Storytelling oder: Warum hören wir gern Geschichten?

Storytelling: What are you good for? – Gastbeitrag von PR-Specialist Thomas Keup. Woran erkennt Ihr, dass Ihr urlaubsreif seit? Dies ist der Einstieg von Air Berlin in einen Newsletter zum Thema Sommerreiseziele. Zu […]
Storytelling oder: Warum hören wir gern Geschichten?
Dienstag, 23. Juli 2013VonTeam

Storytelling: What are you good for? – Gastbeitrag von PR-Specialist Thomas Keup. Woran erkennt Ihr, dass Ihr urlaubsreif seit? Dies ist der Einstieg von Air Berlin in einen Newsletter zum Thema Sommerreiseziele. Zu den Highlights der Antworten zählen: Ihr lasst das Cabrio auch bei Regen offen. Ihr nehmt aus Versehen die Sonnencreme zum Zähneputzen. Der Eine oder Andere denkt jetzt, ‘was für ein Quatsch!’.

Doch der Newsletter der zweitgrößten deutschen Airline ist alles Andere als eine platte Witzesammlung: Zu jedem der 10 Punkte bietet uns die Fluglinie 3 Reiseziele zu Schnäppchenpreisen an. Und damit hat sie uns an den “Balls”.

Natürlich geht es um das Verkaufen von Flugtickets. Aber niemand von uns kauft Flugscheine um des Schnäppchens Willlen. Was verkauft uns Air Berlin mit dem Newsletter wirklich? Die Antwort lautet Fernweh – den Wunsch, dem grauen Alltag zwischen MBAs und Nerds zu entkommen.

Während der sechs Jahre als Redakteur und Reporter im Hörfunk gehörte der folgende Grundsatz zur täglichen Arbeit: ”Radio ist Kino im Kopf!” Seit einer Studie des MIT in Boston nennen Experten dies Storytelling”. Und damit beschäftigen wir uns heute.

Warum hören wir gern Geschichten? Gegenfrage: War das nicht ein tolles Gefühl, wenn wir vor dem Einschlafen eine “Gute-Nacht-Geschichte” erzählt bekommen haben? Genau! Geschichten lassen in unserem Hinterkopf einen Film ablaufen – Kino im Kopf.

Im Geschäft ist für uns vor allem entscheidend, was wir mit Storytelling erreichen können:

  • Mit Geschichten informieren wir einfach über unsere Leistungen.
  • Mit Geschichten lösen wir beim Empfänger gute Gefühle aus.
  • Mit Geschichten verankern wir uns als interessanter Partner.

Deutschlands erfolgreichster Privatsender RTL Television hat über viele Jahre diesen Grundsatz für sein Programm genutzt:

Menschen – Bilder – Emotionen.

Abgesehen vom Fernsehprogramm zwischen “Komödie” und “Tragödie” finde ich, dass RTL damit genau zum Ausdruck bringt, worum es beim Storytelling geht:

  • Menschen interessieren sich für Erlebnisse und Erfahrungen anderer Menschen.
  • Menschen verarbeiten Informationen in aufeinander folgenden Bildern – der Geschichte.
  • Menschen fühlen sich angesprochen, wenn sich andere ihnen gegenüber öffnen.

Was gehört zu einer guten Geschichte dazu? Wie in fast jedem Beruf gibt es auch im Journalismus – der Heimat des Storytellings – einen Koffer voller Werkzeug, um zum Ziel zu kommen.

Das Motiv:

Bevor Ihr loslegt, Eure Geschichte zu erzählen, solltet Ihr überlegen, warum Ihr überhaupt eine Story braucht? Anders ausgedrückt:

  • Was wollt Ihr der großen, weiten Welt erzählen?
  • Welche Eurer eigenen Erfahrungen helfen dabei?
  • Welches Ziel verfolgt Ihr mit Eurer Geschichte?

Bleibt möglichst offen, ehrlich und fair. Indem Ihr Eure guten und weniger guten Zeiten offenbart, ermöglicht Ihr Empathie bei Euren Zuhörern. Und daraus entsteht Sympathie.

Der Aufbau:

Eine Geschichte setzt sich aus vielen einzelnen – möglichst lebendigen – Bildern zusammen. Dabei gibt es drei Wegmarken, die entscheidend für die spätere Erinnerung an Eure Geschichte sind:

  1. Die Einleitung
  2. Der Höhepunkt
  3. Das (Happy-)End/e

In der Einleitung malt Ihr ein Bild, wo sich die Geschichte abspielt, wer die Akteure sind oder worum es geht. Damit fangt Ihr die Zuhörer oder Zuschauer ein. Dabei helfen bekannte oder prägante Informationen, z. B.

