Gastbeitrag von Marco Koehler

Höchste Zeit zu handeln: Neue Pflichten für Online-Händler

Neben dem neuen Widerrufsrecht gelten bald auch zahlreiche neue Hinweis- und Informationspflichten für Online-Händler. Diese müssen ab dem 13. Juni beachtet werden. Anderenfalls droht eine Abmahnung von Konkurrenten und/oder Verbraucherschutzzentralen. Gastbeitrag von Marco Koehler.
Höchste Zeit zu handeln: Neue Pflichten für Online-Händler
Dienstag, 13. Mai 2014VonTeam

Wie bereits im vergangenen Gastbeitrag niedergeschrieben, wird am 13.Juni das neue “Verbraucherschutzgesetz” ohne Übergangsfrist (!) in Kraft treten -siehe dazu “Das neue Widerrufsrecht kommt – und mit ihm eine neue Abmahnfalle“. Neben dem neuen Widerrufsrecht gelten auch zahlreiche neue Hinweis- und Informationspflichten für Online-Händler. Diese müssen ab dem 13. Juni unbedingt beachtet werden. Anderenfalls droht eine Abmahnung von Konkurrenten und/oder Verbraucherschutzzentralen. Dieser Artikel beschäftigt sich mit den ab 13. Juni geltenden neuen Informationspflichten.

Neuer Verbraucherbegriff

Die in diesem Artikel behandelten Regelungen (sowie das neue Widerrufsrecht) betreffen ausschließlich Rechtsgeschäfte zwischen Unternehmern (z.B. Online-Händler) und Verbrauchern. Der Begriff des Verbrauchers wird ab dem 13.06.2014 erweitert. Künftig definiert § 13 BGB den Begriff wie folgt:

“Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.”

Ob diese Neuerung des Verbraucherbegriffs für eine klarere Abgrenzung zwischen Verbrauchern und Unternehmern führen wird darf bezweifelt werden. Jedoch findet sich der „alte“ Verbraucherbegriff oftmals in AGB von Online-Händlern. Dieser sollte unbedingt durch den neuen Begriff oder eine einfache Bezugnahme auf § 13 BGB ersetzt werden. Anderenfalls können Abmahnungen drohen.

Online-Händler müssen über Liefer-/Leistungstermin informieren

Künftig müssen Online-Händler Verbraucher über den Liefer- bzw. den Leistungstermin informieren. Anders als bisher wird es nicht mehr genügen, einen unverbindlichen Lieferzeitraum zu benennen. Vielmehr bedarf neben einer Angabe einer Maximallieferfrist (z.B. höchstens 7 Werktage) auch einer Information über den Beginn der angegebenen Lieferfrist. Nur so hat der Verbraucher die Möglichkeit, den spätesten Liefertermin genau zu berechnen.

Hier kann z.B. auf den Zeitpunkt der Überweisung (nicht jedoch auf den Zahlungseingang) abgestellt werden. Online-Händler sollten in jedem Fall die üblichen Banklaufzeiten von circa 2 – 3 Werktagen in ihrer Fristenkalkulation berücksichtigen.

Ebenso sollte berücksichtigt werden, dass an Samstagen bzw. an Sonn- und Feiertagen meist keine Zustellung durch die Transportunternehmen stattfindet. Dies ist bei Lieferfristen, die gerade auf einen solchen Tag fallen, problematisch. Bei der Information an den Verbraucher muss dieser Umstand unbedingt beachtet werden.

Information über Lieferbeschränkungen und Zahlungsmittel zu Beginn des Bestellprozesses

Weiterhin sind Verbraucher nach der neuen Gesetzeslage verpflichtet,  klar und deutlich anzugeben, ob Lieferbeschränkungen bestehen und welche Zahlungsmittel akzeptiert werden.

