Gründer! „Wir sind am Anfang sehr belächelt worden“ – Max Wittrock von mymuesli

Max Wittrock (Foto links) hat das morgendliche Frühstücks-Prozedere ein bisschen schöner gemacht. Bis 2007 waren es höchstens Freaks, die Dinge wie Espressobohnen, Gojibeeren oder Hanfnüsse ins Müsli mischten – als Mitbringsel von der […]
Gründer! „Wir sind am Anfang sehr belächelt worden“ – Max Wittrock von mymuesli
Mittwoch, 7. Dezember 2011VonYvonne Ortmann

Max Wittrock (Foto links) hat das morgendliche Frühstücks-Prozedere ein bisschen schöner gemacht. Bis 2007 waren es höchstens Freaks, die Dinge wie Espressobohnen, Gojibeeren oder Hanfnüsse ins Müsli mischten – als Mitbringsel von der letzten Reise. Heute stellt sich jeder Müsli-Liebhaber mit wenigen Klicks seine Traummischung selbst zusammen. Gemeinsam mit zwei Freunden hat Wittrock den Müsli-Konfigurator mymuesli (www.mymuesli.de) gegründet. Hätte er den Schritt nicht gewagt, würde er heute vermutlich über Bierzelt-Kundgebungen berichten. Der fröhliche Müsli-Mischer ist seiner Heimat Bayern immer treu geblieben: Aufgewachsen als Kind der „Generation Speckgürtel“ in einem Münchner Vorort, später das Jurastudium in Passau, wo auch mymuesli heute ansässig ist.

Warum nicht Berlin, Hamburg oder zumindest München? „Passau war die sinnvollste Ortswahl“, erklärt Wittrock. „Meine beiden Mitgründer kommen aus Baden-Württemberg und aus Norddeutschland, wir alle sind ziemlich heimatverbunden – da haben wir uns einfach für unseren Studienort entschieden.“ Am provinzielleren Passau liebt Wittrock vor allem die schnelle und persönliche Zusammenarbeit mit den Behörden: „Wenn wir bei der Lebensmittelüberwachung anrufen, werden wir gefragt wie es unseren Haferflocken so geht, und dann schaut einfach schnel jemand vorbei.“ Der zweite Vorteil sei, dass nicht massenhaft Unternehmen rings herum sitzen, die Kooperationen und Partnerschaften eingehen wollen. Wittrocks größtes Problem ist der viele Input durch Anfragen zu Geschäftsbeziehungen, Kooperationen, Praktika, Infos für Schülerreferate.

Der Start: ein schlechter Müsli-Radiospot

Der 29-Jährige ist bei mymuesli für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Als Jurist kümmert er sich auch um viele rechtliche Aspekte. Einen juristischen Weg wollte er trotz des Studiums nie einschlagen, der ursprüngliche Plan lautete “Journalist”. Lokaljournalist wohlgemerkt. Was für viele angehende Schreiberlinge ein Horrorszenario ist, findet Wittrock reizvoll: „Es ist toll, über Lokalthemen wie eine Bierzelt-Kundgebung oder den Bauern mit dem größten Kuheuter zu schreiben. Ich finde Lokaljournalismus interessant und vielseitig.“ Neben seinem Studium absolvierte Wittrock eine Ausbildung als Stipendiat am Institut für Journalistenausbildung der Universität Passau und arbeitete fürs Uniradio, die Neue Passauer Zeitung und schließlich für das Bayrische Fernsehen. Dort hätte ihn seine Familie gerne auch weiterhin gesehen. Aber als Wittrock und zwei studentische Freunde im Auto einen schlecht gemachten Müsli-Radiospot hörten, war die Idee für ihr Start-up geboren.

mymuesli_kaffee

Selten ist eine Startup-Idee so gehyped worden wie die von mymuesli. Wittrock glaubt aber nicht, dass es an seinen PR-Fähigkeiten liegt – seine Pressemitteilungen seien wohl genauso weggeschmissen worden wie viele anderen auch. Es waren die Blogs, die mymuesli groß gemacht haben. Mit ihrem Blog über Konsumgüterästhetik hatten Wittrock und Mitgründer Hubertus Bessau bereits Kontakte in die Blogosphäre. “Hinzu kam, dass in den Suchmaschinen noch niemand auf Begriffe wie ‘Haferflocken’ hin optimiert hatte – das war sehr günstig für uns.” Auch für das Glück, finanziell unabhängig gewesen zu sein, ist er dankbar: Wittrock selbst studierte mit einem Stipendiat, seine Mitgründer konnten auf ein bereits erfolgreiches Start-up – eine Automatenvideothek – zurückgreifen. „Da wir alle schuldenfrei waren, konnten wir uns ganz auf mymuesli konzentrieren. Eine sehr privilegierte Position.“

“Die Hardcore-Kritik hat uns damals getroffen”

Es gibt vieles, was den Müslimischer freut, oft waren es die kleinen Dinge: So wie der Moment, als zum ersten Mal die Frau eines bekannten Schauspielers bei mymuesli bestellte und auf die Packung einen niedlichen Kosenamen drucken ließ. Oder der Augenblick, als sie bei einem TV-Promikochduell hinten im Schrank eine mymuesli-Packung entdeckten. „Wir sind am Anfang sehr belächelt worden für unsere Idee. Deshalb ist es schön, den Gegenbeweis anzutreten – die Hardcore-Kritik am Anfang hat uns damals schon sehr getroffen. Unsere Energie ziehen wir aber nicht daraus, es unseren Kritikern ‘gezeigt’ zu haben.“

Im Fokus: Weitere Porträts über Netzmenschen gibt es in unserem Special Gründer-Porträts

Hausbesuch bei mymuesli

Beim Mass Customization-Vorreiter mymuesli reicht ein Hausbesuch allein nicht. Im Sommer 2010 gab es deswegen vier Hausbesuche auf einen Streich: Zuerst schaute deutsche-startups.de im stylischen mymuesli-Laden in der Passauer Altstadt vorbei, dann warfen wir einen Blick in die weitläufigen Büros des jungen Unternehmens und anschließend schnupperten wir in der Produktion und im Lager herum. Alle Eindrücke unserers Ausflugs nach Passau gibt es in unserer Fotogalerie.

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Yvonne Ortmann

Seit Mai 2009 schreibt Yvonne für deutsche-startups.de Gründerportraits, Start-up-Geschichten und mehr – ihre besondere Begeisterung gilt Geschäftsideen mit gesellschaftlich-sozialer Relevanz. Sie tummelt sich auch im Ausland – immer auf der Suche nach spannenden Gründerpersönlichkeiten und Geschäftsideen.