Gnibble: Alltagsgegenstände auf Basis von “Collaborative Consumption” verleihen

Gnibble (www.gnibble.com) bietet eine kostenlose webbasierte Plattform, auf der Nutzer Dinge, die sie gerade nicht brauchen, verleihen, tauschen oder verschenken können. Der Dienst setzt dabei auf die so genannte “Collaborative Consumption”, einen Trend […]
Gnibble: Alltagsgegenstände auf Basis von “Collaborative Consumption” verleihen
Montag, 28. Januar 2013VonThorsten Panknin

Gnibble (www.gnibble.com) bietet eine kostenlose webbasierte Plattform, auf der Nutzer Dinge, die sie gerade nicht brauchen, verleihen, tauschen oder verschenken können. Der Dienst setzt dabei auf die so genannte “Collaborative Consumption”, einen Trend zur gemeinschaftlichen Nutzung von beispielsweise Büchern, Fahrrädern, Spielekonsolen oder auch Autos. Diese Bewegung steht im Gegensatz zum derzeit herrschenden “Hyperkonsum”, in dem immer wieder neue Produkte erworben werden und der Besitz im Mittelpunkt steht.

Gnibble aus Berlin setzt mit seiner neuen Webplattform auf die so genannte “Collaborative Consumption”. Besonderen Wert setzt der Dienst auf das lokale Netzwerk, das eigene Stadtviertel, welches in Teilen Deutschlands auch “Kiez” genannt wird. Der aus den USA stammende Trend, zu deutsch etwa “kollaborativer Konsum” oder “KoKonsum”, beschreibt ein ökonomisches und gesellschaftliches Modell, in dem nicht der Besitz von Dingen, sondern das Teilen, Tauschen oder Vermieten den Mittelpunkt bilden. Kerstin Keller und Gordon Friebe, die Gründer und Betreiber von gnibble, erläutern ihren Ansatz: “Wir glauben, dass der derzeitig zu beobachtende Trend zu mehr Nachhaltigkeit dazu führen wird, dass Leihen, Tauschen und andere Formen des KoKonsums an Bedeutung gewinnen werden. Leihen ist das neue Kaufen.” Keller fährt fort: “Wir konzentrieren uns auf lokale Gemeinschaften wie den eigenen Kiez, die Nutzer sind nicht weit voneinander entfernt, es ist einfach, etwas zu verleihen. Vielleicht sieht man den anderen sogar öfter auf der Straße und wir können dadurch die Vernetzung im Kiez verbessern.”

Bohrmaschinen, Raclette-Sets, DVDs oder Spielekonsolen sind nur einige Beispiele für Dinge, die wir nach dem Kauf nur wenige Male oder nur selten nutzen und die dadurch die meiste Zeit ungenutzt herumliegen. Ähnliche Ideen des Teilens gibt es auch in anderen Bereichen, wo das eigene Auto oder Wohnraum geteilt werden. Keller und Friebe beurteilen das wie folgt: “In einer Welt begrenzter Ressourcen leben wir in ungebremstem Konsumrausch. Wir arbeiten, um zu kaufen und zu besitzen und das Erworbene durch Neueres zu ersetzen – immer wieder und zunehmend schneller. Das macht doch keinen Sinn.”

