Social Networks im Visier der Mediaplanung

Social Networks sind in aller Munde, sie haben sich längst in der Mediennutzung der User etabliert. Doch eine durchschlagende Social-Media-Strategie gibt es in der Mediaplanung noch nicht. Wie kann sich eine Marke in […]
Social Networks im Visier der Mediaplanung
Dienstag, 8. Dezember 2009VonJens von Rauchhaupt

Social Networks sind in aller Munde, sie haben sich längst in der Mediennutzung der User etabliert. Doch eine durchschlagende Social-Media-Strategie gibt es in der Mediaplanung noch nicht.

Wie kann sich eine Marke in den Social Networks einbringen und ihre Zielgruppe glaubwürdig von den Vorzügen ihrer Produkte und Dienstleistungen überzeugen? Höchste Zeit, Antworten darauf zu finden. Ob Video-Sharing-Portale oder Social Networks, beide Phänomene gibt es nicht erst seit gestern und die Nutzerzahlen steigen noch immer rasant. Eine gute Situationsbeschreibung gibt Susanne Rieker von der Agentur Initiative Media. „Das explosive Wachstum von Social Networks wie Facebook oder Xing, der Erfolg der Microblogging-Plattform Twitter, die zunehmende Vernetzung von überall und rund um die Uhr, die Veränderung im Konsumentenverhalten hinsichtlich Medienkonsum – eigentlich kann man hier nicht mehr von einem Trend sprechen, sondern von einem grundsätzlichen Paradigmenwechsel.“ Diese Ansicht spiegelte sich auch in der jüngsten FOMA-Umfrage vom Oktober wider: Demnach hat das Thema Social Media für die Agenturen die höchste Relevanz und überraschenderweise auch das größte Potenzial (siehe Grafik 1).

Größere Version gefällig? Auf die Grafik klicken (Grafik: Adzine).

Kurz dahinter landete übrigens das mobile Internet. Und genau dieser Bereich wird in naher Zukunft auch auf die sozialen Netzwerke gehörig Einfluss nehmen. Neue Kommunikationsapplikationen wie etwa Kyte.tv, aber natürlich auch Google Wave klopfen schon an die Türen der Communitys und werden sehr bald mit ihren Realtime-Optionen für eine noch höhere Nutzung der Social Networks sorgen (siehe Grafik 2). Die Mobilfunk Carrier haben dies seit Twitter erkannt und richten ihre Smartphones konsequent auf das „Share and Enjoy“-Prinzip aus, indem das mobile Endgerät als ein zentraler Einstiegspunkt für die Social Networks dienen soll.

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Größere Version gefällig? Auf die Grafik klicken (Grafik: Adzine).

Doch des einen Lust ist in diesem Fall auch des anderen Frust. Social Networks sind kaum mit herkömmlichen Online-Werbeträgern vergleichbar. Am Ende verbergen sich die Zielgruppen in immer kleineren Interessengemeinschaften. Hier gelten andere Regeln, andere Gesetze, wie uns Alisa Yasui, Online-Media-Direktorin bei pilot 1/0, bestätigt. „Communitys sind sehr private Umfelder, wo die Werbung weitaus kritischer gesehen wird als in den klassischen Werbeumfeldern. Daher braucht man besonders involvierende Konzepte, um zur Zielgruppe durchdringen zu können. Das ist die Herausforderung, vor der wir stehen.“

Anreize geben

Die Berliner Mediaagentur Adtegy verzichtet daher bei den Social Networks weitgehend auf die klassische Buchung von Werbeplätzen nach TKP: „In der klassischen Mediaplanung haben Social Networks für uns eine geringe Relevanz. Wir nutzen diese höchstens zur Verlängerung der Zielgruppenansprache durch Mediaeinkauf auf Performancebasis. Wichtiger jedoch ist es, die Zielgruppe in den sozialen Netzen mit der Marke oder dem Produkt des Kunden durch Gruppenerstellung und -moderation interagieren zu lassen“, erklärt Sebastian Donat, Geschäftsführer der Agentur Adtegy. „Edelprofile, Brand Profiles, Gruppen bzw. Brand Pages sind natürlich die Basis, auf der man als Werbungtreibender in den Social Networks kommuniziert.“ bestätigt Yasui. Solche markengetriebenen Profile sollten dann zumeist medial und mit irgendeiner Aktion wie beispielsweise einem Gewinnspiel unterstützt werden. „Für den User muss es immer einen Anreiz geben, denn die wenigsten besuchen eine Brand Page in einer Community, weil sie die Marke so toll finden“, sagt Yasui.