Danach muss der Online-Händler bereits zu Beginn des Bestellprozesses über etwaige Einschränkungen – z.B. darüber dass die Lieferung nur “frei Bordsteinkante” und nicht bis zur Wohnungstür erfolgt –  informieren.

Ferner müssen dem Kunden die auswählbaren Zahlungsmöglichkeiten ebenfalls zu Beginn des Bestellprozesses mitgeteilt werden. Eine Auswahl auf der finalen Bestellseite oder im Laufe des Bestellprozesses genügt dann nicht mehr.

Ferner ist auf eventuelle Zuschläge, die für einzelne Zahlungsarten erhoben werden, hinzuweisen. Hierbei ist zu beachten, dass mindestens eine gängige und zumutbare Zahlungsart kostenlos angeboten werden muss (z.B. Überweisung). Auch sind Zuschläge auf Zahlungsarten nur zulässig, wenn sie die Kosten, die dem Unternehmer durch den Einsatz dieses Zahlungsmittels entstehen, nicht übersteigen.

Verbraucher müssen über die Laufzeit des Vertrags informiert werden

Bei sog. Dauerschuldverhältnissen – also Verträge die wiederkehrende, sich über einen längeren Zeitraum erstreckenden Einzelleistungen zum Gegenstand haben (z.B. Abonnements, Telefonverträge etc.) – hat der Online-Händler über die Laufzeit des Vertrages sowie über die Bedingungen der Kündigung (bei unbefristeten Verträgen) zu informieren.

Hierzu bietet es sich an, entweder eine gesonderte Informationsseite zu verlinken oder auf die entsprechenden Regelungen in den AGB mittels eines Links zu verweisen.

Über gesetzliche Mängelhaftungsrechte muss künftig informiert werden

Online-Händler müssen ihre Kunden künftig über das Bestehen eines gesetzlichen Mängelhaftungsrechts für die Waren informieren. Das ist neu, da die Rechtsprechung bislang vom Gegenteil ausging.

Soweit der Online-Händler nicht durch eigene Garantieversprechen oder sonstige vertragliche Regelungen (z.B. in Angeboten oder AGB) von den gesetzlichen Mängelrechten abweicht, genügt ein einfacher Hinweis auf die Gesetzeslage.

Formulierungsvorschlag:

„Für alle unsere Produkte gilt die gesetzliche Mängelhaftung.“

 

Händler müssen Verbraucher über Garantien und Kundendienst belehren

Verbraucher müssen ab dem 13.06. auch über das Bestehen und die Bedingungen von Garantien, Kundendienst und Kundendienstleistungen belehrt werden.

Demnach muss zwingend über die Bedingungen der jeweiligen Garantie  informiert werden, sofern eine angebotene Ware vom Online-Händler mit einer Garantie beworben wird. Die Garantieerklärung sollte vor allem

  • den Hinweis, dass durch die Garantie gesetzliche Rechte des Verbrauchers nicht eingeschränkt werden und
  • den Inhalt und Umfang der Garantie sowie alle wesentlichen Angaben, die für die Geltendmachung der Garantie erforderlich sind (z.B. Dauer und den Geltungsbereich der Garantie etc.)

enthalten.

Auch sollten Garantiebedingungen von Dritten (z.B. von Herstellern/Produzenten) nicht ungeprüft übernommen werden, da dies oftmals nicht den gesetzlichen Anforderungen genügen.

Informationen über die Funktionsweise digitaler Inhalte müssen zur Verfügung gestellt werden

Bereits nach geltendem Recht muss der Verbraucher vor Abgabe seiner Bestellung über die wesentlichen Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen informiert werden. Für digitale Inhalte (z.B. Computerprogramme, Apps, Games, Videos, Musik etc.) regelt das Gesetz nunmehr ausdrücklich, über welche Eigenschaften der Verbraucher mindestens aufzuklären ist.

