Videoportale als Marketinginstrument – Gastbeitrag von Dr. Robert Biermann von VideoCounter.com, Teil 2

Im ersten Teil thematisierte Dr. Robert Biermann, wie junge Start-Ups eigene Werbebotschaften kosteneffizient und suchoptimiert auf Videoportalen verbreiten können. Im folgenden zweiten Teil beschäftigt sich der Experte damit, wie Start-ups von viralen Effekten […]

Im ersten Teil thematisierte Dr. Robert Biermann, wie junge Start-Ups eigene Werbebotschaften kosteneffizient und suchoptimiert auf Videoportalen verbreiten können. Im folgenden zweiten Teil beschäftigt sich der Experte damit, wie Start-ups von viralen Effekten im Internet profitieren können.

deutsche-startups.de bietet seinen Lesern innerhalb der dreiteiligen Serie erneut die Möglichkeit, unserem Experten Fragen zu stellen, die er abschließend in der vierten und damit letzten Woche beantworten wird. Wer Fragen an Dr. Biermann hat, kann diese in den Kommentaren hinterlassen oder eine E-Mail an Christina Cassala schreiben.

Von viralen Effekten profitieren

Die geringe Wettbewerbsintensität auf den Video-Sharing-Sites bietet mit der Distribution eigener Videoinhalte die Aussicht, von den auf interaktiven Plattformen typischen viralen Effekten zu profitieren.

Virale Effekte ergeben sich etwa auf Basis direkter Empfehlungen über E-Mails oder Einbettung Ihrer Videos auf Homepages oder Foren, auf denen sich Ihre Zielgruppe Ihres Start-Ups bewegt. Diese können Ihre Reichweite und Popularität über die Grenzen der Videoportale hinweg erhöhen und bieten damit Aussicht auf zusätzliche Kontakte. Worauf jedoch sollte ein Start-up achten, um virale Effekte rund um die eigenen Videos zu begünstigen?

Mehrwerte liefern

Noch einmal stellt sich die Frage nach den geeigneten Videoinhalten. Lässt sich verallgemeinern, dass dilettantisch abgespulte Videos mit instabilem Bild, schlechter Ausleuchtung und bei Redebeiträgen (zu) salopp gewählter Sprache keine gute Visitenkarte abgeben, sollten Start-ups im besonderen einen Mehrwert liefern, der sich deutlich über Werbebotschaften hinaus profiliert.

Beispiel: Die ausgesendete Information liefert einen Mehrwert für die anvisierte Zielgruppe durch Handlungsempfehlungen oder Kurzvorträge über Trends, Produkte oder branchenspezifische Themen. Ein Schulungsvideo beispielsweise empfiehlt sich dadurch, dass es über die dezente Werbebotschaft hinaus – etwa die Einblendung der URL des Vortragenden – den Betrachtern unentgeltlich nützliche wie qualifizierte Informationen zukommen lässt.

Selbst spezifische Produktvideos, etwa zu einem „Batteriegriff“ für Digitalkameras, kommen auf mehrere zehntausend Aufrufe: Der Mehrwert kann hier zum Beispiel darin bestehen, neben der Zurschaustellung des Produkts mitsamt URL, eine kommentierte Installations- und Bedienungsanleitung in Videoform mitzuliefern.

Virale Effekte ergeben sich so durch Einbettung informativer Videos auf thematisch nahen Webseiten, z. B. Foren. Dass das Pulverisieren eines Handys mit einem Mixer – erinnern Sie sich an den Produktnamen? – im beispielhaft viralen Video „Will it blend?” einige Millionen Aufrufe produzierte, muss für Ihr Start-Up dabei nicht zwingend nachahmenswert sein.

Die Zielgruppe im Auge behalten

Welche Botschaft Sie aussenden und welche Zielgruppe Ihr Start-up adressiert, ist nicht zuletzt eine strategische Frage. So kann ebenso die Darstellung Ihrer Geschäftsidee und den damit verbundenen Personen, gerade für ein Start-up äußerst zielführend sein, etwa in Form eines Videointerviews, das Kunden und Investoren über die eigene Sache umfassend aufgeklärt und überzeugt. „Klasse statt Masse“ kann hier zielführend sein: Virale Effekte können sich innerhalb einer von Ihnen gezielt adressierten – auch eingegrenzten – Zielgruppe ergeben, sei es ein Kompetenznetzwerk oder auch ein reichweitenstarkes Forum.

Den viralen Erfolg Ihrer Videos an möglichst hohen Aufrufzahlen zu bemessen, liefert daher nicht unbedingt die entscheidende Erfolgsgröße. Der Werbetreibende muss hier – wie bereits in Teil 1 gesehen – grundsätzlich entscheiden, was ihm wichtig ist: Über allgemeine Begriffe adressieren Sie mit Ihrem Start-up eher die breite Masse. Viele, darunter auch nicht-qualifizierte Kontakte könnten die Folge sein. Äußern Sie sich zu einem Spezialthema, können auch aus mehreren hundert Videoaufrufen zahlreiche Kontakte entstehen.

