Löwe Frank Thelen im Interview #dhdl

“Als Unternehmer muss man harte Kritik aushalten”

"Ich bin mit einigen Deals unglücklich und es wird mir nicht noch mal passieren – sollte es eine zweite Staffel geben. Es kamen teilweise schwache Gründer in die Show und wir wollten einfach Deals machen", sagt Löwe Frank Thelen zu seinem Engagement bei der Vox-Show "Die Höhle der Löwen".
“Als Unternehmer muss man harte Kritik aushalten”
Mittwoch, 17. September 2014VonAlexander Hüsing

Frank Thelen hat lange mit sich gerungen, ob er bei der TV-Sendung “Die Höhle der Löwen” (DHDL) mitmachen soll. Er sieht das Format als einmalige Chance , seine Philosophie in die Mitte der Gesellschaft zu tragen. Siehe dazu auch: “‘Wenn man weiterkommen will, gehören Stürze dazu’ – Frank Thelen im Porträt“.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Thelen, der über seine Investmentfirma e42 seit Jahren in Start-ups investiert, nun über harte Hunde, harte Urteile und harte Kritik.

In der “Höhle der Löwen” sind Sie der harte Hund, der Gründern schon einmal rät, ihr Konzept zu beerdigen. Wie gefällt Ihnen diese Rolle?
Auch wenn nicht alle Deals perfekt gelaufen sind, versuche ich mit DHDL Start-up-Investments möglichst echt für alle darzustellen. In meinem Leben als Investor habe ich dabei oftmals eine klare Meinung zu Gründern, Markt und/oder Produkt und äußere diese. Am liebsten bin ich begeistert und starte direkt mit den Gründern, um an dem Produkt zu arbeiten und will dann schnell investieren. Aber wenn ich skeptisch bin, bin auch mal der harte Hund.

Das junge Start-up Meisterclass wurde von Ihnen und den anderen Löwen während der Show regelrecht in der Luft zerrissen. Die Gründerinnen kamen dabei im Zusammenschnitt der Show gar nicht gut weg. Was hat Ihnen am Konzept, der Präsentation nicht gefallen?
Die beiden Gründerinnen erschienen mir nicht klar und zielstrebig genug. Auf einige Fragen zum Markt oder den nächsten konkreten Schritten hatten Sie keine Antworten. Dies gepaart mit einem Markt den ich als unattraktiv einschätze, hat mich zu meinem eventuell etwas zu harten Urteil geführt. Das Makerist, ein HTGF-Investment, in 2016 plant Break Even zu gehen, überzeugt mich jetzt auch nicht direkt. Als Unternehmer muss man harte Kritik von Investoren aushalten und weiter kämpfen. Wie viele Investoren haben für 6Wunderkinder, myTaxi und viele unserer Unternehmen den baldigen tot voraus gesagt. Wir waren überzeugt, es zu schaffen und haben einfach noch härter gearbeitet.

Meisterclass war zum Zeitpunkt der Show noch gar nicht gestartet. Ist es überhaupt ratsam, vor Investoren zu präsentieren, wenn man weder ein fertiges Produkt noch Umsatz vorzuweisen hat?
Wenn man einen durchdachten Plan hat und seinen Markt gut kennt: Ja. Wenn man sich unsicher ist: Nein.

Mal generell zur Show: Die Zuschauer sehen nur einen kurzen Ausschnitt der Präsentationen: Wie läuft so ein Pitch in der Realität ab?
Wir sprechen je nach Komplexität und Interesse zwischen einer bis zweieinhalb Stunden mit den Gründern und stellen wirklich normale Investorfragen wie Markt, CapTable, Team, die nächsten Schritte, etc. Das wird dann für die Show stark zusammengeschnitten. Hierauf haben wir keinen Einfluss und sehen die Sendung auch erst mit der Ausstrahlung.

Einige Start-ups werden in der Show mit dem Hinweis auf Verluste hart abgewatscht. Auf vorhandene Umsätze wird dabei teilweise überhaupt nicht eingegangen. Hätten also auch die zalando-Gründer, die jahrelang Verluste geschrieben haben – bei einem Millionen- und inzwischen Milliardenumsatz – keine Chance in der Show?
Ich habe kein Problem mit Verlusten, solange man relevante Marktanteile aufbaut und diese später monetisieren kann. Exakt das ist die Aufgabe von Venture Capital; zunächst Wagnisse eingehen und erst langfristig profitabel werden. Ich hoffe, ich hätte in die zalando-Gründer investiert, da ich deren unbedingten Willen und den Plan erkannt hätte. Aber das ist natürlich reine Spekulation.

Ein großes Streitthema der Show sind die Bewertungen und die angebotenen und abgeschlossenen Deals. Sind etwa 25.000 Euro für 53 %, 90.000 Euro für 40 % oder 150.000 Euro für 40 % wirklich faire Deals?
Ich bin mit einigen Deals unglücklich und es wird mir nicht noch mal passieren – sollte es eine zweite Staffel geben. Es kamen teilweise schwache Gründer in die Show und wir wollten einfach Deals machen. Im Nachhinein war das ein Fehler: Ich hätte den Gründern erklären sollen, warum Sie noch nicht bereit sind für ein Investment und nichts anbieten sollen. Aber auch die Show war ein Wagnis für mich und ich habe viel gelernt.

