Ambitionierte Sehschule Caterna scheitert am Markt

Schade, dass sich nützliche, gute und hilfreiche Anwendungen nicht immer durchsetzen: Das Dresdener Start-up Caterna (www.caterna.de) schließt die Pforten. “Mit großem Bedauern müssen wir Ihnen mitteilen, dass die Caterna GmbH ihren Geschäftsbetrieb einstellen […]
Ambitionierte Sehschule Caterna scheitert am Markt
Montag, 16. Juli 2012VonAlexander Hüsing

caterna

Schade, dass sich nützliche, gute und hilfreiche Anwendungen nicht immer durchsetzen: Das Dresdener Start-up Caterna (www.caterna.de) schließt die Pforten. “Mit großem Bedauern müssen wir Ihnen mitteilen, dass die Caterna GmbH ihren Geschäftsbetrieb einstellen wird. Die wirtschaftliche Entwicklung zwingt uns zu einer solchen Entscheidung. Trotz intensiver Bemühungen in den letzten Monaten ist es uns nicht gelungen, ein tragfähiges Modell für die Fortführung des Unternehmens zu entwickeln”, schreibt Gründer Sascha Seewald. Das Start-up aus dem Umfeld der der TU Dresden bot ein spielerisches Therapieverfahren für Amblyopie, eine neurologische Sehstörung, an.

Gesunde Menschen können mit dem Begriff „Amblyopie“ meist nicht viel anfangen. Dabei verbirgt sich eine neurologische Sehstörung dahinter, die Studien zufolge 3 bis 5 % der Bevölkerung betrifft. Die Therapieform ist noch dieselbe wie vor tausenden von Jahren: Das gut sehende Auge wird abgeklebt, damit das schlecht sehende Auge gefordert wird. Caterna hingegen setzte auf Onlinespiele erzielte damit beachtliche Erfolge. Dank Casual Games erreichen betroffene Kinder innerhalb kürzester Zeit bis zu 80 % ihrer Sehleistung, berichtete Geschäftsführer Seewald im April dieses Jahres. Allerdings: Gewöhnliche Flashgames taugten nicht, da Betroffene die grafischen Elemente und den Mauscursor meist nicht erkennen konnten. Caterna entwickelte deswegen spezielle Spiele: große Figuren, extra buntes Design, riesiger Cursor. Zusätzlich erwarb das Unternehmen Lizenzen für schon bestehende Spiele und passte sie entsprechend an.

Nun ist Caterna, das vom High-Tech Gründerfonds (HTGF) und dem Technologiegründerfonds Sachsen (TGFS) finanziell unterstützt wurde, schon wieder am Ende. “Wir bedauern diese Situation vor allem wegen der betroffenen Kinder, denen wir unser Verfahren zukünftig nicht mehr zur Verfügung stellen können. Wir wissen, dass der herkömmliche Weg der Amblyopie-Behandlung schwierig und vor allem langwierig für die betroffenen Patienten und Kinder sein kann. Hier konnte unser Verfahren neben dem therapeutischen Effekt und den schnellen Erfolgen auch mit spielerischer Motivation und Durchhaltevermögen zur erfolgreichen Behandlung beitragen. Die positiven Rückmeldungen und Erfolgsberichte von Eltern, Orthoptistinnen und Augenärzte waren uns ein ständiger Antrieb”. Die Caterna-Crew strebt nun ein “geordnetes Insolvenzverfahren” an. “Bis in den kommenden Wochen eine Entscheidung über die weiteren Schritte gefallen ist, wird die Caterna Sehschule für unsere bestehenden Kunden weiterhin bereitgestellt.”

Schade: In Deutschland finden sich Investoren für unzählige Klone, unzählige E-Commerce-Plattformen und unzählige Mini-Apps, ohne großen Mehrwert. Ein Start-up mit einem echten Mehrwert (auch wenn das Modell mit hohen Kosten verbunden war), der Menschen sogar nachweislich das Leben erleichtert, muss dagegen untergehen. Dabei gibt es auch in diesem Fall den gewünschten Vorreiter in den USA: Mit RevitalVision (www.revitalvision.com) ist bereits seit Jahren ein Anbieter unterwegs, der ebenfalls Übungen für verschiedene Arten von Sehstörungen anbietet – allerdings für Erwachsene. Caterna war auf Kinder ausgerichtet.

Im Fokus: Infos über Start-ups, die es nicht mehr gibt, finden Sie in unserem Special Offline

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Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.