Cloud Computing: 7 Versprechen und was sie Wert sind – Gastbeitrag von Thomas Metschke

Cloud Computing ist in aller Munde, ob durch Analysten wie Gartner, IDC und Co. beschworen oder durch die Marketingabteilungen großer IT-Firmen beworben – alles ist “Cloud” und alles ist besser als es je […]

Cloud Computing ist in aller Munde, ob durch Analysten wie Gartner, IDC und Co. beschworen oder durch die Marketingabteilungen großer IT-Firmen beworben – alles ist “Cloud” und alles ist besser als es je war. Betrieben werden Cluster nur noch ganz lean auf Cloud-Infrastruktur von Amazon, GoGrid oder Rackspace. Denn diese Infrastructure as a Service Angebote versprechen den Kunden eine enorme Flexibiltät und seamless Scaling. – Halt. Stopp. Genug Buzzwords!

Einmal ganz konkret gefragt: Was bedeutet Cloud Computing denn eigentlich, was verspricht es und welche dieser Versprechen hält es tatsächlich?

Das “Cloud Computing”-Konzept geht auf das Jahr 1961 zurück. John McCarthy prognostizierte in einer Rede zum hundertjährigen Bestehen des MIT, dass Rechenleistung und Applikationen in der Zukunft als “Utility” verkauft werden – sprich: wie Wasser und Strom als standardisiertes und verbrauchsabhängig abgerechnetes Massenprodukt. Heute, knapp 40 Jahre später, sind die dafür notwendigen Technologien – wie beispielsweise schnelle Datennetze und virtualisierte Hardware – endlich ausgereift. Langsam macht sich daher auch in Unternehmen ein neues Denken breit – IT wird Massenprodukt und ist keine strategische Unternehmenskomponente mehr!

Die Versprechen der Cloud, insbesondere des Bereiches Infrastructure as a Service (IaaS) mit dem wir uns im Folgenden befassen, sind vielfältig und nicht nur für Startups extrem attraktiv. Stellt sich nur die Frage: Welche davon kann Cloud Computing auch halten?

1. Ease of Use
Schon das erste Versprechen Ease of Use ist ein Euphemismus. Es ist in den letzten 5 Jahren natürlich viel einfacher geworden, Cloud Computing einzusetzen – von kinderleichtem Einstieg sind wir aber noch weit entfernt. Selbst wenn man bei Amazon sehr einfach virtuelle Server mit seiner Kreditkarte bestellen kann, ergibt das noch lange keine funktionierende IT-Infrastruktur. Die Maschinen sind mit dem gewünschten Abbild zwar innerhalb von Minuten da, das Setup und die Konfiguration der Maschinen bleibt jedoch so wie früher – mühsam.

Gerade bei der Konfiguration von mehreren “kurzlebigen” virtuellen Servern liegt der Teufel im Detail. Die eigene Anwendung und das System müssen damit umgehen können, dass neue Maschinen hinzufügt und wieder entfernt werden. Im Regelfall kann man sich zum Beispiel nicht darauf verlassen, dass unter einer bestimmten IP-Adresse der eigene Webserver zu erreichen ist. So müssen alle Instanzen des Clusters immer wissen, welche Server dazu gehören, wo sie zu erreichen sind und was ihre Aufgabe ist, um sich selbst entsprechend zu verhalten. Dies benötigt ein tiefgehendes Verständnis der Infrastruktur des jeweiligen Anbieters und einiges an Arbeit.

2. Scalability
Jedes Startup, das schon einmal in den Genuss eines Spiegel Online Artikels oder vergleichbarer Großereignisse gekommen ist, weiß, ob die eigene Anwendung skaliert. Egal ob unvorhergesehen oder geplant, ein schnelles Wachstum ist mit dem klassischen Hoster nicht machbar. Die notwendige Menge an Hardware ist so schnell nicht verfügbar. Cloud Computing kann das bis zu einem gewissen Grad leisten. Es gibt diverse Beispiele in denen Nutzer von IaaS Lösungen extrem schnell mehrere 100 bis 1.000 neue Server in ihre Systemlandschaft einbinden konnten.

