15 Fragen an Stefan Gärtner von kinderfee

“Ich habe mein Studium als Zauberer verdient”

Jeden Freitag beantwortet ein Gründer oder eine Gründerin unseren standardisierten Fragebogen. Der Fragenkatalog lebt von der Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Fragen, die alle Gründerinnen und Gründer beantworten müssen – diesmal antwortet Stefan Gärtner von kinderfee.
“Ich habe mein Studium als Zauberer verdient”
Freitag, 28. März 2014VonChristina Cassala

Was bedeutet es Ihnen, Ihr eigener Chef zu sein?
Unabhängigkeit ist mir wichtig. Noch wichtiger ist mir allerdings, dass ich Dinge umsetzen kann, die ich für richtig und vor allen Dingen wichtig für die Entwicklung des Unternehmens halte. Für Fehler dann selbst geradezustehen hilft eigentlich mehr bei der Motivation, als es schadet.

Bei welcher Gelegenheit kam Ihnen die Idee zu Ihrem Start-up?
Bei der Geburtstagsparty meines Mitgründers Daan Löning. Viele Freunde, die gerade Eltern geworden waren, hatten abgesagt, weil sie nicht den passenden Babysitter gefunden haben.

Woher stammte das Kapital für Ihr Unternehmen?
kinderfee.de ist ausschließlich durch Business Angels und andere Unternehmer finanziert. Eine Entscheidung, die ich nur empfehlen kann, da man viel unternehmerischen Input bekommt. Auch ein Investment im 7-stelligen Bereich ist dann möglich. Wichtig ist, dass man auch als Gründerteam eine sorgfältige Auswahl trifft.

Was waren bei der Gründung Ihres Start-ups die größten Stolpersteine?
Gründen heißt Stolpersteine bewältigen. Es gab, glaube ich, nicht einen, sondern sehr viele kleine. Und es gibt sie eigentlich jeden Tag, auch heute noch.

Was würden Sie rückblickend in der Gründungsphase andersmachen?
Am Anfang ist alles neu und komplex und erscheint einem als große Herausforderung. Bei einer zweiten Gründung würde ich einen klaren Fokus auf das Wesentliche (oft das Kernprodukt) über alles Andere stellen.

Jedes Start-up muss bekannt werden. Welche Marketingspielart ist für Sie besonders wichtig?
Als Unternehmer ist man opportun. Am Anfang sollte man jede Möglichkeit mitnehmen – besonders, wenn sie kostenfrei ist. Die eigenen Freunde sind die ersten Kunden (crossing 10), aber auch Blogger und Journalisten sind die perfekten Multiplikatoren. Ich würde auch versuchen von Beginn an Empfehlungen zu messen (viral coefficient). Diese werden dann bei starkem Wachstum durch bezahlte Kanäle sehr wichtig, da sie die Customer Acquisition Cost stark reduzieren.

Welche Person hat Sie bei der Gründung besonders unterstützt?
Mein Mitgründer Daan Löning. Alleine zu gründen, halte ich für eher schwierig. Einem fehlt der Sparingspartner, für alles. Und außerdem arbeiten 2 Köpfe und 4 Hände deutlich schneller.

Welchen Tipp geben Sie anderen Gründern mit auf den Weg?
Naiv zu sein am Anfang ist eher von Vorteil (ich hätte sonst niemals gegründet). Das Lernen an sich als Ziel zu setzen, hilft dabei, eine sich selbst immer verbessernde Unternehmenskultur zu schaffen. Und dann fehlt eigentlich nur noch eins: Durchhalten und nicht zu früh aufgeben!

Sie treffen den Bundeswirtschaftsminister – was würden Sie sich für den Gründungsstandort Deutschland von ihm wünschen?
Grundsätzlich stehen wir in Deutschland ja nicht schlecht da. Hier aber drei Themen, über die der Bundeswirtschaftsminister weiter nachdenken könnte:
1. Gründungsformalitäten sind unnötige Barrieren, die Zeit, Nerven und Geld kosten. Junge Unternehmen im ersten Jahr haben fast keinen volkswirtschaftlichen Einfluss, daher sollten sie auch kaum Richtlinien haben. Die Chance, dass viele dieser Neugründungen erfolgreich werden und den Wirtschaftsstandort Deutschland stärken, wird hierdurch oft im Keim erstickt.
2. Das Insolvenzrecht ist ebenfalls schwierig. In Deutschland muss man ja aufpassen, dass man nicht ins Gefängnis wandert.
3. Alle wissen es, wenig passiert. Anschlußfinanzierungen von über 1 Mio. Euro sind in Deutschland DAS Problem in der Start-up Finanzierung.

Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up gegründet hätten?
Dies ist eine schwierige Frage, da ich mir etwas anderes zurzeit gar nicht mehr vorstellen kann. Ich habe mein Studium teilweise mit Auftritten als Zauberer und Magier verdient, vielleicht wäre das noch eine Option.

Bei welchem deutschen Start-up würden Sie gerne mal Mäuschen spielen?
Da wir selbst ein Start-up sind, würde ich gerne einmal bei einem typisch deutschen Großunternehmen reinschauen. Da ich in der Woche 15 Stunden Zug fahre, würde ich gerne einen Tag Praktikum in der Schaltzentrale der Deutschen Bahn machen (Die Prozesse sind ja da evtl. auch eher wie bei einem Start-up).

Sie dürften eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reisen Sie?
Die 80er. Meine Kindheit noch einmal durchleben.

Sie haben eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machen Sie mit dem ganzen Geld?
Fünf Prozent Verzinsung sind 50.000 Euro. Ein vernünftiges Jahresgehalt, wenn man den Konsum mit Vorsicht genießt. Dann würde ich vielleicht jeden Tag zum Sonntag machen (siehe unten). Wahrscheinlich würde ich aber eher noch einmal gründen und versuchen mit dieser Idee andere große Probleme in Deutschland und der Welt zu lösen.

Wie verbringen Sie einen schönen Sonntag?
Ich verbringe jeden Sonntag mit Nichtstun. Sonntag ist meist digital Shutdown, keine E-Mails, kein Social Media, keine Blogs. Ansonsten mit dem, was andere auch so machen: Joggen gehen, Kuchen essen, Kochen und den Tatort schauen.

Mit wem würden Sie sich gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
Nassim Nicholas Taleb und Daniel Kahneman

Im Fokus: Weitere Fragebögen in unserem großen Themenschwerpunkt 15 Fragen an

Zur Person:
Stefan Gärtner, Gründer von kinderfee, ist gebürtiger Duisburger und hat International Business in Maastricht und Nizza studiert. Seinen späteren Geschäftspartner Daan Löning lernte er bei DC Advisory Partners in Frankfurt/Main kennen. Dort berieten sie gemeinsam Gründer, Investoren und Online- bzw. Softwarefirmen bei Finanzierungsthemen und Exits.

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Christina Cassala

Christina Cassala, Redakteurin bei deutsche-startups.de, war schon zu ihren besten Uni- Zeiten in den 90er Jahren journalistisch tätig. Gleich nach dem Volontariat arbeitete sie bei einem Branchenfachverlag in Hamburg, ehe sie 2007 zu deutsche-startups.de stieß und seither die Entwicklungen der Start-up Szene in Deutschland mit großer Neugierde beobachtet.