Hoher Aufwand rechnet sich noch nicht

Für Donat sind die Möglichkeiten zur Interaktion und Markenbindung eine Stärke der sozialen Netze. „Zudem wird das Unternehmen und deren Mitarbeiter – nicht nur die Produkte – für die Zielgruppe gefühlt greifbarer“, sagt Donat. Doch die Pflege einer Brand Site samt Moderation und Betreuung ist für die Beteiligten eine arbeitsintensive und organisatorisch heikle Aufgabe. Sind mehrere Agenturen und der Kunde selbst mit ihrer PR-Abteilung beteiligt, ist oftmals nicht entschieden, wer am Ende für das Projekt verantwortlich ist. „Es ist noch wirklich nicht festgelegt, wer das eigentlich macht. Genau das ist derzeit ein Diskussionsthema. Eigentlich ist eine optimale Zusammenarbeit von Media, Kreation, PR und dem Kunden nötig. Es ist aber immer noch unklar, wer eigentlich den Lead darauf hat, und ich denke, das wird noch eine Weile ungelöst bleiben. Da ist es natürlich gut, wenn die Agentur alle Bereiche abdecken kann. Bei pilot ist dies der Fall. Problematisch wird es bei Kunden, bei denen eine Agentur nur den Mediaeinkauf verantwortet. Dann kann es zu Abstimmungsproblemen mit der Kreativagentur kommen, die das Projekt als Microsite betrachtet und dabei vergisst, dass die Kampagne mit Medialeistung begleitet werden muss“, sagt Yasui. Dass eine begleitende Medialeistung in Form von Displaywerbung Sinn macht, bestätigt Donats Erfahrung bei Adtegy: „Für den initialen Gruppenaufbau, also der Bekanntheit des zusätzlichen Angebots, werden auch Display Ads in sozialen Netzen eingesetzt. Vergleichbar mit der klassischen Online Werbung, um auf ein Angebot auf der Kundenwebsite aufmerksam zu machen.“

Werbekunden wünschen sich oft Viralkampagnen

„Fast jeder unserer Kunden hat uns schon mal die Frage gestellt, wie er die Social Communities für die Kommunikation nutzen könnte“, berichtet Yasui. Viele Werbungtreibenden denken bei Social Communities und Videoportalen zunächst an virale Kampagnen. Verständlich, schließlich hat der Kunde oftmals einen TV-Spot bereits im Kasten. Da wäre doch eine Verlängerung in den Online- und Mobilkanal mit Chance auf virale Weitergabe ein praktischer Einsprungspunkt für den Kunden. „Da muss man immer wieder mit banalen Missverständnissen aufräumen und den Kunden erklären, dass man nicht einfach den TV-Spot in ein Videoportal hochladen kann, in der Hoffnung, dieser würde sich sofort verbreiten. Klassische TV-Spots haben in den seltensten Fällen virales Potenzial und können in den wenigsten Fällen aus sich heraus für eine virale Verbreitung sorgen. Die meisten Agenturen unterstützen dann eine Verbreitung, indem sie eine ‚Video des Tages‘-Buchung auf den Videoportalen vornehmen“, berichtet Yasui. Da es in den Communitys keine solche ‚Video des Tages‘-Platzierungen gibt, müssen sich die Agenturen etwas anderes einfallen lassen. „Dort würde man eher mit einer Aktion versuchen, virale Effekte zu erzielen. Doch muss man es hier es erst einmal schaffen, mit dem User in Kontakt zu treten, damit dieser den Spot oder andere Werbebotschaften auf seine Profilseite packt, um den Inhalt dann mit seinen Freunden teilen zu können. Das ist ja das eigentliche Problem: die Kontaktaufnahme mit dem Social Network User. Und eben dort gibt es noch kein allgemeingültiges Konzept“, meint Yasui.

Generell scheinen sich beim Thema Social Networks die Bereiche PR und Werbung stark anzunähern. „Es wird aber immer dann schwierig, wenn man glaubt, man könne die klassische Kommunikation in den Social Networks fortführen und eine Werbebotschaft in die Masse drücken. Man muss als Unternehmen unglaublich ehrlich zu sich und den Usern sein. Das ist für die meisten Kunden schon eine Hürde. Banale Botschaften wie aus dem TV helfen dort nicht weiter. Die Informationen müssen viel granularer ausgesteuert werden, es sind ja manchmal nur 20.000 oder gar nur 2.000 Menschen, die angesprochen werden können“, so Yasui. Bei pilot stehen die Social Networks zurzeit ganz oben auf der Agenda. Man trifft sich inzwischen regelmäßig, steckt die Köpfe zusammen und veranstaltet gemeinsam mit den Vermarktern der Social Networks Workshops, um eine Art Leitfaden für Kampagnen in den Social Networks zu entwickeln. Aber einen Masterplan fand man bei pilot noch nicht: „Am Ende kamen eher individuelle Konzepte dabei heraus. Im Kern funktioniert Werbung in den Social-Medien eher bei einem beliebten Produkt oder einer bekannten Marke. Bei eher generischen Produkten wird es schwierig, eine Mechanik zu finden, um daraus ein Gesprächsthema zu machen oder das Interesse der Community zu erhaschen. Ich glaube, dass nicht alle Marken gleichermaßen gut in Social Netzworks aufgehoben sind.“

Der Artikel erschien in ADZINE Print No. 5 / 2009.

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