Der hinsichtlich der Scalability durch Cloud Computing jedoch noch wichtigere – und mit einem klassischen Hoster noch viel weniger vorstellbare – Aspekt ist die Rückgabe der Server nach den Lastspitzen. Solange die Anwendungen also nicht die Kapazitäten von Anbietern wie Amazon sprengen – ist Scalability ein durch Cloud Computing klar erfülltes Versprechen.

3. Reliability
Die Reliability, auf deutsch Ausfallsicherheit, der virtuellen Server in der Cloud ist per se nicht schlechter als die von Servern vom Businesshoster der Wahl. Der entscheidende Vorteil entsteht aber dann, sobald mal etwas kaputt geht. Der defekte Server wird einfach in die Cloud zurückgegeben und ein neuer fährt hoch. Kein Warten auf den berühmt-berüchtigten Turnschuh-Admin mehr, der nur während der Supportzeiten durch die Gänge läuft, auf einen Reset-Knopf drückt oder eine Festplatte austauscht und danach die Rechnung schickt. Das ist nicht mehr das eigene Problem. Dank der weltweit verteilten Rechenzentren der Anbieter kann dann eigentlich wirklich nichts mehr passieren.

4. Pay As You Go
Ein Startup sollte mit möglichst wenig Investitionen auskommen – Stichwort lean Startup. Der Wegfall von Investitionskosten durch die Nutzung von Cloud Computing gegenüber dem Kauf von Servern liegt auf der Hand, aber auch gegenüber Mietservern klassischer Hoster ergibt sich ein Vorteil durch den Wegfall einer Mindestvertragslaufzeit. Denn selbst, wenn man nur wenige Euro im Monat bezahlt, ist man doch im Regelfall 12 oder gar mehr Monate gebunden. Eine denkbare Alternative der Cloud: man könnte einen kleinen virtuellen Server hochfahren, per Stunde bezahlen und die Geschäftsidee einfach ausprobieren. Sobald der Server nicht mehr benötigt wird, gibt man ihn zurück und beendet das Vertragsverhältnis ohne weitere Bindungszeiten. Obwohl es keiner Investitionskosten bedarf, um einen Server in der Cloud zu betreiben, ist dieses Versprechen bislang nur zum Teil erfüllt. Denn sobald eine komplexere Infrastruktur in der Cloud laufen soll, gilt es, in deren Planung, genau wie in die klassischer Infrastrukturen, zu investieren.

5. Kostenreduktion
Eine Kostenreduktion durch einen einzelnen kleinen Server in der Cloud ist derzeit nicht unmittelbar zu erwarten. Trotz ständig fallender Preise der IaaS Anbieter liegen in Deutschland – anders als in Amerika – fast alle Billighoster unter den Preisen von Amazon und Co. Bei den eigenen IT-Kosten sollte man allerdings die TCO (Total Cost of Ownership), also die Gesamtkosten des Betriebs, betrachten. Beschaffung, Konfiguration und Administration sind in der Cloud deutlich einfacher und im Gegensatz zum klassischen Hoster automatisierbar. Setzt man eine Cloud Management Lösung wie zum Beispiel Scalarium ein, lassen sich wesentlich geringere TCO realisieren, denn Aufgaben wie Wiederherstellung, Server Management und Deployment sind vollständig automatisiert.

Auch ohne die Betrachtung der TCO lassen sich, zum Beispiel bei Lastschwankungen, sehr schnell Einsparungen in der Cloud erreichen. Sobald Entwicklungsserver bzw. ein Stagingsystem hinzukommen die nicht die ganze Zeit online seinen müssen, kann sich die Nutzung der Cloud lohnen. Generell kann man sagen, dass ein Kostenvorteil durch Cloud Computing umso wahrscheinlicher wird, je mehr Hardware benötigt wird. Viele Unternehmen könnten ihre IT Kosten auf diesem Weg locker halbieren. Ob man sich von Anfang an für das Hosting in der Cloud entscheidet, ist eher eine in die Zukunft gerichtete Frage. Möchte man jetzt 30-50 Euro im Monat sparen und hat dafür eventuell einen Jahresvertrag an der Backe, oder glaubt man das Potential der eigenen Idee und geht gleich in die Cloud?

