Reputation: Ene, mene, muh … und raus bist Du!

Reputation: Ene, mene, muh … und raus bist Du! – Gastbeitrag von PR-Specialist Thomas Keup: Zuerst kommt ein trotziges “Ich bin mir keiner Schuld bewußt!” und ein “Ich werde mit allen Mitteln dagegen vorgehen!”. Gefolgt […]
Reputation: Ene, mene, muh … und raus bist Du!
Dienstag, 7. Mai 2013VonTeam

Reputation: Ene, mene, muh … und raus bist Du! – Gastbeitrag von PR-Specialist Thomas Keup: Zuerst kommt ein trotziges “Ich bin mir keiner Schuld bewußt!” und ein “Ich werde mit allen Mitteln dagegen vorgehen!”. Gefolgt von einem lamoyanten “Ich/er wollte doch nur Euer Bestes!” und einem mitleidigen “Ich wollte niemanden Schädigen!” bis zum hilflosen “Es ist nicht so, wie Ihr denkt!”. Spätestens jetzt geht jeder “Sünder” zu Boden.

Mediale Beerdigung: “Ein Fall aus maximaler Höhe”

Als “Halbgott” von Massenmedien in den 7. Himmel gehoben, genüßlich “angeschossen” von den “harten Hunden” Bild, Spiegel oder Stern, zu Boden gerissen von “blutrünstigen” Talk-Mastern & ihren üblichen “Verdächtigen” und “niedergestreckt” von Volkes Meinung. Damit Willkommen in der schmutzigen Welt der “3S” – “Saubermänner, Shitstorms & Skandale”.

Heute beschäftige ich mich mit den “Saubermännern” (und “…frauen”) der Nation. Nennen wir sie “Karl-Theodor”, “Christian” “Anette”, und “Ulli”. Was haben die “armen Sünder” alle gemeinsam? Sie sind in eine ethisch-moralische Falle getappt! Live und in Farbe “begleitet” von der lieben Tagespresse, wie die Links zu Ulrich Hoeneß zeigen.

Das 11. Gebot: Lass’ Dich nicht erwischen!

Ob  Bundespräsident, Minister/in, Clubpräsident oder Vorzeigeunternehmer: Wer sich bei offensichtlichen “Schweinereien” erwischen lässt, landet am Pranger. Der Schandpfahl stand vom 13. bis zum 19. Jahrhundert auf Deutschlands Marktplätzen. Die Funktion übernehmen heute freundlicherweise die Medienhäuser von  Rudolf Augstein (Spiegel), Liz Mohn (Stern/Gruner+Jahr/Bertelsmann) und Friede Springer (Bild/Axel Springer).

Pieh, pah, poh … Schuld bist Du!

In westlichen Demokratien werden “Sünder” heute aus einem Grund an den Pranger gestellt: Sie haben etwas gesellschaftlich Verwerfliches getan. Frei nach der Devise “Das macht MAN nicht!” wird die individuelle Schuld in Verbindung mit verwerflich geltenden Themen zur Schuld ggü. der Gesellschaft. Um die Schuld zum Skandal zu machen, helfen diese “Kniffe”:

  1. Zitate des Sünders aus dem Zusammenhang reißen und negativ bewerten
  2. Unsichere Informationen zu Tatsachenbehauptungen umformulieren
  3. Negative Zitate + scheinbare Tatsachen werden zu verwerflichem Skandal

Macht das nur die Zeitung mit den großen Buchstaben? Keineswegs! Auch wenn Boulevard-Blätter vorn dabei sind, richtig “mies” sind die “Qualitätsmedien”. Sie schreiben von Boulevard-Zeitungen ab, drehen die Geschichte für die “Bildungsleserschaft” ins Negative und sind hinterher an nichts Schuld – hatten ja nur abgeschrieben.

Wenn die Meute Blut geleckt hat

Journalisten sind meist harmlos. Wenns aber “frisch gerissenes Lamm” statt Butter-Stulle gibt, wird der netteste Medienvertreter zum “blutrünstigen Wolf”. Dabei wird oft die Privatsphäre missachtet, frei erfundene Geschichten erzählt und ein quicklebendiger “Kandidat” schon mal vorsorglich “tot geschrieben”. Selbstredend recherchiert man sich die Geschichte nicht “kaputt”, heisst: Man verzichtet auf die Gegenrecherche und Fakten, die dem Betroffenen zu Gute kommen fallen versehentlich unter den Tisch – musste ja schnell gehen.

K.o.-Themen: Von Missbrauch bis Judentum

Wo wir bei Tabus sind, sprechen wir heute mal Klartext. In der Praxis gibt es 5 K.o.-Bereiche, an denen sich “Sünder” die “Pfoten verbrennen”:

  1. Öffentliche Moral: Vorbild in der Öffentlichkeit und Schweizer Schwarzgeld? Volltreffer!
  2. Religiöse Moral: Etwas Kritisches über Israel oder das Judentum sagen ist brenzlig …
  3. Juristische Moral: Steuerschlupflöcher und Selbstanzeigen sind ganz heiße Themen.
  4. Politische Moral: Bestechlichkeit und Bereicherung auf Steuerkosten? Versenkt!
  5. Private Moral: Kinder und Frauen missbrauchen oder schlagen geht gar nicht!

Einer quatscht immer – mindestens!

