15 Fragen an Robert Litwak von kautionsfrei

“Als Handwerker bin ich leider völlig talentfrei”

Jeden Freitag beantwortet ein Gründer oder eine Gründerin unseren standardisierten Fragebogen. Der Fragenkatalog lebt von der Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Fragen, die alle Gründerinnen und Gründer beantworten müssen – diesmal antwortet Robert Litwak von kautionsfrei.
“Als Handwerker bin ich leider völlig talentfrei”
Freitag, 10. Oktober 2014VonChristina Cassala

Was bedeutet es Ihnen, Ihr eigener Chef zu sein?
An meiner Position als Geschäftsführer schätze ich am meisten, frei und selbstbestimmt agieren zu können.

Bei welcher Gelegenheit kam Ihnen die Idee zu Ihrem Start-up?
Die Idee hatte Herr Krymalowski, ebenfalls Geschäftsführer der plusForta GmbH. Sein Sohn lebte in der Schweiz und erzählte ihm von der Mietkautionsbürgschaft, die dort bereits seit Jahren gängige Praxis war. Als Herr Krymalowski davon erfuhr, nahm er mit Herrn Golling, langjähriger Vorstand von Versicherungsunternehmen und Versicherungsmakler, direkt Kontakt auf. Ich kam als Dritter hinzu und bin seitdem für die Umsetzung der Idee verantwortlich.

Woher stammte das Kapital für Ihr Unternehmen?
Herr Krymalowski und Herr Golling ließen sich mit ihren mittelständischen Unternehmen aus dem Immobilien- und Versicherungsmaklerbereich, auf dieses Abenteuer ein, um gemeinsam „Neuland“ zu erkunden. Schließlich konnten sie bis zu diesem Zeitpunkt noch keine nennenswerten Erfahrungen im E-Commerce-Bereich vorweisen.

Was waren bei der Gründung Ihres Start-ups die größten Stolpersteine?
Die Gründung selbst verlief problemlos. Schließlich geht es dabei im ersten Schritt ja nur um das Abarbeiten von Papierkram. Ich beschreibe es immer so: Gründen ist einfach, sich auf dem Markt zu halten schon schwieriger, aber die wirkliche Herausforderung ist es, Erfolg zu haben.

Der größte Stolperstein, den wir zu bewältigen hatten, war, dass das Produkt hierzulande niemand kannte und wir nur sehr wenig Geld für das Marketing ausgeben haben. Die Immobilienwirtschaft selbst ist relativ konservativ, sodass es uns einiges an Überzeugungsarbeit gekostet hat, kautionsfrei.de in diesem Segment zu positionieren.

Was würden Sie rückblickend in der Gründungsphase anders machen?
Nichts. Wir hatten uns ein überschaubares Budget gesetzt und diese Tatsache hat uns zu ungeahnter Kreativität beflügelt, die inzwischen auch zu so etwas wie unserem unternehmensinternen Erfolgsrezept geworden ist.

Jedes Start-up muss bekannt werden. Welche Marketingspielart ist für Sie besonders wichtig?
Insbesondere zu Beginn haben wir stark auf Affiliatemarketing gesetzt. Das Risiko ist äußerst gering, weil die Vergütung performanceabhängig erfolgt. Wir haben viele Partner gewonnen, die uns dabei unterstützt haben, dem Produkt bei der Zielgruppe zu größerer Bekanntheit zu verhelfen.

Im nächsten Schritt haben wir uns auf Kooperationen mit Immobilienportalen, -maklern und Hausverwaltungen konzentriert, weil wir so genau die Menschen erreichen konnten, die auf der Suche nach einer neuen Wohnung oder Gewerbefläche und damit direkt mit dem Thema Mietkaution konfrontiert sind.

Neben den Onlinemaßnahmen haben wir auch den Offlinebereich bedient, um für eine medienübergreifende Bekanntheit zu sorgen. Schließlich waren es in erster Linie die Mieter, die das Potenzial dieser Kautionsform erkannt haben und so das Produkt an die Eigentümer beziehungsweise Hausverwalter herangetragen haben.

Welche Person hat Sie bei der Gründung besonders unterstützt?
Das waren eindeutig die zwei Hauptgründer. Mit ihren gemeinsam damals über 110 Jahren hatten die beiden einen umfassenden Erfahrungsschatz vorzuweisen und sind seitdem für mich hervorragende Sparringspartner.