6. Speed of Deployment
Die Konzentration auf das eigene Produkt und nicht auf Randprobleme wie Hosting, Skalierbarkeit, Wartung und Backups sind sehr verlockend und können den entscheidenden Geschwindigkeitsvorteil bei der Entwicklung gegenüber dem Mitbewerber bedeuten. Cloud Computing kümmert sich, je nach Anbieter, dabei von Hause aus um einen Teil der genannten Dinge. Zum Beispiel ist die Pflege umfassender Backups in der Cloud in der Regel einfach und sicher. Wenn ein Startup also bestehende Lösungen für bekannte immer wiederkehrende Herausforderungen mit der Cloud löst, kann es damit einiges an Entwicklungszeit sparen. Dafür muss man sich allerdings eingestehen können, dass – solange man nicht den Umfang und die Komplexibilität von Facebook erreicht – das eigene Produkt technisch meistens keine ungewöhnlich anspruchsvolle oder außergewöhnlich spezielle Lösung erfordert. Denn umfangreiche Anpassungen und die Realisierung einer Individuallösung würde die gewonnen Ressourcen sofort wieder binden und damit die erhofften Vorteile vernichten.

7. Security
Die Daten sind bei einem Anbieter sicherer als im eigenen Keller. Wer etwas anderes glaubt, überschätzt sich maßlos. Amazon zum Beispiel hat nicht nur das SAS70 Type II Audit erfolgreich bestanden, sondern erfüllt auch alle amerikanischen Standards, um Anwendungen, welche mit persönlichen medizinischen Daten arbeiten, zu hosten. Bisher sind auch noch keine Fälle bekannt, in denen es gelungen ist, aus einem virtuellen Server Amazons auszubrechen, um so auf eine fremde Maschine zu gelangen. Die Sorge sollte daher nicht der generellen Sicherheit in der Cloud, sondern den konkreten eigenen Maßnahmen bei der Anwendungsentwicklung gelten.

Fazit
Cloud Computing wird einem nicht geschenkt. Es Bedarf einer Auseinandersetzung mit der Technologie und einige Ressourcen, um mit einer umfangreicheren Infrastruktur den Schritt in die Cloud zu wagen. Ist dieser Schritt aber getan, kann man die Früchte der Arbeit ernten. Insbesondere die bessere Skalierbarkeit und die höhere Flexibilität liegen auf der Hand. Die Senkung der Betriebs- und Investitionskosten sowie die Konzentration aufs Kerngeschäft sind als Vorteile ebenfalls nicht zu unterschätzen. Die meisten Versprechen hält Cloud Computing dementsprechend, bei einigen Dingen sollte man sich aber der Grenzen bewusst sein. Startups sollten auf jeden Fall einen Blick auf diese Technologie werfen, sich aber nicht von den Marketingversprechen einiger Anbieter blenden lassen. Leider steckt hinter vielen Cloud-Angeboten einfach ein bestehendes konventionelles Angebot. Dinge, auf die man achten sollte, sind das pay-as-you-go Bezahlmodell, die Möglichkeit auf den Service mit einer API zuzugreifen um eine Automatisierung zu ermöglichen und die Vollständigkeit des Angebotsspektrums des Anbieters.

Zur Person
Thomas Metschke gründete mit vier Kommilitonen Ende 2005 das studentische Bewertungsportal MeinProf.de (www.meinprof.de). Seit dieser Zeit beschäftigt er sich mit den Themen Skalierbarkeit, Performance und Infrastructure as a Service. Dieses Wissen nutzt er inzwischen in der Peritor GmbH (www.peritor.com). Dort entwickelt er mit seinen Partnern an der Cloud Management Software Scalarium (www.scalarium.com) welche Unternehmen einfach ermöglicht auch komplexe Infrastrukturen in der Cloud zu erstellen, zu skalieren und zu verwalten sowie Anwendungen in der Cloud mit einem Click zu deployen.

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.