  • Stellt Euch vor, was auf der letzten “Echtzeit” passiert ist: …”
  • Sie sind mehr als Brüder. Sie bringen selbst Postboten zum Schreien. …“

Ich wette, Ihr habt sofort die Zalando-Werbung im Hinterkopf gehabt! Eine gute Schule, um Einstiege zu schreiben, ist die Bild-Zeitung. Sie bringt in 20-25 Zeilen auf den Punkt, wozu Abonnement-Zeitungen 150-200 Zeilen brauchen. Der “Trick”: Zeichne ein starkes Bild. Und spar’ dir die Wiederholung des alten Krams.

Die nächste Hürde ist der Spannungsbogen auf dem Weg zum Höhepunkt. Was ist des Pudels Kern? Hier hilft euch das ETHOS-Prinzip aus der Rhetorik.

Konzentriert Euch auf einen Bereich, nicht auf zwei oder drei verschiedene Aspekte:

  • E steht für die wirtschaftlichen oder finanziellen Aspekte
  • T steht für die technischen oder innovativen Aspekte
  • H steht für die (zwischen-)menschlichen Aspekte
  • O sind die organisatorischen bzw. internen Aspekte und
  • S sind die sozialen oder gesellschaftlichen Aspekte

Beim “S” solltet Ihr aufpassen, nicht in eine ethisch-moralische Ecke zu geraten – wie es Lehrer und Politiker gern tun.

Generell müsst Ihr in jeder Geschichte die “W-Fragen” beantworten. Dies sind:

  • Wer ist Euer Hauptakteur?
  • Was erlebt er in der Welt?
  • Wann spielt Eure Geschichte?
  • Wo ist Euer Hauptakteur unterwegs?
  • Wie löst Euer Hauptakteur das Problem?

Mit den fünf Ebenen könnt Ihr praktisch jedes Thema aufbereiten. Einen Schritt weiter beantwortet Ihr dann noch die beiden hintergründigen Fragen Warum ist die Geschichte wichtig? und Woher habt Ihr die Erfahrungen?

Es darf “menscheln”!

Ein paar Tipps, wie Ihr Eure Story schreiben könnt:

  • Roter Faden: Was wollt Ihr Gutes tun? Das ist des Pudels Kern!
  • Spannungsbogen: Wer ist der Böse und wer der Gute im Spiel?
  • Menschlichkeit: Wer seit Ihr und wofür steht Ihr im Geschäftsleben?
  • Aus einem Guss: Bringt nur die wichtigsten Stationen in der Geschichte.
  • Kino im Kopf: Nutzt bildliche Vergleiche. Damit’s wird erst richtig lebendig.
  • Verständlichkeit: Sprecht die Sprache Eurer Zuhörer. Bleibt auf dem Boden.
  • Happy End: Wir alle lieben ein gutes Ende und identifizieren uns mit dem Guten.

Wenn Ihr es bis hierher geschafft habt, fehlt nur noch ein guter Rat, á la

„Und die Moral von der Geschicht’, …“

Zu guter Letzt habe ich für Euch hier noch eine kleine Reihe von Tipps, wie Ihr eine Geschichte strukturieren könnt:

  • 1 Thema ist eine Geschichte
  • 1 Bild ist ein guter Einstieg
  • 1 Gedanke ist ein Absatz
  • 1 Satz transportiert eine Aussage.

Wenn Ihr diese kleinen Grundregeln beherzigt, könnt auch Ihr schon bald perfekt schreiben. Und wenn Ihr lieber schreiben lasst, sucht Euch einen (ehemaligen) Journalisten, der das Handwerkszeug von der Picke auf gelernt hat. Jeder gute Texter stellt Euch gern ein paar Proben zur Verfügung. Und wenn Ihr Fragen habt – jederzeit gern! Ich bin dann mal zwischendurch im Urlaub (Ihr wisst schon, die Schnäppchenflüge vom Anfang …)

Foto: Typewriter with Story buttons, vintage style from Shutterstock

Zur Person
Thomas Keup ist langjähriger PR- und Social-Media-Specialist in Berlin und Barcelona. Mit Spreefactory betreut er Start-ups und Tech-Companies in Corporate Communications. Zu den Schwerpunkten des gelernten Journalisten zählen PR-Strategien, Storytelling und Social Media Relations. Mit mehr 8 Jahren Know-how in der IT- und Telekommunikationsindustrie als Pressesprecher und Social Media Officer übersetzt Thomas Keup technische Themen für Nutzer. Thomas Keup pflegt ein bundesweites Netzwerk persönlicher Medienkontakte.