Mobiles Internet: Warum neue Geschäftsmodelle und Vermarktungsansätze nötig sind

Dieses Jahr ist es endlich soweit. Da ist sich die auf Mobilmarketing spezialisierte Beraterin Heike Scholz hundertprozentig sicher: „2010 wird das Jahr des mobilen Internets“, schreibt sie in ihrem Weblog Mobile-Zeitgeist.de. Und dürfte […]
Mobiles Internet: Warum neue Geschäftsmodelle und Vermarktungsansätze nötig sind
Montag, 1. Februar 2010VonStephan Meixner

Dieses Jahr ist es endlich soweit. Da ist sich die auf Mobilmarketing spezialisierte Beraterin Heike Scholz hundertprozentig sicher: „2010 wird das Jahr des mobilen Internets“, schreibt sie in ihrem Weblog Mobile-Zeitgeist.de. Und dürfte mit dieser These doch im im ersten Moment nur die wenigsten überraschen. Denn mit dem Durchbruch von mobilen Internet-Services rechnen Branchen-Experten bereits seit Jahren. Eine Massenanwendung aber ist das Mobile Web auch heute nicht. Noch nicht. Denn in diesem Jahr könnte sich das in der Tat ändern.

In den vergangenen Jahren gab es immer mehr Argumente, die aus Konsumentensicht eher gegen als für eine mobile Internetnutzung sprachen. Das verdeutlicht beispielhaft eine Umfrage vom Hamburger Marktforschungsinstitut Fittkau & Maass, die im August 2009 unter deutschen Internetnutzern durchgeführt wurde. Damals besaß zwar bereits knapp jeder zweite der Befragten ein Mobiltelefon mit Internet-Zugang. Im Internet surfte damit aber nur jeder vierte der Befragten. Die Gründe für dieses Verweigerungsverhalten: Die mobile Internetnutzung war vielen Konsumenten schlichtweg zu teuer (71 % der Befragten) oder zu unkomfortabel (44 %).

Die Markttreiber: Günstige Flatrates und schicke Endgeräte

Ein halbes Jahr später wirken solche Aussagen fast schon ein wenig antiquiert. Denn gerade was Kosten für mobile Datenverbindungen betrifft, hat sich im Mobilmarkt inzwischen doch so einiges getan. Bei einzelnen Anbietern wie o2 jedenfalls kosten Daten-Flatrates für mobiles Internet gerade einmal noch einen unteren zweistelligen Euro-Betrag im Monat. Keine Ausnahme, wie der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) ermittelt hat: Laut einer Studie des BVDW aus dem vergangenen Dezember sind Monats-Flatrates für die mobile Internetnutzung im Jahresverlauf 2009 um bis zu 24 % im Preis gesunken. „Wie beim stationären Internet wird auch die mobile Internet-Flatrate immer mehr zum Standard“, freut sich stellvertretend Marc Schmöger, Arbeitskreisleiter Mobile Solutions im BVDW.

Neben den günstigeren Preisen für die Internetnutzung treiben auch Smartphones den Markt für mobile Web-Anwendungen voran. Im Fahrwasser von Apple und seinem Kult-Handy iPhone veröffentlichen Handy-Hersteller inzwischen Monat für Monat neue Devices, auf denen mobiles Internet dank schicker Touchscreens erstmals Spaß macht. Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) rechnet daher damit, dass in diesem Jahr allein Verbraucher hierzulande knapp sechs Millionen Smartphones kaufen werden. „Smartphones sind der große Trend“, weiß auch Präsidiumsmitglied René Schuster.

App-Economy: Bis zu vier Milliarden Jahresumsatz

Im Zuge der allgemeinen Smartphone-Euphorie ist bereist eine milliardenschwere App-Economy entstanden, die in dieser Form wohl selbst die kühnsten Mobil-Experten vor wenigen Jahren nicht für möglich gehalten hätten. Über 135.000 Apps stehen allein für Nutzer des iPhones im Apple AppStore zur Verfügung. Beim aktuellen bedeutendsten Konkurrenzsystem Android von Google sind es ebenfalls bereits über 20.000 Anwendungen. Und nach Einschätzung der Analysten vom US-Marktforschungsinstitut Gartner werden Handy-Nutzer allein in diesem Jahr über 2,5 Millionen Anwendungen weltweit auf ihre Smartphones laden und den Anbietern damit bis zu vier Milliarden US-Dollar an Einnahmen in die Kassen spülen.