Entscheidend ist, dass Ihre Videos Tag für Tag, Monat für Monat zirkulieren und im Gegensatz zu üblichen Werbeformen für Sie ohne Folgekosten – selbstbewusst als virales Marketing wahrgenommen oder nicht – Empfehlungen und Kontakte generieren. Ohne das Werbebudget weiter zu tangieren, ist Ihr Video stets „on air“ und arbeitet Ihrem Start-up werbewirksam zu.

Distribution auf viele Videoportale

Um virale Effekte zu begünstigen, ist die Distribution auf viele unterschiedliche Videoportale empfehlenswert. Vor dem Hintergrund der generellen Kostenfreiheit für das Hochladen von Videos sollten gerade Start-ups hier nicht auf die Bremse treten: Das Onlinevideo ist die derzeit einzige Werbeform im Internet, wo sich ohne Budgetverzehr durch Mehrfachuploads auf viele Werbeträger klotzen lässt.

So zeigt die eigene Erfahrung, dass bestimmte Videoinhalte auf den einzelnen Videoportalen unterschiedlich gut ankommen: Ein TV-Interview zum Thema Google-Aktien kommt bei MyVideo auf über 50.000 Aufrufe, beim großen Video-Sharing-Pendant auf eher geringe Aufrufzahlen. Vor dem Hintergrund der Kostenfreiheit genügt es, zigfach “auf Sendung” zu sein. Die Frage, wo beziehungsweise auf welchen Videoportalen qualifizierte Kontakte generiert werden sollen, ist daher einfach zu beantworten: Auf möglichst vielen.

Hinweis: Die Präsenz auf zahlreichen Videoportalen belastet aufgrund der anstehenden Mehrfachuploads den Zeithaushalt. Start-Ups haben neben geringen Werbebudgets in der Regel auch keine Zeit: Um auch hier zu sparen, empfiehlt sich der kostenlose Online-Dienst VideoCounter.com, der Videos mit einem Klick auf zahlreiche Portale distribuiert.

Verlassen Sie sich also nicht auf ein einziges Videoportal: Mit einer Distribution Ihrer Filme auf gleich mehrere Plattformen maximiert Ihr Start-Up die Anzahl potenzieller Kontakte. Die gesteigerte Reichweite erhöht die Aussicht auf virale Effekte in Form weiterer Nutzerempfehlungen und -aktivitäten.

(M)RSS-Feeds

Ihre Onlinevideos können über (M)RSS-Feeds einem wachsenden Publikum zur Verfügung gestellt werden. Diese Feeds werden bereits durch die Videoportale selbst in Form eines „Dynamischen Lesezeichens“ zur Verfügung gestellt, etwa für Ihren Kanal bei YouTube.com. Videoinhalte werden dadurch schnell erreichbar und sorgen so für wiederkehrende Besucher. Außerdem werden derartige Feeds von (Video-)Suchmaschinen gelesen und begünstigen so die Auffindbarkeit Ihrer Videos für die entsprechenden von Ihnen verwendeten Keywords.

Feeds werden geteilt, gesucht, empfohlen und spielen für Ihr Start-Up mit Blick auf virale Effekte also durchaus eine wichtige Rolle. Zudem wäre Ihr Start-up auch in weiteren (RSS-)Suchmaschinen gelistet, die mitunter Hunderttausende von Feeds indexieren. Dass dort längst nicht mehr nur nach dem Tagesschau-Videopodcast gesucht wird, ist offenkundig.

In diesem Zusammenhang lohnt zudem eine Sichtung des durch Google akquirierten Services „FeedBurner“.

Assoziierte Videos

Noch innerhalb der Videoportale werden Ihre eigenen Videos bei anderen, themenverwandten Videos im seitlich zu findenden Navigationsbereich inklusive Vorschaubild in einer Liste “Ähnliche Videos” verlinkt. Da Videoportal-Nutzer laut zahlreicher Statistiken in der Regel sehr häufig die Möglichkeit nutzen, “Ähnliche Videos” mit einem Klick anzusteuern, können Sie so von der Popularität anderer profitieren und bleiben innerhalb sämtlicher themenverwandter Videos auch von anderen stets im Blickfeld. Interesse weckende Titel sowie attraktive Vorschaubilder begünstigen hier die Chancen, auch angeklickt zu werden.

Die tragende Idee der Videoportale, das sog. Video-Sharing, zeigt sich technisch u.a. in dieser Vernetzung der Videos untereinander und trägt Ihnen damit von selbst qualifizierte Betrachter zu.

Wie das eigene Start-Up im richtigen Umfeld erscheint

Ob man will oder nicht, in der Liste der „related videos“ tauchen eigene Videos vollautomatisch auf, also ohne gesonderte Zustimmung sowie nach Maßgabe u. a. der formulierten Begleittexte und Popularität. Die Beeinflussbarkeit mit Blick auf Häufigkeit und Ort der Einblendung – sprich: bei welchem Video wie oft? – ist zwar gering. Nichtsdestotrotz: Ist eine assoziierte Einblendung bei einem nicht-eigenen, bereits populären Video wünschenswert, empfiehlt es sich, dessen Begleittexte zu imitieren, also etwa Tags und Keywords aus dessen Titel auch für das eigene Video zu übernehmen. So hat Ihr Start-up gute Chancen, an der Seite eines Wettbewerber-Videos zu erscheinen.