Was vor allen Dingen?
Ich habe bei DHDL das erste mal viele Start-ups im nicht Software-Bereich gesehen und musste dies schnell beurteilen. Ich habe mir nun ein neues Rahmenwerk für eine schnelle Due-Dilligence erarbeitet und hoffe damit in Zukunft besser mit diesen ‘fremden’ Deals umzugehen. Mein Herzblut bleiben aber Technologie und designgetriebe Start-ups.

Gehen wir noch einmal auf ihr Investment bei Crispy Wallet ein…
Bei Crispy Wallet sind die 40 % ein fairer Deal, da Lencke Wischhusen und ich das Unternehmen quasi mit den Gründern zusammen aufbauen. Ich denke wenn Sie David Hagenkötter und Marvin Metzke, die Gründer von Crispy Wallet, fragen würden, sind diese mit den letzten Monaten sehr zufrieden.

Wir werden die Crispy Wallet-Gründer auch noch interviewen, keine Angst. Aber noch einmal zu den Deals: Wie sollen sich denn Gründer motivieren, wenn Andere quasi vom Start weg in ihrem Unternehmen das Sagen haben?
Wenn ich die Zahl richtig im Kopf habe, hält ein CEO beim IPO durchschnittlich noch 3,5 % der Firmenanteile. Dies konnte man beispielsweise in den SEC-Dokumenten von Box gut sehen. Für Gründer sollte entscheidend sein, ob sie noch Entscheidungen treffen und durchführen können und wie viel Geld sie erhalten, wenn das Unternehmen verkauft wird. Und hier sind 5 % an 100 Millionen besser als 70 % von einem Firesale.

Auf der anderen Seite traten auch einige Gründer mit Mondbewertungen vor die Jury. Wie findet man überhaupt eine faire Bewertung für sein Unternehmen?
Leider sehe ich für Start-ups keine funktionierende Mechanik wie Discounted Cash-Flow. Der Markt ist sehr dynamisch und Deals wie bei WhatsApp sahen erst dumm aus und nun extrem smart. Jeder Investor hat für sich einen geheimen Master-Plan was aus dem Start-up werden soll und warum es in den nächsten X Jahren Y Wert wird. Ich kann hier leider keinen weisen Ratschlag geben.

Zwei publikumswirksam abgeschlossene Deals sind nach der Show sogar geplatzt. Sie wollten etwa mit Jochen Schweizer und Vural Öger 350.000 Euro in Locca investieren. Warum kam der Deal dann doch nicht zustande?
Leider hatte Locca das notwendige Intellectual Property (IP) der Firmware nicht. Dies wurde in Kooperation mit einem Fremdanbieter entwickelt und erst auf unser Drängen hin wurden überhaupt Verträge mit diesem Anbieter abgeschlossen. Leider waren diese dann mangelhaft und wir konnten nicht darauf vertrauen, das Produkt ohne Ärger mit dem Fremdanbieter in den Markt zu bringen. Weiterhin durften wir auch keinen für uns üblichen Code-Review via beispielsweise Github durchführen. Wir sollten den Code in einem Data-Room ansehen. Das mag für Bankautomaten-Software ok sein, aber nicht für ein Seed-Start-up-Investment.

Warum ist dies so wichtig?
Der Code ist für mich noch wichtiger als die Firmenstruktur. Wenn dieser handwerklich nicht gut gemacht ist, kaufe ich quasi eine leere Hülle. Man könnte auch fragen, warum muss die Gesellschaft korrekt angemeldet sein oder die Buchführung stimmen.

Wie ging es dann weiter bei Locca?
Vor circa zwei Wochen sollte die Firmware dann magisch neu geschrieben worden sein und nun alle Rechte einwandfrei sein. Nach den bisherigen Erfahrungen mit dem Gründer hatte ich das Vertrauen verloren.

Warum?
Start-up-Investments basieren viel auf Vertrauen, auf einer persönlichen Bindung zum Gründer. Die e42 investiert übrigens ohne sauberes IP und Code-Review in kein Start-up. Einige Venture Capital-Geber verlangen sogar eine Patentprüfung. Von dieser sehen wir ab, da es recht aufwendig ist und es niemals ein verbindliches ‚alles ok‘ gibt. Dass der Gründer nun ohne Rücksprache mit uns ein Interview gibt und uns vorwirft unprofessionell zu sein, hat mich verärgert. Ich wollte genau diese unschönen Details nicht in die Öffentlichkeit tragen, damit er von seinen Fehler lernen kann und dann eine zweite Chance bei anderen hat.

Der DHDL-Deal ist damit dann wohl endgültig geplatzt?
Da zwei weitere Löwen investiert haben, kann ich nur für die e42 sprechen: Wir werden nicht in Locca oder andere Gesellschaften des Gründers investieren.

Die Höhle der Löwen – Die Deals der Vox-Show

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In der Vox-Show “Die Höhle der Löwen” suchen Gründer Geld. In dieser fotografischen Übersicht gibt es noch einmal alle Deals der Show im Schnelldurchlauf.

Foto: Frank Thelen>

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.