Der Siegeszug der Smartphone-Apps verdeutlicht aber nicht nur, dass auf mobilen Endgeräten das – im klassischen Internet traditionell schwierige – Geschäft mit Paid Content brummt. Die boomende App Economy verdeutlicht auch stellvertretend, dass im Mobilmarkt völlig andere Regeln gelten als im stationären Internet. Denn während Apps immer stärker klassische Browser-Anwendungen von Handys und Smartphones verdrängen, kaum man eigentlich kaum noch von einer klassischen – wenn auch mobilen – Internetnutzung sprechen. Diesem neuen Nutzungsverhalten aber werden viele Anwendungen längst noch nicht gerecht, wie beispielhaft einige Shopping-Apps belegen.

M-Commerce: Funktionierende Geschäftsmodelle dringend gesucht

Laut der Studie „Geschäftsklima im E-Commerce 2009/2010“ von Technologie-Anbieter Pangora etwa gehen vier von fünf Shopbetreibern davon aus, dass M-Commerce für ihr Geschäft in den kommenden Jahren stark an Bedeutung gewinnen wird. Innovative Shopping-Konzepte für den Mobil-Kanal gibt es aber kaum. Vorzeige-Shops wie Amazon und eBay etwa begnügen sich bei ihren Apps damit, lediglich eine Rumpfversion vom klassischen Online-Shop anzubieten. Standortbezogene Informationen zum Beispiel – also der eigentliche Mehrwert des Mobil-Kanals – berücksichtigen bislang erst wenige Shopping-Apps. Auf den ersten Blick vielversprechender wirken da schon die Barcode-Scan-Preisvergleichsdienste von Anbietern wie Woabi (www.woabi.de) oder Location-based Services rund um Mobile Couponing, wie sie zum Beispiel die Kölner Rabattplattform Coupies (www.coupies.de) plant.

Auch im Markt für Mobile Advertising werden langfristig neue Vermarktungs- und Werbekonzepte entstehen. Denn bislang besteht Werbung auf mobilen Endgeräten in der Regel vor allem darin, entweder direkt in einzelnen Apps oder eben auf mobilen Websites klassische Banner-Werbung zu platzieren. Unabhängige Branchen-Experten aber prognostizieren solcher Werbung 1.0 auf Smartphones nicht die besten Zukunftsperspektiven. Bislang allerdings ist der Leidensdruck für die Werbe-Industrie noch nicht groß genug, um über innovative mobile Werbe-Formate nachzudenken.

Mobile Advertising: Plus von über 50 % im Werbemarkt

Laut dem Mobile Advertising Circle (MAC) im BVDW beispielsweise ist die Zahl von klassischen Werbekampagnen auf mobilen Endgeräten allein im ersten Halbjahr 2009 um über 50 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen. Demnach wurden allein von Januar bis Juni 2009 etwa 360 Mobile-Kampagnen geschaltet. „Wir gehen davon aus, dass sich dieser Trend in den nächsten Quartalen fortsetzen wird“, meint Sven Elstermann. Projektleiter Mobile Spendings im MAC.

Chart_Zahl der Mobil-Kampagnen_Quelle BVDW

Am Medium Mobile begeistern Werbetreibende zur Zeit vor allem die überdurchschnittlich hohen Klickraten. So zeigen Case-Studie von einzelnen Vermarktern, dass hier Werte von bis zu 5 % üblich sind. Zum Vergleich: Im klassischen Online-Werbemarkt liegt die Klickrate heute im Schnitt bei etwa 0,10 % , wie AdServer-Dienstleister Adtech ermittelt hat.

Auf lange Sicht dürften sich nach Einschätzung von Mobil-Beratern aber auch auf mobilen Geräten ähnlich niedrige Klickraten entwickeln wie im stationären Internet. Branchen-Insider begründen diese These damit, dass sich Nutzer irgendwann an Mobile Advertising gewöhnen und nicht mehr so voreilig wie heute auf die Werbeformate klicken werden. Spätestens wenn sich diese Prognose bewahrheitet, sind auch mobil neue Vermarktungskonzepte und Werbeformate nötig. Wer daher schon heute über innovative Monetarisierungsmodelle nachdenkt, dürfte dann wohl im Vorteil sein.

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