Zwar droht hier der direkte Vergleich mit Wettbewerbern, die auch im Gegenzug an der Seite eigener Videos eingeblendet werden. Diese Erfahrung jedoch ist keine Besonderheit: Auch bei Google ist der nächste Anbieter nur einen Klick entfernt. Eine Konzentration auf die bereits angesprochenen Mehrwerte bei den Videoinhalten ist hier nicht nur den Betrachtern dienlich.

Direkte Empfehlung

Auf sämtlichen Videoportalen haben Nutzer die Möglichkeit, Links zu einem Video direkt per E-Mail an Interessierte weiterzuleiten. Allein durch die Präsenz auf den Videoportalen ist Ihr Video ein Kandidat für direkte, zielgruppenspezifische Empfehlungen. Über diesen Austausch entstehen potenzielle Kontakte, die Sie nicht eigenhändig akquirieren müssen.

Videos einbetten

Virale Effekte für Ihr Start-up begünstigen die ebenfalls der Video-Sharing-Idee verpflichteten Einbettungscodes: Alle Videoportale bieten die Möglichkeit, hochgeladene Videos durch einen Codeabschnitt auch auf anderen Webseiten – unter Angabe der Videoquelle – abzuspielen.

Während die Videoportale weiterhin das Hosting übernehmen, kann der Webmaster eines mitgliederstarken Forums oder einer besucherreichen Themenseite das von Ihnen hochgeladene Video direkt auf der Website einbinden. Aufrufe, die hier erfolgen, werden ebenfalls durch die Videoportale gezählt.

Diese gezielte Weiterverwendung von Videoinhalten erfolgt vor allem dann, wenn Ihr Video hochrelevant für Thema und Inhalt der betreffenden Webseite ist: Sie rücken mit Ihrem Start-up damit der Zielgruppe auf zielführenden Webseiten sehr nah, ohne dass sich diese – etwa durch Recherche – auf den Weg zu Ihnen machen müsste.

Durch die Präsenz Ihrer Videos in zahlreichen Videoportalen sind Sie zugleich ein möglicher Inhaltslieferant für einen Dritten, der über das entsprechende, zielgruppennahe Publikum verfügt. Die gezielte Ansprache von Blog-, Foren- und Websitebetreibern kann virale Effekte beschleunigen.

Videos in Social Communities

Social Communities gehören, allein bezogen auf Ihre Reichweite, zu den erfolgreichsten Internetangeboten weltweit. Wer hier bereits aktiv ist, hat die Chance, zusätzliche Aufmerksamkeit für seine Onlinefilme zu generieren. So erfahren Abonnenten, Freunde und Partner über die Statusberichte in Ihrem Profil – oder das Ihres Start-ups – über neu eingestellte Videos. Sämtliche Videoportale bieten unterhalb der Videos entsprechende Mitteilungsfunktionen an.

Wie viel Aufmerksamkeit Ihre „Start-up-Videos“ erfahren werden, hängt dabei ganz stark von Ihrem vorherigen Engagement ab. Oder aber, ein anderes aktives Community-Mitglied verlinkt Ihren Film und macht es damit seiner Freundesliste und Gruppen zugänglich. Hier kann es zu weiteren viralen Effekten kommen, die die Aufrufzahlen Ihrer Videos stark erhöhen können.

Vor dem Hintergrund der Kostenfreiheit lässt sich durchaus verschwenderisch mit dem Werbemedium „Onlinevideo“ umgehen. Um diesen Vorteil nicht wieder aufzuwiegen, sollte zusätzliche Energie durch eine etwa speziell auf Social Communities zugeschnittene Ansprache nicht investiert werden.

Allein die hier zu erwartende Maximierung der Aufrufzahlen verhilft – sozusagen rückwirkend – zu besseren Rankings in den Videoportalen, auf denen gezielt nach Videos gesucht wird.

Zur Person:
Dr. Robert Biermann studierte Wirtschaftswissenschaften, promovierte über Wettbewerbsstrategien und übernahm in den Bereichen Strategische Planung und Marketing verantwortliche Positionen in verschiedenen Unternehmen. Heute ist er Vorstand der Webeffekt AG, die 1997 gegründet wurde.

Christina Cassala

Christina Cassala, Redakteurin bei deutsche-startups.de, war schon zu ihren besten Uni- Zeiten in den 90er Jahren journalistisch tätig. Gleich nach dem Volontariat arbeitete sie bei einem Branchenfachverlag in Hamburg, ehe sie 2007 zu deutsche-startups.de stieß und seither die Entwicklungen der Start-up Szene in Deutschland mit großer Neugierde beobachtet.