Als kleiner Volontär lernte ich von den alten Hasen in der Redaktion den wichtigsten Satz im Mediengeschäft: “Einer quatscht immer!” Wenn Reporter “buddeln” gehen, gibt es immer mindestens Einen, der seine Schn.uze nicht halten kann und auf “15 Minuten Ruhm” hofft. Gut für den Reporter, Pech für das Opfer! Heisst: Wissen “es” zwei, wissen es alle! Das gilt auch bei der Aufklärung. Erstaunlich, welche Freunde jedem Mikrofon hinterher rennen.

Deine Feunde sind Deine Feinde waren Freunde!

In den 16 Jahren meiner Mitgliedschaft in einer Volkspartei lernte ich die Steigerungsformel für Politiker kennen. Sie lautet: Feind, Totfeind, Parteifreund!

Vorsicht ist besonders bei Aussagen geboten, wie “Am Schluss wird die Wahrheit siegen!” oder “Du hast unsere volle Rückendeckung!” Betroffenheit könnte man hier auch mit Verlogenheit übersetzen. Welche führende Bundespolitikerin hat sich da gerade durch ihren Sprecher als “besonders traurig” zitieren lassen?

Wenn’s einsam wird, ist es vorbei!

Der finale “Kopfschuss” findet immer nach diesem Ablauf statt:
a) Hierachie: Ich bin der Experte und Du hast etwas Schlimmes getan
b) Distanz: Dir und Deiner Organisation kann man nicht mehr trauen
c) Solidarität: “Andere” (Konkurrenten) haben ihre Lektion gelernt
d) Konkurrenz: Du gehörst deshalb jetzt an den Pranger stellt

Besonders glaubwürdig klingen diese Vorwürfe von Journalisten, die von Allem und Jedem die “volle Ahnung” haben und innerhalb weniger Stunden zum Experten genau dieses Themas avancieren. Im Zweifelsfall findet sich auch gern ein “mediengeiler” Experte, der seinen Senf als Interessenvertreter total selbstlos ablässt.

Journalisten sind keine Freunde – KEINE!

In Politikerkreisen und in der Unternehmerschaft glauben Einige, Journalisten mit Insiderinformationen, Exklusiveinladungen und Privatjets “kaufen” zu können, um nicht in brenzlige Situationen zu geraten. Natürlich nehmen Journalisten alles mit, was sie kriegen können! Aber loyal sind sie deshalb noch lange nicht! Da ist der Anruf vom “Christian” auf “Kais” AB doch glatt in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung und in der Süddeutschen Zeitung gelandet. Upps!

Wer einen Journalisten angreift, hat alle am Hals!

Merke: “Eine Krähe kratzt der anderen Krähe niemals ein Auge aus!” “Krähen” sind Journalisten, oder Pressesprecher, die früher einmal Journalisten waren. Oder Journalisten, die jetzt was anderes machen. Warum? Weil nur Journalisten wissen, was Journalisten an Tricks auf Lager haben. Und wer im Glashaus sitzt, sollte mit Steinen bekanntlich vorsichtig sein. Ach ja: Was ich hier über Journalisten erzähle, bleibt natürlich “unter uns”!

Offen, ehrlich, fair. Offen, ehrlich und fair

Um aus einem Konflikt keinen Skandal werden zu lassen, bleiben Euch im Ernstfall maximal 24 Stunden. Danach verselbstständigt sich die Meinungsbildung. In sozialen Medien greift am 2. Tag die “Holzpresse” das Thema auf. Am 3. Tag “brennt die Hütte lichterloh”. Im Sommer 2009 erlebte ich die ganze Tragödie am Fall Jako mit.

Und wie kommt man da raus? Ganz einfach:

  1. Demütig verhalten und Abitte ggü. den Betroffenen leisten
  2. Korrektiv verhalten und den Lerneffekt kommunizieren
  3. Absicht erklären und um Verständnis bitten
  4. Bei unrechtmäßigen Angriffen Gegenwehr leisten

Diese Image Restoration Strategy ist so gut wie der einzige Weg, um die “blutrünstige Meute” auf ihre Plätze zu verweisen. Allerdings nur, wenn Ihr es ehrlich meint. Und noch nicht mit Konsequenzen gedroht habt (Sorry, Ulli, zu spät!). Im Herbst vergangenen Jahres habe ich so den Konflikt eines PR-Klienten mit einem Online-Magazin in einem halben Tag entschärfen können.

Die wichtigsten Fakten könnt Ihr nochmal in Slides von mir nachlesen. Und wenn Ihr in einen Konflikt mit Medien geratet, reagiert schnell! Am Besten, Ihr investiert vorher in Eure Reputation, als dass Euch im Krisenfall die Rehabilitationskosten um die Ohren fliegen.

Foto: Illustration depicting a roadsign with a bad publicity concept. Sky background from Shutterstock

Zur Person
Thomas Keup ist langjähriger PR- und Social-Media-Specialist in Berlin und Barcelona. Mit Spreefactory betreut er Start-ups und Tech-Companies in Corporate Communications. Zu den Schwerpunkten des gelernten Journalisten zählen PR-Strategien, Storytelling und Social Media Relations. Mit mehr 8 Jahren Know-how in der IT- und Telekommunikationsindustrie als Pressesprecher und Social Media Officer übersetzt Thomas Keup technische Themen für Nutzer. Thomas Keup pflegt ein bundesweites Netzwerk persönlicher Medienkontakte.