekaufte Produkte problemlos in der nächsten Filiale zurückgeben werden.

Das ist in Multichannel-Strategien für den Kunden derzeit noch Utopie. Durch Cross-Channel wird dies dem Kunden zwar schon einiges ermöglicht, aber erst durch N-Commerce wäre das System für den Kunden bequem und somit das ideale Einkaufserlebnis.

Für Unternehmen bietet diese höchste Vernetzungsstufe viele Vorteile. Zum einen wird es möglich, die Gewohnheiten von Kunden über alle Kanäle hinweg zu verfolgen und diesen so noch besser zu verstehen. Zum anderen kann der Kunde auf dieser Datengrundlage gezielter beworben und über die aktuell verfügbare Kollektion und weitere Services informiert werden.

Cross-Channel-Maßnahmen sind nur der erste Schritt

Händler, die moderne Lieferoptionen wie Click & Collect einsetzen, sollten dabei auch auf N-Commerce setzten. Für Unternehmen sind Maßnahmen wie Click & Collect, Return-To-Store oder In-Store-Availability Teil der Cross-Channel Strategie. Für den Kunden signalisieren sie eine Vernetzung der Kanäle. Da der Kunde sein online erworbenes Produkt in einem Laden – meist einer Filiale des Onlinehändlers – abholt, nimmt er die vorhandenen Grenzen der Kanäle praktisch schon heute nicht mehr wahr.

Wer langfristig erfolgreich verkaufen will sollte das Einkaufserlebnis für den Kunden so angenehm wie möglich gestalten. Da haben Grenzen durch getrennte Buchhaltungskreisläufe o. ä. keinen Platz. Auch die jederzeit abrufbaren Kundenbewertungen bzgl. der gebotenen Serviceleistung dürfen hier nicht unerwähnt bleiben. Wenn der Kunde bei einer Rückgabe das Gefühl hat, „Steine in den Weg gelegt zu bekommen“, kann sich das schnell auf die öffentlichkeitswirksamen Bewertungen niederschlagen und so künftige Kunden ebenfalls von einem Kauf abhalten.

Eine strikte Trennung der Kanäle schadet langfristig somit sowohl dem Kunden als auch dem Unternehmen. Im modernen Dienstleistungsmanagement kommt es zu einer Verschmelzung der Online- und Offline-Welten. Dies bedeutet für Unternehmen die klassische Aufhebung der strikt nach Kanal bewerteten Maßnahmen und Umsätze, diese sind nicht länger relevant. Denn den klassischen Kaufprozess, bei dem der Point of Sale eine zentrale Rolle einnimmt, gibt es nur noch selten. Durch das Internet eröffneten sich dem Kunden völlig neue Vorgehensweisen, die dazu führen, dass der Point of Sale und der Point of Decision nicht länger übereinstimmen. Letzterer verlagert sich zunehmend in die digitale Welt und führt auch dazu, dass der Händler teilweise nur noch als Point of Sale wahrgenommen wird. Um Verkäufe zu erzielen wird es immer wichtiger, den Kunden alle Informationen zu den angebotenen Produkten zur Verfügung zu stellen. Damit dieser bei seiner Online Recherche auf den Händler stößt und dessen Angebot bei der Anbieterauswahl berücksichtigt.

N-Commerce ist mehr als ein Trend
N-Commerce ist also nicht einfach nur als weiterer Strategieansatz zu sehen. Im Gegenteil sollte es von Multichannel-Unternehmen unbedingt in die Strategieplanung aufgenommen und frühzeitig umgesetzt werden. Die grenzenlose Verbindung der Welten wird, wenn richtig umgesetzt, das Einkaufserlebnis nachhaltig verbessern.

Über den Autor
Marcel Reckel studiert Business Administration B.A. an der FOM Hochschule für Ökonomie & Management in München. Seine Inhaltlichen Schwerpunkte liegen im Management, der Trendforschung, dem Innovations- und dem Konfliktmanagement. Er ist einer der Mitbegründer des Geschenkegestalters „ideas in boxes“ und verantwortlich für die Bereiche IT sowie Marketing/Sales. Lieblingsbeschäftigung: emotionale Einkaufserlebnisse für Kunden zu realisieren.

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