Es werden verschiedenste Dinge verliehen, die Vertrauensbildung ist ein Thema

Zurzeit verleihen und verschenken etwa 100 Nutzer Gegenstände, die sie nicht ständig brauchen, und das zurzeit hauptsächlich in Berlin.  Unter den verlihenen Dingen befinden sich “Singstar”-Mikrofone, Fahrräder, Brettspiele und Bücher bis hin zu Kaffeeautomaten und Staubsaugern. Analog zu den Angeboten können Nutzer auch Gesuche für Dinge einstellen und hoffen, dass es bei gnibble jemanden gibt, der ihnen aushilft. Um die Übergabe zu vereinfachen, können Nutzer ihre Erreichbarkeit angeben, so dass sich leichter ein Termin finden lässt. Ein kritisches Thema beim Weggeben von eigenem Besitz ist der Vertrauensvorschuss in Menschen, die man noch nie gesehen hat und von denen man vielleicht nicht einmal weiß, wie sie aussehen. Keller erläutert ihre Vorgehensweise, die ähnlich zu ebay erscheint: “Für die Vertrauensbildung zwischen den Nutzern setzen wir auf einen Reputationsmechanismus aufgrund von Erfahrungen und Bewertungen: Nutzer können bei anderen sehen, an wie viele Leute sie schon etwas verliehen oder selbst geliehen haben und welches Feedback dazu hinterlassen wurde.”

Zur Firma und den Mitbewerbern

Friebe und Keller gründeten gnibble im Juni 2012 und starteten ihre Plattform Anfang November. Das Start-up finanziert sich aus eigener Tasche und ist dabei, verschiedene Geschäftsmodelle zu ergründen: ob es später zur weiteren Finanzierung Mitgliedsbeiträge, Transaktionsprovisionen oder Spenden geben wird, ist noch ungewiss, da nicht klar ist, was im Zusammenspiel mit dem Konzept funktionieren könnte. Bislang sind lediglich kostenlose Transaktionen möglich, das Team kann sich für einen späteren Zeitpunkt aber auch vorstellen, Verleih gegen Gebühr oder Kooperationen mit gewerblichen Anbietern vorstellen, falls es in das Gesamtkonzept vom gnibble passt. Mitbewerber sind unter anderem Leihdirwas (www.leihdirwas.de) und Whyownit (www.whyown.it), wobei Whyownit auf eine App für den Facebook-Freundeskreis setzt. Im weiteren Sinne sind auch Carsharing-Dienste wie StattAuto (www.stattauto-hl.de) zu nennen.

Gnibble greift einen Trend auf, von dem in letzter Zeit schon öfter zu lesen war. Die Idee ist gut, es bleibt allerdings abzuwarten, ob eine große Zahl an Menschen sich die Philosophie zu eigen macht. Beim Thema “Vertrauen” geht gnibble einen ähnlichen Weg wie ebay, indem es auf einen Reputationsmechanismus setzt. Falls es Bedenken gibt, ob das verliehene Produkt auch wieder zu einem zurückkehrt, kann man es ja auch mit etwas weniger wertvollen Dingen ausprobieren. Einen Versuch ist es wert.

Update, 28.01.2013, 16:22: Wie ein aufmerksamer Leser in den Kommentaren feststellte, befindet sich die Firma hinter gnibble tatsächlich in Liquidation, wie der Zusatz im Firmennamen “i.L.” bestätigt. Gordon Friebe von gnibble bringt Licht in die Angelegenheit und erklärt: “Wie im Artikel angemerkt, evaluieren wir aktuell noch Geschäftsmodelle. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass eine profitorientierte Gesellschaftsform mit privaten Gewinnanteilen keine passende und keine glaubwürdige Basis für unser Anliegen ist. Während wir derzeit noch die Möglichkeit prüfen, eine Anerkennung als gemeinnützige GmbH zu erhalten, bereiten wir mit der Liquidation, die ein Jahr dauert, die Umwandlung in eine andere Form – zum Beispiel einen Verein – vor, die es uns ermöglicht offener, kommunal glaubwürdiger und frei von internen oder externen Profitinteressen zu agieren.”

Artikel zum Thema
* “Mobile gibt es nichts Vergleichbares” – Philipp Gloeckler von WHYown.it

Thorsten Panknin

Kommt beruflich aus den Bereichen der Mediengestaltung und der Betreuung demenziell erkrankter Menschen. Seit Ende 2012 ist er freier Journalist mit dem Schwerpunkt Start-ups, interessiert sich aber auch für E-Reading und Open Source.