Demnach müssen Verbraucher wenigstens über die Funktionsweise und – soweit wesentlich – über die Interoperabilität digitaler Inhalte informiert werden. Entsprechend sollte unbedingt auf das Vorhandensein bzw. Nichtvorhandensein von technischen Beschränkungen (z.B. Regionalcodierung) sowie auf bestehende Beschränkungen der Interoperabilität und die Kompatibilität mit Hard- und Software (z.B. Systemvoraussetzungen) hingewiesen werden.

Zeitpunkt der Informationserteilung und Bestätigungsschreiben

Wie oben erwähnt, sin Verbraucher zukünftig spätestens bei Einleitung des Bestellvorgangs darüber zu informieren, ob im Shop Lieferbeschränkungen bestehen und welche Zahlungsarten akzeptiert werden.

Auf einer allgemeinen Informationsseite muss darüber informiert werden, ob für die verkauften Waren die gesetzlichen Gewährleistungsrechte bestehen. Dies kann auch im Rahmen der AGB erfolgen. Da Online-Händler ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Rahmen der Umstellung auf die neue Rechtslage ohnehin überarbeiten müssen, empfiehlt es sich eine entsprechende Klausel in die AGB aufzunehmen.

Sollten vom Onlinehändler vertragliche Garantien, spezielle Kundendienste oder Kundendienstleistungen angeboten werden, so sind Verbraucher über die Details ebenso an gesonderter Stelle (z.B. in den AGB oder auf gesonderter Informationsseite) zu informieren.

Zudem muss dem Kunden (Verbraucher) eine Bestätigung über den Vertragsschluss, in der der Vertragsinhalt wiedergegeben ist, innerhalb einer angemessenen Frist nach Vertragsschluss – spätestens  bei der Lieferung der Ware bzw. bevor mit der Ausführung der Dienstleistung begonnen wird – auf einem dauerhaften Datenträger (also z. B. per Mail) zur Verfügung gestellt werden. Diese Vertragsbestätigung muss auch alle der oben genannten Hinweise enthalten. Daher bietet es sich an, der Bestätigungsmail bzw. dem Bestätigungsschreiben die AGB beizufügen, sofern diese alle nötigen Hinweise enthalten.

Kunden-Hotlines

Sofern der Online-Händler eine Telefonnummer für Fragen bezüglich eines bestehenden Vertrags zur Verfügung stellt, darf diese künftig nicht mehr als nach dem Grundtarif kosten. Demnach dürfen für vertragsbezogene Anfragen von Verbrauchern keine teuren 0900- oder 0180- Nummern mehr angeboten werden.

Für einige Unternehmen stellt dies eine wesentliche Neuerung dar. So müssen diese unbedingt bis zum 13.06. sicherstellen, dass Kunden eine telefonische Kontaktmöglichkeit zur Verfügung steht, die die besagten Anforderungen erfüllt.

Fazit
Auf Online-Händler (sowie Betreiber von Bestell-Hotlines und App-Shops) kommen ab dem 13.06.2014 weitreichende Veränderungen zu. Diese erfordern nicht nur eine Überarbeitung der AGB, sondern oftmals auch eine Umstellung der Bestellprozesse. Online-Händler sollten sich daher unbedingt mit den Änderungen, die auf sie zukommen auseinandersetzen und eine Umstellung ihres Online-Shops vorbereiten.  Shop-Betreiber die die neuen Regelungen am 13.06.2014 nicht oder nicht korrekt umgesetzt haben, laufen Gefahr kostenpflichtig von Konkurrenten und/oder Verbraucherschutzverbänden abgemahnt zu werden.

Zur Person
Marco Koehler ist Rechtsanwalt und Inhaber der Kanzlei -K- Legal Services in Berlin. Er berät vornehmlich Unternehmen im Online-, IT- und Medienrecht. Darüber hinaus verfügt Marco Koehler über mehrjährige Praxis im deutschen und europäischen Wirtschaftsrecht sowie im Wettbewerbs- und Markenrecht.

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