Welchen Tipp geben Sie anderen Gründern mit auf den Weg?
Man sollte sich nicht im Vorfeld zu lange an Kleinigkeiten oder Optimierungen aufhalten, sondern einfach starten. In der Theorie „zerdenkt“ man Dinge, die möglicherweise nie Realität werden. Nur wenn man einfach loslegt, sieht man, wie die Dinge sich auswirken und kann – wenn nötig – Kurskorrekturen vornehmen.

Unentbehrlich ist darüber hinaus, ein gutes Team zu haben, das konstruktiv zusammenarbeitet. Nicht zuletzt sollte man niemals, aber wirklich niemals, seine Ausgaben aus den Augen verlieren. Werden diese zu hoch, kann das ganz schnell das Aus der Gründung bedeuten.

Sie treffen den Bundeswirtschaftsminister – was würden Sie sich für den Gründungsstandort Deutschland von ihm wünschen?
Weniger Bürokratie und mehr Unterstützung für junge Gründer. So wurde zum Beispiel der Existenzgründerzuschuss zuletzt extrem verringert und die Hürden, einen solchen zu erhalten, erhöht. Wie soll es so jemandem, der kein üppiges Budget zur Verfügung hat, gelingen, sich selbstständig zu machen?

Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up gegründet hätten?
Mich in irgendeiner Form anderweitig unternehmerisch betätigen. Mir ist es wichtig, etwas bewegen zu können und als Handwerker bin ich leider völlig talentfrei.

Bei welchem deutschen Start-up würden Sie gerne mal Mäuschen spielen?
Bei Amorelie. Den Gründern ist es gelungen, Sextoys aus der Schmuddelecke rauszuholen und innerhalb kürzester Zeit ein erfolgreiches Geschäft aufzubauen – und dabei hatten sie sicherlich, ähnlich wie wir, gegen konservative Strukturen anzukämpfen.

Sie dürften eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reisen Sie?
Die 70er Jahre üben in vielerlei Hinsicht eine große Faszination auf mich aus. Ich würde dieser Dekade gerne einen Besuch abstatten, um den Lifestyle der Hippies und Friedensbewegung zu erleben.

Sie haben eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machen Sie mit dem ganzen Geld?
Ich träume schon seit langem davon, eine Weltreise zu unternehmen. Allerdings findet sich immer wieder eine neue Ausrede, dies nicht zu tun. Mit der Million würde ich es dann aber tatsächlich machen.

Wie verbringen Sie einen schönen Sonntag?
Ist zwar leider nicht besonders einfallsreich, aber ein perfekter Sonntag startet bei mir mit einem ausgiebigen, selbstgemachten Frühstück. Danach geht es ab auf den Trödelmarkt, um im Anschluss daran bei den Großeltern ein leckeres Mittagessen zu genießen. Da die Kalorien ja auch wieder verbrannt werden müssen, ist der Nachmittag für Sport reserviert. Der Tag endet mit einem entspannten Barbecue.

Mit wem würden Sie sich gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
Mit Steve Ballmer. Ich würde ihn dann zu seiner Zeit bei Microsoft befragen und selbstverständlich auch dazu, warum Basketball so eine wichtige Rolle für ihn spielt.

Im Fokus: Weitere Fragebögen in unserem großen Themenschwerpunkt 15 Fragen an

Zur Person:
Robert Litwak studierte Betriebswirtschaft an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg. Bereits während dieser Zeit und darüber hinaus lernte er bei dem weltweit führenden Industrieversicherungsmakler und Risikoberater Marsh die Spezifika der Versicherungsbranche kennen. Im Anschluss hieran hob er mit den beiden Geschäftsführern Herzs Krymalowski und Franz Rudolf Golling das Produkt kautionsfrei.de aus der Taufe.

15 Fragen als eBook und in gedruckter Form

“Hinter den Kulissen deutscher Start-ups: 45 Gründer über den Aufbau ihres Unternehmens”, heißt der erste Titel der neuen Buchreihe von deutsche-startups.de. Unser erstes Buch, ein Best-of der Rubrik 15 Fragen an, steht unter dem Motto: Von Gründern lernen, sich von deutschen Unternehmern inspirieren lassen. 45 Gründer berichten von Ihren eigenen Erfahrungen, geben wertvolle Tipps und teilen ihre Inspirationen mit den Lesern. Weitere Infos über “Hinter den Kulissen”

Christina Cassala

Christina Cassala, Redakteurin bei deutsche-startups.de, war schon zu ihren besten Uni- Zeiten in den 90er Jahren journalistisch tätig. Gleich nach dem Volontariat arbeitete sie bei einem Branchenfachverlag in Hamburg, ehe sie 2007 zu deutsche-startups.de stieß und seither die Entwicklungen der Start-up Szene in Deutschland mit großer Neugierde beobachtet.