Von Modeschmuck zu echten Klunkern: Die Evolution der Schmuckdesigner

Kinder lieben es, aus Plastikperlen, Muscheln und anderen Materialien Ketten zu basteln. Seit geraumer Zeit werden auch Erwachsene zu Schmuck-Designern: Das Thema Mass Customization hat längst auch diesen Lebensbereich erobert. Nun zeichnen sich […]
Von Modeschmuck zu echten Klunkern: Die Evolution der Schmuckdesigner
Montag, 10. Januar 2011VonYvonne Ortmann

Kinder lieben es, aus Plastikperlen, Muscheln und anderen Materialien Ketten zu basteln. Seit geraumer Zeit werden auch Erwachsene zu Schmuck-Designern: Das Thema Mass Customization hat längst auch diesen Lebensbereich erobert. Nun zeichnen sich erste Entwicklungen ab: Während anfangs der Modeaspekt und die unzähligen Möglichkeiten im Vordergrund standen, zeigen sich neuere Anbieter reduzierter – und luxuriöser. Die Materialien werden echter, exquisiter, teurer: Aus einem Style-Produkt ist ein Must-Have für stilbewusste Damen geworden, die Wert auf Individualität und Hochwertigkeit legen. Glas, Holz und Muscheln sind out – echte Diamanten sind in! Spätestens seit Renesim.com, dem jüngsten und luxuriösten Schmuckdesigner, nimmt Frau gerne in Kauf, dass sie nicht mehr unendliche Konfigurationsmöglichkeiten hat. Neben das klassische “Selber bauen” ist somit das Konfigurieren von vorgefertigten Edel-Schmuckstücken getreten. Hier die Geschichte einer Schmuckdesigner-Evolution.

Bereits Anfang 2008 öffnete die Schmuckfabrik Pearlfection (www.pearlfection.de) Tor und Tür. Zielgruppe: “Personen, die Spaß am kreativen Design und individuellem Modeschmuck haben”, so die Gründer Hendrik Ernst, Roland Hesse und Alexander Försch. Ein bisschen sieht man der Seite den frühen Start an. Romantische Rosé- und Bordeauxtöne statt frisch-frechem Design dominieren die Plattform. Das Start-up punktet mit einem breiten Sortiment aus über 400 unterschiedlichen Perlen, Anhängern, Verschlüssen und Fäden, mit denen Hobbydesigner ihre Kreationen fertigen lassen können. Über einen angeschlossenen Marktplatz können Nutzer ihre individuellen Stücke sogar verkaufen. Auch preislich ist Pearlfection breit gefächert und liefert Schmuckstücke ab ca. drei Euro – nach oben hin ist alles offen. Die Versandkosten von 3,90 Euro sind fair und Rücksendungen grundsätzlich kostenlos. Seit einiger Zeit bietet das Schmuckdesigner-Urgestein auch modische Charms und Beads an, also Anhängerchen und andere Elemente für Armketten und -bänder. Auch Namensketten und Gravuren gehören zum Repertoire. Im vergangenen Jahr konnte das Münchner Team die Ecommerce Alliance als Investor gewinnen und trumpfte kurz darauf mit einem eigenen TV-Werbespot auf, in dem die Schauspielerin Lara Joy Körner als Testimonial auftaucht.

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Der Schmuck-Konfigurator Julie & Grace (www.julie-grace.de) erblickte fast zeitgleich mit Pearlfection die Online-Welt. Das Konzept von Markus Bosse und Simon-Peter Nötzel entspricht ursprünglich dem des Vorreiters: Nutzer gestalten Schmuckstücke – für sich selbst oder für den Verkauf im Shop. Seit einem knappen Jahr haben die Hamburger ihre Strategie geändert und den Konfigurator eingestellt. Aus der Selbstbau-Plattform ist “ein vollständig vertikal integrierter Schmuckanbieter mit eigener Produktion in Asien” geworden. Nur bei den Namensketten können Nutzer noch ansatzweise konfigurieren. Dafür hat die Plattform jetzt Onlineshop-Qualitäten: Die zahlreichen Produkte sind in Kategorien wie Farbe, Materialien und Stil übersichtlich sortiert. Auch viele echte Steine gehören zum Sortiment. Insgesamt ist das Unternehmen aber eher im Niedrigpreissektor unterwegs, es gibt kaum Artikel über 100 Euro. Dem entsprechen die geringen Versandkosten von 3,90 Euro. In puncto Trends ist Julie & Grace auf den Zug “Charms und Beads” aufgesprungen.

