Gründerinnen. “Als Frau sticht man immer etwas hervor” – Claudia Helming von DaWanda

Die deutsche Online-Gründerszene ist ein Männerverein. Auf Kongressen, Tagungen und sonstigen Branchenhöhepunkten sind Frauen die große Ausnahme. Aber es gibt sie! Jeden Mittwoch stellt deutsche-startups.de in der Reihe “Gründerinnen” eine interessante, wichtige oder […]
Gründerinnen. “Als Frau sticht man immer etwas hervor” – Claudia Helming von DaWanda
Mittwoch, 16. Dezember 2009VonYvonne Ortmann

Die deutsche Online-Gründerszene ist ein Männerverein. Auf Kongressen, Tagungen und sonstigen Branchenhöhepunkten sind Frauen die große Ausnahme. Aber es gibt sie! Jeden Mittwoch stellt deutsche-startups.de in der Reihe “Gründerinnen” eine interessante, wichtige oder erfolgreiche Web-Unternehmerin vor.

“Die meisten Frauen gründen in einem Bereich, in dem sie sich zu Hause fühlen”, ist Claudia Helming fest überzeugt. Bei ihr selbst war es jedenfalls so: Die 35-Jährige hat gemeinsam mit Michael Pütz DaWanda (www.dawanda.de), den “Marktplatz für Einzigartiges”, ins Leben gerufen. Zwar kennt sie sich selbst nicht mit den ganzen selbstgebastelten Dingen aus, die dort angeboten werden, sondern bezeichnet sich diesbezüglich eher als “untalentiert”. Aber dass so etwas benötigt wird, davon kann sie ein Lied singen. Denn womit sie sich nur allzu gut auskennt ist die meist erfolglose Suche nach kreativen Weihnachtsgeschenken: “Ich wollte Dinge finden, die es nicht in der Fußgängerzone gibt – aussichtslos.” Ihr Schlüsselerlebnis hatte sie, als sie beruflich ein Jahr in Moskau war. Dort arbeitete sie vor DaWanda für das soziale Netzwerk passado, das mittlerweile wasabi heißt, und auch damals war Pütz schon ihr Mitstreiter. Bei ihrer verzweifelten Suche nach originellen Weihnachtsgeschenken stieß Helming schließlich auf die amerikanische Plattform Etsy (www.etsy.com) und wusste: Das wäre etwas für sie.

DaWanda ist bereits das dritte Start-up, an dem Helming mitwirkt. Nach ihrem Studium der Romanistik und Touristik arbeitete sie für die Reiseplattform lastminute.com (www.lastminute.com), bevor passado/wasabi und schließlich DaWanda folgten. DaWanda ein Marktplatz, auf dem Künstler und Kreative ihre selbstgemachten Sachen günstig anbieten. Dies hilft zum einen denen, die wie Helming auf der Suche nach etwas “Besonderem” sind, und bietet andererseits den Künstlern ein Schaufenster für ihre Werke. “Es sollte auf keinen Fall ein anonymer Marktplatz wie eBay sein. DaWanda ist ein Zwischending zwischen Onlinemarktplatz und Community.” Die meisten Verkäufer seien sehr kommunikativ, sie tauschen sich in den Foren aus und unterstützen sich gegenseitig. “Selbst außerhalb der Plattform treffen sich viele Mitglieder, wir selbst organisieren ebenfalls Treffen”, erklärt Helming. Der Erlös erfolgt ähnlich wie bei anderen Marktplätzen: Es gibt eine Einstellgebühr zwischen 10 und 30 Cents und von jedem erfolgreichen Deal erhält das Unternehmen fünf Prozent Provision. Daneben können Verkäufer einen “Logenplatz” im Produktkatalog mieten. Die Plattform für liebevoll, manchmal nostalgisch gestaltete Dinge kommt an: DaWanda hat 350.000 Mitglieder, pro Monat kommen aktuell etwa 20.000 neue hinzu. In dieser Größenordnung gibt es kaum Mitbewerber, ein ähnliches Konzept verfolgen aber vondir (www.vondir.de) und die Schweizer Plattform guzuu (www.guzuu.com) – wenn auch deutlich kleiner.

Dass kreative, selbstgemachte Geschenke oftmals “typisch Frau” sind, zeigt die Mitgliederstatistik: Rund 90 % der Kundschaft ist weiblich. Auch im “inneren Betrieb” gibt es deutlich mehr Frauen als Männer – “Aber nicht ausschließlich!” Dies hänge damit zusammen, dass DaWanda kein “typisches” Online-Start-up sei, da es ist wenig technikbasiert ist. Denn Technik sei immer noch eine Sache, die viele Frauen abschrecke, da es keine Brisanz in ihrem Leben habe. “Frauen machen sich auch selbständig, aber eben in anderen Bereichen. Sie wollen sich mit dem Produkt, das sie verkaufen, identifizieren.” Hinzu komme, dass Mädchen im Gegensatz zu Jungen immer noch wenig zu Wettbewerbsdenken erzogen würden, statt dessen ginge es in der Erziehung stark um Dinge wie Harmonie und Freundlichkeit. Helming selbst hat in jungen Jahren eine große Affinität zum Internet und der Internetbranche entwickelt, ist dadurch überhaupt erst auf die Idee gekommen, solch ein Start-up zu gründen. Schlechte Erfahrungen hat sie keine gemacht, im Gegenteil: “Als Frau sticht man in dieser Männerbranche immer ein bisschen hervor, bekommt viel mehr Aufmerksamkeit.”

Zur Person
Bevor Claudia Helming zusammen mit Michael Pütz DaWanda ins Leben rief, arbeitete sie als Business Development Director für die Schulfreund-Community passado und als Head of Operations für die Reiseplattform lastminute.com. Geboren ist die 35-Jährige in Burghausen.

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Yvonne Ortmann

Seit Mai 2009 schreibt Yvonne für deutsche-startups.de Gründerportraits, Start-up-Geschichten und mehr – ihre besondere Begeisterung gilt Geschäftsideen mit gesellschaftlich-sozialer Relevanz. Sie tummelt sich auch im Ausland – immer auf der Suche nach spannenden Gründerpersönlichkeiten und Geschäftsideen.