Ende 2009 hat mit Rockberries (www.rockberries.com) ein weiterer Schmuckdesigner das Feld betreten – und neue Maßstäbe gesetzt. Zwar gestalten Nutzer auch hier eigene Schmuckstücke. Zur Auswahl stehen aber nur echte Edelsteine. Dementsprechend bewegen sich viele Produkte im dreistelligen Euro-Bereich, manches auch darunter oder darüber. Darüber hinaus beschränkt sich Rockberries auf die Schmuckkategorien Ketten, Armbänder und Ohrringe. Die Shopqualitäten überzeugen: Kunden können in verschiedenen Kategorien nach passenden Schmuckstücken aus der hauseigenen Kollektion oder aus Kundenkreationen suchen. Das Alleinstellungsmerkmal ist ein verspielter Test, bei dem Männer den “Typ Frau” ihrer Freundin, Ehefrau oder Mutter ermitteln und gezielte Vorschläge für das passende Kleinod erhalten. Trotz der Hochwertigkeit des Produktes setzt Rockberries in puncto Design mehr auf Modernität als auf klassische Eleganz: Die Startseite zeigt ein burger-essendes, mit Schmuck behangenes Model. Seit Ende 2010 flimmert das Münchner Start-up nun mit einem eigenen TV-Spot über deutsche Bildschirme. Mit Rockberries haben Regina Wildhofer und Andrej Henkler eine schicke Plattform auf die Beine gestellt – nur die Versandkosten sind mit 7,90 Euro vergleichsweise teuer.

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Seit Sommer 2010 bereichert mit Renesim.com (www.renesim.com) ein Schmuckdesigner die Szene, der trotz mangelnder Konfigurationsmöglichkeiten in der vordersten Liga mitspielt. Der Luxusjuwelier vertreibt hochwertige Schmuckkreationen und arbeitet dabei nur mit echten Edelsteinen und -metallen. Nutzer können ihren Schmuck jedoch nicht frei gestalten sondern lediglich die hauseignen Designerstücke im Stil des “New European Art Déco” konfigurieren, d. h. die Art des Edelmetalls und der einzelnen Edelsteine auswählen. Auf Anfrage erstellt das Münchner Unternehmen auch spezielle Einzelkreationen. Renesim.com fährt eine klare Linie, die sich auch in der Gestaltung der Webseite wiederfindet. Das Design ist auf das Wesentliche reduziert und in edle Brauntöne gehalten. So edel wie die Gesamtausrichtung sind auch die Preise, die bei circa 700 Euro beginnen, sich aber vorwiegend in vierstelligen Preiskategorien aufhalten. Bei Exklusivkollektionen kommen noch ein bis zwei Nullen hinzu (vor dem Komma!). Als einziger Anbieter richtet sich Renesim.com auch speziell an Männer und führt Manschettenknöpfe, die es mit jedem Schmuckstück aufnehmen können. Auch in puncto Service ist das Unternehmen Vorreiter und liefert ein ausführliches Schmucklexikon sowie kostenlosen Versand und Rückversand. Maximilian Hemmerle, der das Geschäft mit Georg Schmidt-Sailer leitet, steht in einer langen Familientradition: Schon der französische Großvater René Sim Lacaze hat edle Schmuckstücke entworfen und stand mit seinem Namen Pate für Renesim.com.

Schmuckdesigner entwachsen dem Niedrigpreissektor

Die Entwicklung zeigt auf: Wer heute Wert auf individuellen Schmuck legt, muss weder Einzelteile sammeln noch sich Bausätze zuschicken lassen. Das Online-Angebot ist vielseitig und wächst stetig. Schmuckdesigner sind ein Mass Customization-Produkt, das längst nicht mehr nur den Niedrigpreissektor bedient. Auch dort, wo es hochwertig und teuer zugeht, gehört Selberkonfigurieren zum guten Ton. Spannend bleibt, ob beide Herangehensweisen – Modeschmuck basteln und Luxusschmuck konfigurieren – in Zukunft Hand in Hand gehen oder ob der neue Hochwertigkeits-Trend bisherige Modeschmuckdesigner verdrängt.

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* Rockberries liefert Schmuckstücke
* Julie & Grace produziert Schmuck
* Ecommerce Alliance investiert in Schmuckshop Pearlfection

Yvonne Ortmann

Seit Mai 2009 schreibt Yvonne für deutsche-startups.de Gründerportraits, Start-up-Geschichten und mehr – ihre besondere Begeisterung gilt Geschäftsideen mit gesellschaftlich-sozialer Relevanz. Sie tummelt sich auch im Ausland – immer auf der Suche nach spannenden Gründerpersönlichkeiten und Geschäftsideen.